Müde und gestresst – so wirkt in der Regel eine Person, die 50 bis 60 Stunden pro Woche arbeitet und gerne auch einmal um 5 Uhr damit beginnt. Die Ausnahme, die diese Regel bestätigt, ist Thomas Wüst, Chef und Gründer des IT-Consulting-Unternehmens
Ti&m (früher: Technology Innovation). Sitzt einem der 47-Jährige gegenüber, wirkt er frisch und munter und keinesfalls erschöpft. Er gibt aber zu: «Langeweile kommt bei einem solch intensiven Arbeitsalltag nicht auf.» Und das ist auch gut. Denn Langeweile verträgt der passionierte Surfer nicht. Was er hingegen braucht, sind Kreativität und Flexibilität. Dies zeigt sich auch an den Anlässen, die Wüst regelmässig organisiert. So lädt er Kunden und Partner zum Beispiel jeweils im Sommer zu «Shake the Lake», wo sich die Teilnehmer im Wakeboarden, Wasserskifahren oder Segeln versuchen können. Und im Rahmen von «Art@Work» stellt er seine Büroräumlichkeiten jeweils einem aufstrebenden Schweizer Künstler als Galerie zur Verfügung.
Kein Lebensplan
Dass Wüst einmal ein hart arbeitender Ingenieur werden würde, hat in seiner Kindheit und Jugend niemand vermutet – am allerwenigsten er selbst. Dabei wurde ihm das Ingenieurswesen durch seinen Vater – «einen detailverliebten Erfinder und Tüftler» – eigentlich bereits mit in die Wiege gelegt. Wüst aber war als Jugendlicher etwas ziellos. «Ich konnte mir vieles vorstellen, hatte aber keinen Lebens- und vor allem keinen Karriereplan. Ich war schon immer eher von Interessen als von Zielorientierung getrieben», erinnert er sich.
Die Entscheidung für einen Studiengang nach dem Abschluss der Kantonsschule fiel Wüst entsprechend schwer. «Ich bin zwischen ‹schönen Künsten› wie Literatur und Naturwissenschaften geschwankt», erinnert sich der 47-Jährige. Wieso er sich schliesslich für IT entschieden hat, kann er selber nicht richtig erklären: «Ich hatte ursprünglich wohl die Idee, dass man in der Informatik Maschinen bauen kann, die Sprache transportieren – das wäre meinen beiden Interessen gerecht geworden.»
Seine wahre Begeisterung für IT entdeckte Wüst aber erst später. «Ich hatte viele Studentenjobs und habe zum Beispiel zusammen mit einem Kollegen einen Industrieroboter eines Hochregallagers zum Laufen gebracht. Vor uns war eine grosse Firma an diesem Vorhaben gescheitert. Als der Roboter schliesslich lief, hat uns der Abteilungsleiter umarmt und fast geweint. Mit dieser Interaktion mit den Menschen und der konkreten Anwendung des Gelernten habe ich den Spass an der IT entdeckt.»
Spass an Problemen
Nach dem Studium stand erneut eine Entscheidung an: Wüst war auf der Suche nach einem ersten Arbeitgeber, wobei es ihm nicht an Jobangeboten mangelte. «Zu dieser Zeit war man als Informatiker begehrt, und wenn man sich bei einem Unternehmen beworben hatte, wurde man zum Essen eingeladen. Das war gut, denn ich war nach dem Studium pleite», erklärt er schmunzelnd.
Schliesslich wählte er ein Finanzinstitut: «Eine Bank mit grosser Technologievielfalt ist als erste Arbeitsstelle lehrreich und spannend, allerdings sind Sicherheit, Standardisierung, Geschäftsabläufe und Prozess-Compliance wichtiger als innovative Technologien, das musste ich als Ingenieur zuerst lernen.» Zudem habe ihm als noch leicht flegelhaften Ex-Studenten zu Beginn das strenge Hierarchieverständnis zu schaffen gemacht. Denn: «Mir sind Hierarchien nicht wichtig. Für mich zählt, wer was kann.»
Nach einem längeren Auftrag bei einer Versicherung landete Wüst 1997 schliesslich im Consulting. «Consulting-Firmen sind wissens- und menschenorientiert und müssen flexibel sein. Das macht mir Spass. Ich brauche Abwechslung und löse gerne Probleme», erzählt der Familienvater begeistert. 2005 wagte Wüst schliesslich den Schritt in die Selbständigkeit und gründete das Unternehmen Technology Innovation, das heute
Ti&m heisst und in das er seine ganze Energie steckt.
Ideen als Energielieferant
Seine Batterien lädt Wüst mit neuen Ideen auf, wie er verrät: «Wenn ich gute Ideen habe, dann bin ich Feuer und Flamme und vergesse allen Ärger und Frust. Das gibt mir neue Energie.» Angst davor, dass ihm einmal die Ideen ausgehen könnten, hat er keine. «Ich habe eher zu viele. Mein Umfeld hilft mir dann jeweils, die umsetz- und brauchbaren Ideen auszusortieren.» Dass dieses Vorhaben nicht immer ganz einfach ist, gibt Wüst unumwunden zu: «Ich bin stur. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann bin ich nur schwer davon abzubringen. Wenn ich eine gute Idee habe und niemand sie cool findet, dann nervt das.» Aber er weiss auch, dass er Menschen um sich herum braucht, die ihn hinterfragen, herausfordern und inspirieren. Denn nur so kann er sich ganz seinen Leidenschaften – der Kreativität und der Lösung von Problemen – widmen.
(abr)