Mainstream ist ihm ein Graus. Die Rede ist von Ivo «FiFi» Frei, Chef von Skipp Communications. «Ich wollte bereits im Kindergarten alles etwas anders machen und bin dort manchmal schon angeeckt. So musste ich zum Beispiel einmal mit der Feuerwehrleiter vom Kindergartendach heruntergeholt werden», erinnert sich der heute 37-Jährige. Zudem halte er noch heute den Schulhausrekord, musste er doch in der Primarschule ganze 33 Mal vor die Türe – in einem Semester.
Auch bei seiner KV-Lehre bei der Graubündner Kantonalbank (GKB) folgte er nicht dem üblichen Weg: Anfangs des zweiten Lehrjahrs kam er in die Abteilung Electronic Banking und blieb dort, anstatt – wie eigentlich üblich – im Turnus in weitere Bankenabteilungen reinzuschauen. «Als ich zum Electronic Banking kam, fehlte gerade eine Person im Support, und ich übernahm diese Aufgabe. Dort hat es mir sehr gefallen», so Frei. Dies realisierten auch die Verantwortlichen der GKB und gaben dem Lehrling bereits vor Ende seiner Lehrzeit einen festen Arbeitsvertrag. «Ich musste einfach zuhause noch den Stoff der Bankausbildung nachholen», erinnert er sich. Doch damit noch nicht genug: Frei durfte schliesslich auch die erste Webseite für die GKB programmieren. «Dabei hatte ich eigentlich kein fundiertes Wissen übers Programmieren. Das war reines Learning by Doing.» Mit knapp 18 Jahren wurde Frei dann nach dem Lehrabschluss als Projektleiter für Internet Banking angestellt. «Damals verantwortete ich ein Budget von 6,5 Millionen Franken – eine Wahnsinns-Summe und unglaublich viel Verantwortung für jemanden in meinem Alter.»
Der eigene Chef sein
Nach Abschluss des Projekts kam Frei ins Grübeln: «Ich kam mir in Chur etwas vor wie der letzte Mohikaner. Meine Kollegen waren alle entweder im Ausland oder in Zürich am Paradeplatz. Ich fühlte mich, als hätte ich den Anschluss verpasst.» Zudem merkte er zunehmend, dass er auch in der Bank nicht schnell genug vorwärts kam. «Ich habe nicht immer verstanden, wieso der Chef so viel mehr Geld verdient, wenn doch ich seine Arbeit erledigte.» Zudem waren es ihm noch zu viele Hierarchiestufen, die es bis zum obersten Chefposten zu erklimmen waren.
Mit der finanziellen Hilfe zweier Bekannten gründete Frei daher 2000 den Internet Provider Deep. «Dabei hatte ich von Tuten und Blasen und solchen Sachen wie AHV oder EO keine Ahnung», blickt Frei schmunzelnd zurück. Doch dies sei vielleicht gerade sein Glück gewesen: «Ich bin unbeschwert an das Ganze herangegangen und wusste gar nicht, was mich erwartet.» Nachdem er in all den erfolgreichen Jahren mit Deep immer wieder Kaufinteressenten abgewiesen hatte, entschied er sich Anfang 2011, das Unternehmen an Telecom Liechtenstein (TLI) zu verkaufen. Zuvor allerdings musste TLI einem Katalog mit diversen Soft-Skills-Anforderungen zustimmen. «Ich wollte etwa, dass die Lehrlinge, die im August ihre Lehre bei uns anfangen sollten, diese in Chur absolvieren und auch beenden konnten», erklärt Frei. Er selbst verpflichtet sich für zwei Jahre als CEO für den Schweizer Markt. Doch danach zog es ihn fort: «Ich wollte Innovation, kam aber nicht weiter. Ich finde Erfüllung, wenn ich selbst die Richtung bestimmen und schnell entscheiden kann. Ich bin kein guter Teamplayer, wenn ich durch ein System gehen muss, das keinen Sinn macht.»
Der Teufel steckt im Detail
Nach einer Pause von sechs Wochen – ursprünglich war eine Auszeit von einem Jahr geplant – konnte Frei nicht mehr still sitzen und nahm das Projekt Skipp Communications in Angriff. Dabei handelt es sich um eine Full-Service-Agentur, welche die gesamte Off- und Online-Kommunikation sowie das Hosting übernimmt und heute zehn Personen beschäftigt. «Das reicht vorerst. Denn mit dieser Unternehmensgrösse kann ich noch aktiv mitarbeiten und bin nicht nur der Verwalter. Zudem bin ich sehr qualitätsorientiert, und das geht nur bis zu einer gewissen Grösse.» Zudem geniesst es Frei, dass er nun wieder alleine entscheiden kann: «Ich bin ein extremer Teamplayer, wenn ich die Führung habe. Wenn ich links gehen will und nicht kann, dann kann es mühsam werden. Ich bin Alleinaktionär, so muss ich bei Entscheidungen mit niemandem diskutieren, trage aber auch die alleinige Verantwortung.» Dabei ist er sich durchaus bewusst, dass er als Chef nicht immer die einfachste Person ist. «Ich beschreibe das gerne mit Zuckerbrot und Peitsche. Wenn ich etwas gut finde, dann bin ich schon lobend, aber wenn ich etwas nicht gut finde, dann sage ich das auch.» Es sei ihm sehr wichtig, dass seine Vorstellungen umgesetzt werden. Im Gegenzug arbeite aber auch seine Crew nach diesem System, er vertrage auch Kritik. «Wenn ich die Ecken eckig haben will, dann will ich sie nicht abgerundet», schmunzelt Frei. «Ja, ich bin pingelig und sehr detailversessen. Ich sage immer: Details sind keine Details. Und ich lasse nicht gerne los.» Das hat dann etwa dazu geführt, dass er beim Umbau der Skipp-Büroräumlichkeiten die Bauleitung weitgehend selbst machte. «Ich habe genaue Vorstellungen, abseits der Norm. So wollte ich etwa, dass man keine Kabel sieht und dass die Steckdosen nur acht Zentimeter über dem Boden angebracht werden.»
Liebe zur Heimat
In seiner Freizeit findet man Frei viel in den Bergen – vor allem im Winter. Doch auch das Wasser zieht ihn magisch an. So besitzt er ein Boot auf der italienischen Seite des Lago Maggiore. «Auf dem Boot kann ich Energie tanken», so Frei. Eine weitere Leidenschaft sind Rennstrecken, die er regelmässig mit seinem schwarzen Porsche GT3 besucht. Doch auch seiner Heimat ist Frei «als richtiger Khurer Buab» stark verbunden. Zusammen mit einem Kollegen hat er unter dem Namen Khur.ch ein Public-Viewing-Projekt für die WM 2014 auf die Beine gestellt – «in Chur läuft sonst immer so wenig». Auch bei diesem Projekt gab sich Frei wenig überraschend nicht mit dem Gängigen zufrieden: So musste es eine 5-mm-LED-Leinwand sein, die extra aus dem Ausland angeliefert wurde – und schliesslich erst zwei Wochen vor WM-Beginn ankam, weil sie noch am Zoll hängengeblieben war. Auch für die EM 2016 ist bereits wieder ein Grossprojekt geplant. Frei ist sich bewusst: «Ich suche mir oft den schwierigsten Weg aus und provoziere damit, dass bei mir Aufwand und Ertrag bei einem wirklich geilen Vorhaben nicht immer stimmen müssen.»
Ivo «FiFi» Frei
Ivo «FiFi» Frei ist in Chur aufgewachsen. Nach seiner Ausbildung zum Eidg. Dipl. Bankkaufmann wurde er mit 20 Jahren zum Handlungsbevollmächtigten und mit 22 Jahren zum Prokuristen der Graubündner Kantonalbank befördert. Anschliessend machte er sich mit Deep selbständig. Nach dem Verkauf an Telecom Liechtenstein nahm der heute 37-Jährige sein neuestes Projekt Skipp Communications in Angriff. Sein Spitzname «FiFi» stammt aus der Primarschulzeit. «Wir haben in der dritten Klasse das Buch ‹Fifi und seine Freunde› gelesen. Dabei habe ich die verschiedenen Personen des Buches den Schülern zugeordnet, und ich als kleinster wurde dann von einem Schüler als Fifi – ein Hündchen – bezeichnet.» Seither sei er diesen Namen nicht mehr losgeworden – «sogar meine Mutter nennt mich manchmal so».
(abr)