Dass man hierzulande – entgegen der vielverbreiteten Meinung – auch ohne Lehrabschluss oder Hochschulstudium äusserst erfolgreich sein kann, hat Alexis Caceda in den vergangenen 17 Jahren eindrücklich unter Beweis gestellt. Damit gerechnet hat der CEO und Mitgründer von Netstream allerdings selbst nicht unbedingt, wie er ehrlich zugibt. «Als ich mit 19 Jahren zusammen mit Reto Kasser und Dominik Breitenmoser Anfang 1998 Netstream gegründet habe, hätte ich nie gedacht, dass wir das Unternehmen so lange und erfolgreich führen werden», meint der 36-Jährige schmunzelnd. Sowieso sei Netstream wohl eher dem Zufall zu verdanken als das Ergebnis einer exakten, durchdachten Planung. «Die Selbständigkeit war nie ein so bewusster Entscheid, wie es jetzt vielleicht klingt.» Doch was aus Spass an der IT ins Leben gerufen wurde, hat sich mittlerweile zu einem erfolgreichen Internet Provider entwickelt. «Was als Hobby begonnen hat, wurde bald zu einem richtigen Beruf. Dank diesem Job kann ich meine Familie ernähren und mein Haus finanzieren. Ich bin abhängig davon, das Ganze wurde also von Spass zu Ernst», resümiert Caceda.
Mit dem Eigenheim, in welches Caceda mit seiner Frau und seinen zwei Kindern Anfang September eingezogen ist, hat er sich denn auch einer seiner grössten privaten Wünsche erfüllt. «2015 ist ein bewegtes Jahr für uns als Familie: Wir konnten ein Haus bauen und haben mit unserer Tochter, die nun rund vier Monate alt ist, Familienzuwachs erhalten.» So überrascht es wenig, dass Alexis Caceda momentan wunschlos glücklich ist – «auch wenn mehr Schlaf manchmal schön wäre.»
Auch die beiden Mitgründer von Netstream zählt Caceda zu seiner Familie. Seit der Gründung des Unternehmens sind sie operativ tätig und die Dreierkonstellation hat immer gehalten – was durchaus Seltenheitswert hat. «Klar hat es bei uns auch schon gekracht. Aber am Schluss wussten wir immer, was wir aneinander haben», so Caceda. «Und wir sind mittlerweile wirklich eng verbunden – nicht nur beruflich –, ist doch Reto der Götti meines 3,5-jährigen Sohnes und Dominik Götti meiner Tochter.» Diese freundschaftliche Verbundenheit ist sicher eines der Erfolgsrezepte von Netstream. «Zudem haben wir uns immer wieder neu erfunden, weiterbewegt und Tools zur Problemlösung entwickelt. Man nennt uns nicht umsonst Daniel Düsentrieb der Branche», freut sich Caceda, der sich selbst als direkt, ehrlich und spontan beschreibt.
IT als Faszination von klein auf
Fasziniert von der IT war Caceda, der die ersten sechs Jahre seines Lebens in Peru verbrachte, schon als Kind. «Ich konnte etwa ein Radio programmieren, ohne dass ich wusste, wie. Das war so, wie wenn heute ein Kleinkind ein iPad bedient, ohne dass man ihm etwas zeigen muss. Es kann es einfach. So war ich auch.» Zudem hatte er «einen sehr schwachen PC und sehr gute Games» und musste diese irgendwie zum Laufen bringen. Nach der Oberstufe hätte Caceda dann auch gerne eine Ausbildung im IT-Bereich absolviert, fand aber den Zugang nicht, weil die Informatik als Ausbildung dazumal noch nicht wirklich fassbar war.
«Ich habe mich schliesslich für verschiedene Lehrstellen beworben, etwa als Galvaniker oder als Elektriker, aber nichts hat mir wirklich zugesagt», erinnert sich der heute 36-Jährige. So besuchte er schliesslich die Handelsschule – die gleiche Ausbildung wie das KV, unterteilt in zwei Jahre Theorie und ein Jahr Praxis mit der LAP als Abschluss. «Für das Praxisjahr landete ich per Zufall bei Wings Software, einem Lehrmittelverlag für EDV, der zu diesem Zeitpunkt auch einer der Innovatoren im Bereich Internet Provider war. Dort habe ich alles gemacht, vom Softwareverkauf bis hin zum Support», so Caceda. Weil ihn sein Chef nach dem Praktikumsjahr aber bezüglich Weiterbeschäftigung Woche für Woche vertröstete, entschied er sich schliesslich, selbst etwas aufzubauen. Der erste Kundentermin fiel dabei allerdings genau auf die LAP. «Ich musste mich entscheiden, wo meine Prioritäten liegen und habe mich ganz klar fürs Geschäft entschieden», begründet Caceda seinen Entscheid, die LAP sausen zu lassen. Erstaunlich gelassen nahmen seine Eltern diese Entscheidung auf. «Sie haben wohl daran geglaubt, dass ich das Ganze schon irgendwie machen werde.» Weniger Freude hatten sie indes an den steigenden Telefonkosten, die aufgrund der Geschäftstätigkeit ihres Sohnes in ihrem Dachstock entstanden, meint Caceda schmunzelnd.
Erfahrungsschatz erweitern
Einen Ausgleich zur Arbeit hatte Caceda lange Zeit nicht, wie er selbst zugibt: «Heute ist es die Familie.» Und seit Netstream Haupt-
sponsor des FCZ ist, besucht er möglichst viele Spiele im Letzigrund. Vor rund zehn Jahren hat er sich zudem eine längere Auszeit gegönnt, flog nach Peru und bereiste das Land: «Ich wollte mehr sehen als Lima und habe Cusco und all die weiteren bekannten Orte besucht.» Allerdings wünscht sich Caceda, die Zeit auch für ein Praktikum in einem anderen Unternehmen genutzt zu haben. «Mir fehlte bis dahin die Erfahrung, wie andere Unternehmen gewisse Probleme lösen oder wie sie budgetieren. Das lernt man an der Handelsschule nicht.» Abgesehen von der Auszeit verspürte er nie den Drang, etwas anderes zu machen. «Schlussendlich ist es bei allen Unternehmen etwa gleich chaotisch und am Ende des Tages kochen alle nur mit Wasser.» Zu diesem Schluss kam Caceda auch aufgrund seines Engagements bei der GLP. «Es ist interessant zu sehen, wie ein politischer Verein organisiert ist. Viele Mechanismen sind ähnlich wie in der Wirtschaft und auch hier erfindet niemand das Rad jedes Mal neu. Ich bleibe der Partei auf jeden Fall verbunden.» Aktuell steht er für die kommenden Wahlen auf der Nationalrats- liste, allerdings nicht auf der GLP-Hauptliste, sondern auf der Unternehmensliste. Seine Erfolgschancen schätzt er dabei als gering ein – «ich mache auch nichts dafür. Zudem wäre ein Amt als Nationalrat mit Netstream und meiner Familie gar nicht realistisch.»
Alexis Caceda
Alexis Caceda wurde am 24. Januar 1979 in Peru geboren und lebte die ersten sechs Jahre seines Lebens im südamerikanischen Anden-Staat. Danach zügelte er mit seinen Eltern in die Schweiz. Nach der Oberstufe, die er in der Sekundarschule startete und in der Realschule beendete – «es hätte auch für einen Sek-Abschluss gereicht, aber ich war zu faul» –, gründete Caceda mit 19 Jahren zusammen mit zwei Freunden den Internet Provider Netstream, den er bis heute als CEO führt. Während seine Eltern in seiner Teenagerzeit wieder nach Peru zurückkehrten und nun nach der Geburt ihres ersten Enkels wieder in die Schweiz kamen – «eine sehr wertvolle Unterstützung» – kam für ihn eine Rückkehr nach Peru nie in Frage. «Ich habe mir hier alles aufgebaut. In Peru wäre es in vieler Hinsicht einfacher für mich, weil ich dort viel mehr Familie und ein grosses Beziehungsnetz habe. Ich hätte dort aber sicher nicht denselben Job wie hier, sondern würde etwas ganz anderes tun.» Caceda ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.
(abr)