IBM hat Anfang September seine Schweizer Business Partner nach Zürich zur neuen Veranstaltung Success Made With Partners geladen. Neben verschiedenen Vorträgen zu aktuellen IT-Trends wurde dabei die aktuelle Channel-Strategie des Unternehmens präsentiert. Viel Neues hatte Thomas Landolt, General Manager IBM Schweiz, diesbezüglich nicht zu verkünden. Im Gegenteil, er versprach den anwesenden Partnern mehr Kontinuität und, dass man den im vergangenen Jahr eingeschlagenen Weg weiter geht.
Im Zentrum stehen bei IBM nach wie vor die Themen Cloud, Analytics, Mobile, Social und Security – kurz CAMSS. Laut Landolt kann man aktuell insbesondere im Cloud-Geschäft erfreuliche Wachstumsraten ausweisen, doch auch in den anderen Bereichen sollen hierzulande in den vergangenen Monaten zusammen mit den Partnern einige zukunftsgerichtete Deals abgeschlossen worden sein. Investieren will man weiterhin stark, und zwar in alle Bereiche, also auch ins Hardware-Geschäft.
Diesen Ball nahm Olaf Scamperle, der als Vice President Global Business Partners DACH seit März diesen Jahres die Partnerorganisation von IBM in Deutschland, Österreich und der Schweiz leitet, gleich auf. Das Hardware-Geschäft sei für IBM nach wie vor strategisch wichtig, meinte er. Zudem bezeichnete er die erfolgte Trennung vom x86-Server-Geschäft als absolut richtigen Schritt und untermauerte dies mit einem angeblich zweistelligen Wachstum des Hardware-Geschäfts im ersten Halbjahr 2015.
Weiter kündigte Scamperle eine Vereinfachung der Partnerprogramme an und strich die Vorteile der im Februar vorgestellten, neuen One-Channel-Organisation hervor. Details dazu verriet er im Anschluss zusammen mit Karl Arnold und Marc Lenzin, den beiden Schweizer Channel-Verantwortlichen von IBM, in einem exklusiven Gespräch mit «Swiss IT Reseller».
Eine einheitliche Channel-Organisation …
Marc Lenzin arbeitet bereits seit mehr als 15 Jahren für IBM. Seit Sommer 2014 zeichnet er für den Schweizer Software-Channel verantwortlich, seit Juli diesen Jahres leitet er als One Channel Leader Schweiz zusätzlich die ganze hiesige Channel-Organisation. Sogar schon seit 25 Jahren bei IBM ist Karl Arnold, seit knapp drei Jahren führt er den Channel im Hardware-Bereich, in der Schweiz und in Österreich. In dieser Funk-
tion arbeitet er sehr eng mit Lenzin zusammen. «Wir bieten nicht nur Hardware und Software an, sondern vor allem gemeinsame Lösungen», führt Arnold aus. Dementsprechend trete man auch am Markt und bei den Partnern auf.
Denn im Markt wird laut Lenzin immer häufiger nach gebündelten Lösungen gefragt. Und Partner könne man heute sowieso nicht mehr so klar kategorisieren wie früher. Nicht zuletzt deshalb sei die One-Channel-Organisation ins Leben gerufen worden. Ein Mehrwert für Partner sei nur schon, dass es weniger Ansprechpartner gebe – und mit Lenzin und Arnold die wichtigsten die gleichen geblieben sind.
Scamperle zufolge kam die Reorganisation im Markt gut an. Das kann Arnold nur bestätigen: «Es war ein Schritt, der auf vollstes Verständnis stiess.» Die Zusammenführung macht in seinen Augen auch darum sehr viel Sinn, weil man Wachstumsthemen nur in Kombination mit Hardware, Software und Services effizient und erfolgreich verkaufen kann.
Bei der Umsetzung der One-Channel-Organisation ging es Scamperle auch darum, die regionalen Vertriebseinheiten zu stärken. «Ich habe nicht den Anspruch, alles aus der Region heraus zu steuern.» Gleichzeitig ist die Channel-Organisation in der Schweiz personell gewachsen. Lenzins Software-Team allein hat sich seit dem letzten Sommer verdoppelt.
… und bald ein einheitliches Partnerprogramm?
Neben dem Ausbau des klassischen Aussendienstes will IBM die Betreuung seiner Partner auch noch anderweitig verbessern. Man sucht, so Scamperle, beispielsweise die Zusammenarbeit mit anderen IBM-Organisationseinheiten, zum Beispiel dem Digital Marketing, um Backoffice-Themen abzudecken oder Marketing-Kampagnen aufzugleisen. Und schliesslich arbeitet man, wie versprochen, an einer Vereinfachung der Partnerprogramme.
Viel dazu verraten will Scamperle noch nicht. Es verspricht jedoch weitere prozessuale Verbesserungen: «Wir haben zuletzt das Partner-Onboarding, das früher bis zu 40 Tage dauerte, auf zwei Tage reduziert. Weitere solche Optimierungen werden folgen.» Gleichzeitig kündigt er für die zweite Jahreshälfte und Anfang nächstes Jahr neue Partnerprogramme an, die das Lösungsthema weiter unterstreichen und das Cross-Selling von Hardware und Software noch einmal vereinfachen sollen. «Wir haben heute getrennte Programme für Hardware und Software. In einer idealeren Welt gibt es ein einheitliches Programm», lässt Scamperle durchblicken, in welche Richtung es gehen könnte.
Weitere Verbesserungen in der Zusammenarbeit verspricht sich Lenzin ausserdem durch ein neues CRM, auf das man im ersten Halbjahr 2016 gemeinsam mit den Partnern wechselt. Dadurch soll sich auch das Abwickeln von Chancen und Geschäften beschleunigen.
Direktverkauf ist ein Auslaufmodell
Apropos Chancen und Zusammenarbeit: Der Direktverkauf, der in der Vergangenheit im IBM-Channel durchaus immer wieder ein Thema war, scheint heute nicht mehr für Diskussionsstoff zu sorgen. «Im Hardware-Bereich betreiben wir mittlerweile nahezu ein reines Co-Selling», erklärt Scamperle. In der ganzen DACH-Region zählt man laut ihm nur noch ein gutes Dutzend Kunden, die man selbst betreut. «Unser Ziel ist es, 98 Prozent unserer Hardware gemeinsam mit Partnern zu veräussern.»
Arnold sieht diesbezüglich ebenfalls eine sehr positive Entwicklung. «Wir haben in den letzten Jahren sogar damit begonnen, einige Kunden, die in der Vergangenheit sogenannte Direktkunden waren, mit Partnern zusammenzubringen», so Arnold. Dies sei keine Sache, die man von heute auf morgen tun könne, aber diese Zeit nehme man sich, mit dem Ziel das Hardware-Geschäft grundsätzlich über die Partner abwickeln zu können. «Ohne unsere Partnerlandschaft könnten wir nur einen beschränkten Teil unserer Produkte erfolgreich verkaufen», weiss Arnold.
Im Software-Geschäft nehmen die Partner Lenzin zufolge seit jeher eine vitale und sehr wichtige Rolle ein, gerade weil es hier um sehr spezifische Lösungen in einer grossen Breite gehe. «Der ganze Mid-Market-Bereich, also alle Kunden mit weniger als 1000 Mitarbeitenden, werden komplett über unsere Geschäftspartner betreut und alle Projekte durch sie abgewickelt.» Gleichzeitig hat man auch eine Deal-Grösse bestimmt – in der Schweiz sind das 150'000 Franken Neulizenzumsatz – bis zu welcher man Geschäfte komplett dem Channel überlässt.
Wie funktioniert das? Wenn IBM selbst Projekte identifiziert, zum Beispiel im Rahmen von Marketing-Kampagnen oder durch die eigenen Account Manager, dann werden diese in ein CRM-System eingepflegt. Ist der Projektumfang nun kleiner als 150'000 Franken, wird von der Software laut Lenzin automatisch eine Auswahl an möglichen Partnern gegeben, die die geforderten Fähigkeiten mitbringen. Auch die Region soll dabei berücksichtigt werden. Schliesslich wird dann zusammen mit dem Kunden ein Partner ausgesucht und das Projekt übergeben, wobei IBM bis zum Schluss begleitend zur Seite stehe, verspricht Lenzin. Man nennt das Vorgehen darum auch ein Warm-Handover.
Partner werden untereinander vernetzt
Wie eingangs erwähnt, will IBM heute Lösungen verkaufen, also nicht mehr Hardware oder Software, sondern Hardware und Software. Partner, die beides aktiv weiterverkaufen, hat IBM in der Schweiz laut Arnold aber nur ein paar wenige. Die Spezialisierung ist in seinen Augen sehr weit fortgeschritten, insbesondere im Software-Bereich. Darum setzt man heute auch auf ein Partner-Kooperationsmodell. «In bestimmten Fällen reicht das Know-how eines Partners nicht. Wir bieten hier aktive Unterstützung und bringen beispielsweise bestehende Hardware- mit Software-Partnern zusammen», erklärt Arnold.
Verkuppelt werden die Partner Arnold zufolge bewusst auch mit Spezialisten, die man ganz neu ins Ökosystem geholt hat. Ein gutes Beispiel für ihn sind in diesem Zusammenhang die neuen Power-Linux-Systeme: «Linux-Workloads sind andere Workloads, als die, mit denen unsere Business Partner in den letzten 20 Jahren zu tun hatten. Hier gibt es darum völlig neue Partnerschaften, die für bestehende Partner interessant sein können.»
Seit knapp einem Jahr arbeitet IBM beispielsweise neu mit Adfinis Sygroup zusammen. Mit Heimer Informatik hat sich laut Arnold ausserdem ein langjähriger IBM Software Partner aus dem KMU-Umfeld entschieden, seine Lösung auf Linux zu portieren und künftig auch gleich Linux-Server bei seinen Kunden zu platzieren. «Es gibt immer mehr Beispiele», meint Arnold. Insgesamt ist das Geschäft mit Linux-Servern von der Umsatzgrösse her aber natürlich noch wesentlich kleiner als das traditionelle Server-Geschäft. Allerdings soll die Nachfrage stark zunehmend sein und in Zukunft mit neuen Modellen weiteren Schub erhalten.
Während im Hardware-Geschäft unter anderem ein Linux-Trend erkennbar ist, spürt man im Software-Geschäft laut Lenzin momentan – und nicht wirklich überraschend – einen Trend hin zur Cloud und zu Service-Modellen. «Zudem kommen aktuell sehr viele Partner auf uns zu, um ihre Lösungen mit IBM Software zu ergänzen beziehungsweise zu komplettieren.» Der Schweizer Business Analytics Spezialist Addedo reichere seine eigene Konsolidierungslösung neu beispielsweise mit Cognos und SPSS-Komponenten an. «Wir haben darum spezielle Programme lanciert, um solche Vorhaben zu unterstützen», so Lenzin.
x86-Verkauf kein Thema mehr, dafür Ausbildung
Während das Linux-Geschäft bei IBM an Gewicht gewinnt, hat man mit den x86-Servern Anfang Jahr ein grosses Standbein abgegeben. Diese Trennung sorgte im Channel für eine gewisse Unruhe. «Natürlich war es eine enorme Veränderung und eine solche führt erstmal zu einer gewissen Unsicherheit», bestätigt Scamperle. Heute sei die Sache im Channel aber kein Thema mehr und jeder habe die Strategie verstanden.
Scamperle gibt jedoch auch zu, dass einige Partner heute nicht mehr gross mit IBM zusammenarbeiten, weil das Unternehmen aus dem Low-End- beziehungsweise Me-Too-Geschäft ausgestiegen ist. «Wir hatten ein paar kleinere Partner, die nur in diesem Geschäft tätig waren, und konnten die zum Teil nicht auf die High-Value-Reise mitnehmen.»
Software-seitig war es vergleichsweise ruhig, könnte man meinen. Lenzin lässt das nämlich nicht so stehen. «Ich denke, es war nicht minder ruhig oder unruhig bei uns.» Für ihn ist die Ausbildung ein ganz zentrales Thema und die hat ihn die letzten Monate denn auch stark beschäftigt. Neben vielen bereits bestehenden Angeboten und der Zusammenarbeit mit der Distribution, die hier eine wichtige Rolle einnehme, hat Lenzin unter anderem seine eigene Webinar-Reihe gestartet. Es geht dabei jeden Monat um ein ganz spezifisches Thema, zum Beispiel um ein neues Partnerprogramm. Ausserdem gibt es jeweils Updates zum Channel ganz allgemein. Vor vier Monaten ist man damit gestartet, mit laut Lenzin beachtlichem und steigendem Erfolg. «Damit können wir die Nähe zum Partner weiter aufrechterhalten und intensivieren.»
(mv)