Swiss IT Reseller: Können Sie zum Start kurz sich selbst und die Partnerlandschaft Ihres Unternehmens vorstellen?
Markus Heiniger, Swisscom: Mein Name ist Markus Heiniger und ich bin Leiter Partnermanagement SME (Small & Medium Enterprises) bei Swisscom. Unsere Partnerlandschaft ist sehr heterogen und entsprechend gross. Wir zählen rund 3500 Partner, davon sind mindestens 3000 aktiv. Bei einem grossen Teil davon handelt es sich um Elektroinstallateure. Im Businessumfeld zählt der harte Kern rund 700 Partner, die entsprechende Business-Communication- sowie ICT-Lösungen verkaufen und integrieren.
Philipp Matter, UPC Cablecom: Mein Name ist Philipp Matter, ich bin als Director SMB zuständig für die Schweizer KMU von UPC Cablecom, inklusive dem Partnerbereich für diese Kunden. Unsere Partneranzahl ist etwas kleiner als bei Swisscom, wir haben zwischen 300 und 400 Partner, hauptsächlich aus dem IT- und Elektrobereich, wobei die Zahl der IT-Partner stark wächst. Wir versuchen, mit all unseren Partnern eine sehr enge Partnerschaft zu pflegen.
Markus Naef, Sunrise: Zu meiner Person: Mein Name ist Markus Naef, und ich leite als Chief Commercial Officer Business Sunrise das gesamte B2B-Geschäft – vom SME-Bereich bis hin zu den Corporate-Kunden. Mit unseren zirka 200 Partnern betreuen wir vorwiegend die KMU-Kunden. Unter den Partnern unterscheiden wir zwischen zwei verschiedenen Arten von Partnern – den Sales-Partnern und den Solution-Partnern. Bei den Solution-Partnern handelt es sich um die Partner, die Gesamtlösungen von uns implementieren – zum Beispiel Unified-Communication-and-Collaboration (UCC)- oder Cloud-Lösungen. Hier zählen wir rund 50 ICT-Partner; diese Zahl legt aber stark zu.
«Die regionale Abdeckung können wir nur über Partner realisieren.» Markus Heiniger, Leiter Partnermanagement SME, Swisscom (Quelle: SITM)
«Die Partner leben von der Beratung, von der Installation, von Dienstleistungen und Unterhaltsverträgen.» Markus Naef, Chief Commercial Officer, Business Sunrise (Quelle: SITM)
«In den kommenden zwei Jahren müssen sich 300000 KMU in der Schweiz um ihre Telefonielösung kümmern.» Philipp Matter, Director SMB, UPC Cablecom (Quelle: SITM)
Markus Heiniger (Swisscom), Philipp Matter (UPC Cablecom), und Markus Naef (Sunrise) unterhalten sich im Roundtable von «Swiss IT Reseller» über Geschäftschancen für ihre Partner und über ihre Channel-Pläne, die gerade im Fall von Sunrise äus- serst ehrgeizig sind. (Quelle: SITM)
Wie wichtig ist der Channel für Sie als Unternehmen?
Markus Naef: Der Partner-Channel ist für uns sehr wichtig. Ich muss hier einfügen, dass Sunrise bis vor nicht allzu langer Zeit vor allem bei Grossunternehmen aktiv war. Seit etwa einem dreiviertel Jahr hat sich dieser Fokus aber verschoben auf den KMU-Bereich und da vor allem auf kleine bis mittelgrosse Unternehmen. Hier wollen wir wachsen, und entsprechend haben wir unser Produktportfolio angepasst. Um diese Kunden zu erreichen, sind unsere Partner entscheidend. Entscheidend hierbei ist die Kapillarität – sprich die Dichte des Partnernetzes –, und die erreicht man nur über eine gewisse Anzahl Partner. Die Schweiz ist nun mal föderalistisch aufgestellt, und das KMU sucht sich seine Partner oftmals im eigenen Dorf, in der Region.
Philipp Matter: Für uns ist der Channel ein wichtiger Wachstumstreiber. Den SoHo-Bereich gibt es bei UPC Cablecom etwa seit fünf Jahren, und seither sind wir – auch dank unseren Partnern – jährlich im hohen zweistelligen Bereich gewachsen. Auch in den kommenden Jahren wollen wir dank und mit unseren Partnern weiter wachsen und entsprechende Investitionen tätigen. Insbesondere wollen wir den Markt gemeinsam mit unseren Partnern bearbeiten, um ihnen etwa zu zeigen, wie sie zu Leads gelangen können. Das haben wir schon in Vergangenheit gemacht, und das hat sich für alle Beteiligten ausbezahlt. Entscheidend ist in meinen Augen auch, dass wir unsere Partner nicht konkurrenzieren, sondern ganz klar abgrenzen, wo ihr Geschäft und wo unser Geschäft liegt. Wir sehen uns als Spezialisten im Bereich Connectivity, Voice und TV, den Rest überlassen wir unseren Partnern.
Markus Heiniger: Die Bedeutung der Partner ist auch für Swisscom gross. Wir verfolgen im Channel-Bereich seit Jahren eine stabile, auch auf IT ausgerichtete Strategie. Wir versuchen, die Bewegungen des Marktes zusammen mit den Partnern mitzumachen und Wachstum zu generieren. Wachstum beim Umsatz, aber gerade auch im IT-Umfeld Wachstum bei der Zahl der Partner. Zudem sehen auch wir die Regionalität der Partner als wichtiges Erfolgskriterium. Was wir bewusst nicht machen, ist, die Kanäle abzugrenzen. Wir sind eigentlich immer zusammen mit den Partnern unterwegs – vom Grosskundengeschäft abgesehen.
Wie sieht das bei Sunrise aus? Ist man ebenfalls immer gemeinsam mit dem Partner unterwegs?
Markus Naef: Bei kleinen Kunden sind wir eigentlich getrennt beziehungsweise ist der Partner alleine unterwegs, weil wir gar nicht über eine genügend grosse Sales-Mannschaft verfügen, um immer gemeinsam mit dem Partner aufzutreten. Bei mittelgrossen Kunden aber sind wir in der Regel gemeinsam involviert. Es gibt jedoch auch den Fall, dass der Partner ein Projekt ohne unsere direkte Hilfe umsetzt und nur unsere Produkte nutzt, oder dass wir ein Projekt mit unseren Inhouse-Kapazitäten realisieren. Aber nach Möglichkeit suchen wir primär den Partner.
Und wie ist das Vorgehen bei UPC Cablecom?
Philipp Matter: Bei uns hängt das Vorgehen davon ab, wie der Erstkontakt mit dem Kunden zustande kommt. Wenn der Partner den ersten Kontakt hat, kommt er auf uns zu, wenn er Unterstützung braucht. Und wenn der Erstkontakt bei uns geschieht, prüfen wir, welcher Partner die gewünschten Dienstleistungen erbringen kann, die wir selbst nicht anbieten können. Wir geben also die Leads an Partner weiter, welche zusätzlich zu unseren Connectivity-Angeboten Services im IT-Bereich erbringen können.
Vor allem IT-Services gelten als Wachstumsgeschäft. Können Sie ausführen, welche IT-Services Sie Ihren Partnern zum Wiederverkauf bieten können?
Markus Heiniger: Wir sind zum einen stark in der Cloud-Thematik unterwegs, wo wir unter anderem ein dediziertes Infrastructure-as-a-Service (IaaS)-Angebot haben, bei dem wir einen Reseller-Ansatz verfolgen. Das bedeutet, dass der Channel seine Services auf unser Angebot aufbauen und entsprechend seiner Ausrichtung eigene Angebote schnüren kann. Ebenfalls aus der Cloud via Channel bieten wir die Dokumentenmanagement- und Backup-Lösung Storebox an, und im Software-as-a-Service (SaaS)-Bereich haben wir Angebote wie Office 365, die wir zusammen mit Partnern verkaufen. Zu erwähnen sind in dem Zusammenhang unsere eigenen Rechenzentren, aus denen wir all unsere Dienste aus der Schweiz heraus anbieten können.
Doch gerade wenn ich an Office 365 denke: Hier bräuchte Swisscom eigentlich ja keine Partner, um diese Dienste zum Kunden zu bringen.
Markus Heiniger: Man darf den Faktor Beratung nicht unterschätzen. Sicher könnten wir das auch selbst erbringen, doch die regionale Abdeckung können wir nur über Partner realisieren – Partner, die schon eine Kundenbeziehung unterhalten.
Wie sieht das IT-Service-Portfolio bei Sunrise aus?
Markus Naef: Ähnlich wie bei Swisscom. Auch wir bieten XaaS an – zum Beispiel UCC- und Security-Lösungen oder Cloud-Services. Mir ist es hierbei ebenfalls wichtig, die Bedeutung der Partner zu unterstreichen. Nicht nur für den Zugang zum Kunden und den Verkauf, sondern vor allem auch für die Migration, das Fulfillment und den Customer-Service-Bereich, den die Partner zum Teil abdecken. Letztlich passieren grosse Teile des Kundendienstes vor Ort beim Kunden. Dies kann man nur mit Hilfe eines Partners realisieren.
Und UPC Cablecom fokussiert ausschliesslich auf Connectivity?
Philipp Matter: Ja, wir fokussieren auf unsere Kernkompetenzen, und nehmen die Partner hinzu, wenn es darum geht, zusätzliche Services im IT-Umfeld zu erbringen.
bedingt aber, dass der Partner selbst Zugang beispielsweise zu Office 365 und Know-how im Cloud-Umfeld mitbringt, um dem Kunden gesamtheitliche Lösungen offerieren zu können.
Philipp Matter: Das ist sicher so, ja. Dadurch, dass wir das Know-how und die Produkte in den Bereichen Connectivity sowie Voice und der Partner IT-Know-how mit einbringt, entsteht eine gegenseitige Beziehung und eine Win-Win-Situation, in deren Rahmen alle profitieren.
Ist denn beispielsweise bei Swisscom die Beziehung vor allem eingleisig – sprich Swisscom liefert Lösungen und der Partner profitiert?
Markus Heiniger: Es stimmt, dass Swisscom dem Partner alles aus einer Hand liefert. Das ist auch eine Stärke von Swisscom. Ich glaube aber nicht, dass die Beziehung deshalb einseitig ist. Wie Herr Naef schon beschrieben hat, liegt die Stärke des Partners in der Integration, im Service, im Fulfillment, in der Migration und in der Kundenbeziehung. Es ist heute nicht mehr so, dass das nackte Produkt den grossen Teil der Wertschöpfung ausmacht. Es entsteht durchaus auch eine Win-Win-Situation, wenn wir aus Portfolio-Sicht dem Partner alles bieten.
Gibt es bei UPC Cablecom denn Überlegungen, den Partnern gewisse zusätzliche Services auch anzubieten. Ich denke hier beispielsweise an Office 365.
Philipp Matter: Standardisierte Services, die einfach zu integrieren sind, sind sicher ein Thema. Doch sobald es komplexer wird, sind wir wirklich der Überzeugung, dass der Partner diesen Teil übernehmen soll. Denn von der Kommission, die ein Partner etwa durch den Wiederverkauf von Cloud-Diensten verdient, kann der Partner nicht leben. Darum ist es für uns wichtig, dass er zusätzliche Dienstleistungen erbringen kann.
Damit bringen Sie mich zur nächsten Frage: Von was lebt der Partner, wenn er Cloud-Dienste von Sunrise oder Swisscom verkauft? Wie attraktiv ist dieses Geschäft des Wiederverkaufs?
Markus Naef: Ich bin der Meinung, dass ein Paradigmenwechsel stattfindet. Wir haben es vorher gehört: Viele Swisscom-Partner waren ursprünglich Telematiker oder sind es auch heute noch, und ich bin fest davon überzeugt, dass diese sich neu orientieren müssen im ICT-Bereich. Klar ist, dass aus dem Wiederverkauf von Services kein grosser Verdient resultiert. Das war aber früher nicht anders. Ob man nun eine Microsoft-Lösung als Softwarebox oder als Cloud-Dienst verkauft, die Marge ist eher gering. Die Partner leben von der Beratung, von der Installation, von Dienstleistungen und Unterhaltsverträgen.
Markus Heiniger: Ich sehe den Paradigmenwechsel auch, und ich sehe vor allem, dass dieser Wandel auch beim Kunden stattfindet. Denn auch er sieht, dass es neue Lösungen gibt am Markt. Für diesen Kunden ist der Partner die erste Anlaufstelle. Darum muss der Partner fit sein auf diesen neuen Themen. Was wir auch beobachten, ist, dass aus der Beratung heraus oft grosse Projekte entstehen – aus einer Telefonie-Anfrage kann ein ganzes Cloud-Projekt entstehen, vorausgesetzt, der Partner kann eine ganzheitliche 360-Grad-Beratung bieten und sich in den Kunden und dessen Prozesse hineindenken. Aus solchen Projekten entsteht dann Wertschöpfung für den Partner.
Vor allem Sunrise und Swisscom bieten ein sehr ähnliches Produkt- und Lösungs-Portfolio. Wo findet man Differenzierungsmerkmale?
Markus Naef: Sunrise differenziert sich gegenüber der Konkurrenz durch den Service und die Servicequalität, die wir auch stark messen. Ausserdem suchen wir die Nähe zum Kunden und zum Partner. Über Produkte kann man sich heute nur noch schwer differenzieren; die Standards und auch die Qualität der Leistungen und der Netze sind vergleichbar. Differenzierung findet statt über den persönlichen Kontakt und über Flexibilität – Flexibilität auch, was die Zusammenstellung der Angebote angeht. Denn die Bedürfnisse unterscheiden sich von Kunde zu Kunde. Wir setzen deshalb auf eine Art Baukastenprinzip, mit dem der Partner für den Kunden massgeschneiderte Lösungspakete anbieten kann.
Markus Heiniger: Service und Servicequalität sind natürlich auch für uns entscheidend. Ich denke aber, Swisscom differenziert sich gegenüber den Mitbewerbern vor allem über drei Punkte. Zum ersten über das Netz – sowohl das mobile und auch das Festnetz und vor allem auch die Konvergenz dieser beiden Netze, um etwa Ausfälle zu überbrücken. Zum zweiten über den Multichannel-Ansatz. Bei uns arbeiten beispielsweise die KMU-Center in den Swisscom-Shops eng mit unseren Partnern zusammen, und die Partner verkaufen unsere Lösungen auch direkt. Diese Symbiose hat sich extrem bewährt. Und zum dritten unsere stabile Partnerstrategie, die wir seit Jahren mit unserem Partnerprogramm verfolgen, das wir laufend ausbauen und das sehr transparent ist und viel bietet. Zum Beispiel für jeden der 700 ICT-Partner einen persönlichen Accountmanager oder die Partner-Hotline, welche monatlich über 20'000 Anfragen bearbeitet. Ein eigenes Team leistet zudem dedizierten Presales- und Projektsupport für den Partner.
UPC Cablecom unterscheidet sich ja per se, allein schon aufgrund der Technologie. Wo liegen Ihre Argumente beim Kunden?
Philipp Matter: Für uns spricht sicher, dass wir flächendeckend 500 Mbit/s anbieten können – damit können wir uns von der Konkurrenz abheben, hier sind wir stark und darauf legen wir auch den Fokus. Ein weiterer Differenzierungsansatz ist der persönliche Kontakt, der bei uns gross geschrieben wird. Jeder Partner hat bei uns einen persönlichen Berater, und daran wollen wir festhalten. Ein weiterer Punkt, der insbesondere auch eine Chance für die Partner ist, ist die anstehende Abschaltung der analogen Telefonie und damit die Umstellung auf VoIP. Hier sind wir bereits daran, die Partner intensiv zu schulen. Es gibt unter den Partnern viele Anbieter, die noch in der ISDN-Welt zu Hause sind, und wir wollen diese so früh wie möglich in die IP-Welt holen. Für viele Partner ist die IP-Telefonie Neuland, für UPC Cablecom aber nicht. Denn wir haben Telefonie schon seit jeher über VoIP realisiert.
Können Sie ausführen, inwiefern die Abschaltung der analogen Telefonie eine Chance für die Partner ist? Was kann der Partner tun, um sich heute in eine optimale Position zu bringen und wie soll er seine Kunden diesbezüglich beraten?
Philipp Matter: Entscheidend ist in meinen Augen, sich möglichst früh mit der Thematik auseinanderzusetzen. Sehen Sie, in den kommenden zwei Jahren müssen sich 300’000 KMU in der Schweiz um ihre Telefonielösung kümmern. Wenn alle damit bis zum Schluss warten, wird dies für alle Beteiligten eine riesige Herausforderung, und es kann zu Engpässen kommen. Ich empfehle den Partnern deshalb, ihren Kundenstamm so früh wie möglich anzugehen und Beratung zu leisten. Und falls sich Partner noch nicht auf einem genügend hohen Level glauben, empfehlen wir, so rasch wie möglich Kontakt mit uns aufzunehmen, damit wir entsprechend schulen können.
Markus Naef: Im KMU-Bereich ist die Dominanz von Swisscom heute noch sehr hoch. Die anstehende Umstellung auf IP-Telefonie sehe ich nun als Chance sowohl für unsere Partner als auch für uns. Denn die Kunden werden quasi gezwungen, sich zu hinterfragen und Angebote zu vergleichen. Bei den Schweizer KMU ist der Wechselwillen nicht viel anderes als bei Herrn und Frau Schweizer etwa bei der Krankenkasse; nämlich eher gering. Man muss auch verstehen, dass sich ein KMU auch mit seinen Leistungen auf einem hartumkämpften Markt behaupten muss, und daher eine funktionierende Kommunikation auch nicht angerührt wird. Man wechselt erst, wenn man quasi gezwungen wird. Mit der Abschaltung der analogen Telefonie muss nun eine aktive Entscheidung getroffen werden, und zwar nicht nur vom Kunden, sondern auch vom Partner. Deshalb sehe ich das Ganze als Chance für den Gesamtmarkt.
Doch was kann der Partner tun, um sich beim Kunden in eine optimale Position zu bringen?
Markus Naef: Er muss seiner Beratungsaufgabe nachkommen. Wenn der Kunde wissen will, was denn nun aus seinem Fax wird, muss der Partner kompetente Antworten liefern können. Er muss dem Kunden aufzeigen können, welche Prozesse und Kommunikationsmittel er als optimal für ihn erachtet. Und auch ich glaube, dass der Partner sich hier schon früh einbringen und die Kunden angehen sollte. Denn das typische Schweizer KMU dürfte eher zurückhaltend sein – wie erwähnt, schliesslich ist die Telefonie-Anlage ja auch nicht sein Kerngeschäft.
Ich gehe davon aus, dass Swisscom dem nicht tatenlos zusieht und sich bis zu Umstellung passiv verhält.
Markus Heiniger: Selbstverständlich nicht. Wir investieren sehr viel in diese Transformation und insbesondere ins Partnerökosystem. Wir gehen dabei bis an die Basis, arbeiten beispielsweise mit Berufsschulen zusammen oder klären im Bereich Erwachsenenbildung auf. Zudem stellen wir innerhalb unseres Partner-Extranet eine eigene Plattform zur Verfügung, die dem Thema All-IP gewidmet ist und aktuelle Informationen bietet. Den Kunden beschäftigt das Thema, er wendet sich mit seinen Anliegen an den Partner, und wir stützen den Partner im Hintergrund, damit er den Kunden optimal beraten kann.
Aber gibt es bei Swisscom Befürchtungen, dass sich die langjährigen KMU-Partner und -Kunden nun hinterfragen und man hier Marktanteile verliert?
Markus Heiniger: Nein, die gibt es nicht. Denn die Beziehungen sind langjährig, und wie gesagt gestalten wir die Umstellung aktiv. Sicher, Kunden werden nun vergleichen und sollen auch vergleichen. Doch wir sind gut aufgestellt, wir müssen den Vergleich nicht scheuen.
Planen die Mitbewerber im Hinblick auf die anstehende Umstellung auf All-IP und die damit verbundenen Vergleiche nun spezifische Angebote? Oder passen die bestehenden Angebote bereits?
Markus Naef: Zum einen sind wir bereits so aufgestellt, dass die Angebote passen. Zum anderen werden wir aber noch diesen Herbst und dann im Frühling nochmals mit neuen Angeboten auf den Markt kommen, um die Umstellung noch einfacher abzuwickeln und unser Portfolio noch attraktiver zu machen.
Können Sie schon mehr dazu verraten?
Markus Naef: Primär werden wir zusätzliche Cloud-Services lancieren, die dann als Bausteine in unseren Paketen angeboten werden können. Denn der Kunde wird ja quasi zwei Schritte machen. Zum einen wird er sich von der klassischen Telefonie verabschieden, zum anderen wird man versuchen, ihn auch in die Cloud zu bringen. Damit er beide dieser Schritte macht, ist aber viel Vertrauen in seine Partner – sowohl den ICT-als auch den Carrier-Partner – nötig.
Und bei UPC Cablecom?
Philipp Matter: Ich bin überzeugt, dass wir mit unseren Angeboten bereits sehr gut aufgestellt sind hinsichtlich der Umstellung. Wie bereits angetönt, haben wir wohl am meisten und die längste Erfahrung im Bereich VoIP. Ich stimme aber mit Herrn Naef überein: Eine Aufgabe des Partners ist es, dem Kunden die Ängste vor der neuen IP-Welt zu nehmen und ihm aufzuzeigen, dass sich durch die Umstellung ganz neue Möglichkeiten und Chancen auftun. Und dazu ist das Vertrauen des Kunden zum Partner Voraussetzung.
Gibt es bei Swisscom neue Produkte, die in der Pipeline sind?
Markus Heiniger: Ja, die gibt es. Was wir heute sehen, ist eine Transformation des Marktes, in deren Rahmen IT und Telekommunikation zusammenwachsen. Das Ergebnis dieser Transformation heisst UCC, und ich bin überzeugt, dass UCC ein Treiber sein wird beim Kunden. Der Kunde wird merken, was der All-IP-Ansatz und das Zusammenwachsen aller Dienste auf dem IP-Netz bietet. Und genau in diese Richtung – also im Bereich UCC – wird es von uns neue Produkte geben, die wir dann gemeinsam mit den Partnern zum Kunden bringen wollen. Wir werden das gesamte VoIP-Angebot inklusive UCC dediziert auf den SME-Bereich hin ausbauen. Ausserdem wollen wir im Bereich SLAs einen Schritt nach vorne machen und dem Partner Werkzeuge in die Hand geben, die er dann beim Kunden vor Ort einsetzen kann, um beispielsweise Analysen zu machen und so potentielle Fehler aufzuspüren.
Beim letzten Telco-Roundtable im Jahr 2012 ist die Frage aufgetaucht, wo die Partner allenfalls Defizite haben. Genannt wurde unter anderem die Verkaufsthematik. Ist das noch immer so?
Markus Heiniger: Tatsache ist, dass die Partner heute sehr erfolgreich sind – sprich der Kunde ein grosses Bedürfnis nach Dienstleistungen hat. Und das dürfte mit der anstehenden All-IP-Umstellung die nächsten zwei, drei Jahre so bleiben. Der Partner muss zwar trotzdem verkaufen im Sinne von beraten. Aber das Thema Akquisition steht nicht so stark im Vordergrund, weil der Partner im Moment zu grossen Teilen ausgelastet ist. Das kann allerdings auch eine Gefahr sein, denn die heutige Situation kann und wird sich mittelfristig ändern. Deshalb ist es auch wichtig, dass der Partner heute und morgen schon daran denkt, was als nächstes kommt – nach der Umstellung auf All-IP. Und dass er entsprechend seine Leute laufend ausbildet und Up-to-Date hält. Zum Thema Sales: Hier bauen wir die Unterstützung aus und fahren zum Beispiel gemeinsame Kampagnen mit dem Partner und treten vor Ort beim Kunden gemeinsam auf. Und wir bieten ihm auch vermehrt Online-Tools, welche ihn bei der Akquisition unterstützen sollen.
Wenn Sie dann aber gemeinsam mit dem Partner auftreten, besteht dann nicht die Gefahr, dass der Verkauf an Ihnen hängenbleibt und der Partner diesbezüglich bequem wird?
Markus Heiniger: Gemeinsam verkaufen geht in meinen Augen immer mehr in die Richtung, dass jeder seine Stärken einbringt.
Der Partner liefert seinen Kundenstamm, und wir liefern die Werkzeuge, die Marketing-Power, die Geschichten. Der Partner soll dabei aber immer der bleiben, der den Kunden führt.
Markus Naef: Ich glaube, dass der Partner durchaus gut ist im Verkauf seiner eigenen Leistungen. Optimierungspotential gibt es meiner Meinung nach beim Verkauf der darunterliegenden Carrier Services, was natürlich in unserem Sinne wäre. Und hier denke ich, müssten die Partner und wir vermehrt gemeinsam auftreten und uns gegenseitig aushelfen. Hier werden wir verstärkt aktiv werden, gemeinsam Sales-Pitches machen und Leads generieren.
Philipp Matter: Ich meinerseits würde den Verkauf nicht als Defizit bezeichnen, sondern sehe die Gefahr wie Herr Heiniger eher in der aktuellen Situation mit den gut gefüllten Auftragsbüchern. Ein Partner, der seine Kunden hat und seinen Job gut macht, der kann heute gut leben. Wenn sich nun aber der Markt verändert und der Partner sich nicht bewegt, kann das gefährlich sein. Hier müssen sich Partner heute schon Gedanken machen. Die Akquise hingegen ist bei den Partnern nicht unbedingt ein Defizit, sondern schlicht und einfach kaum ein Thema. Ich allerdings würde jedem Partner empfehlen, sich trotzdem mit dem Thema Akquise auseinanderzusetzen – auch in Zusammenarbeit mit uns. Wir haben viel Know-how im Bereich Neukundenakquise, schliesslich sind wir vor fünf Jahren als Neuling in den SMB-Markt eingedrungen, und das sehr erfolgreich. Der Partner kann also sicher von unserem Know-how profitieren.
Die Umstellung auf All-IP wird die Partner in den kommenden Jahren beschäftigen. Gibt es noch weitere solcher Themen?
Markus Heiniger: Themen wie Internet der Dinge, M2M und die ganze Digitalisierung werden sicher über kurz oder lang auch auf die Partner zukommen. Ich bin aber überzeugt, dass die angesprochene 360-Grad-Beratung auch einen 360-Grad-Blick voraussetzt – sprich es braucht IT-Know-how genauso wie Telekommunikations-Know-how und man muss zudem das Business des Kunden verstehen, um in Zukunft kompetent beraten zu können. Dieses Dreieck zu managen, ist eine Herausforderung, und wir werden in diesem Bereich investieren und unser Partnerprogramm beziehungsweise die Partnerunterstützung in diese Richtung ausbauen.
Philipp Matter: Ich finde es wichtig zu erwähnen, dass der Partner hier Schritt für Schritt machen muss. Sicher sehen wir auch Themen wie IoT und Digitalisierung in der Zukunft. Doch in einem ersten Schritt sollen sich die Partner zuerst einmal mit der VoIP-Technologie auseinandersetzen und dieses Thema beherrschen. Bevor dieses Grund-Know-how nicht aufgebaut ist, wäre es in meinen Augen vermessen, von weiteren Zukunftsthemen zu sprechen.
Sie haben bereits angetönt, dass in den kommenden Monaten neue Angebote kommen sollen. Können Sie sonst noch einen Ausblick geben, was Ihrerseits auf die Partner zukommt?
Markus Naef: Wir werden den Partnerkanal weiter ausbauen und zusätzliche Partner an Bord holen – wobei das Motto Qualität vor Quantität gilt. Ausserdem werden wir weiter anstreben, den Partner über Zertifizierungen auf dem neuesten Stand zu halten. Zudem werden wir nebst den neuen Angeboten alle unsere Angebote digitalisiert auf den Markt bringen. Das bedeutet, dass das gesamte Fulfillment beziehungsweise der gesamte Produkt-
Lebenszyklus digital abgewickelt werden kann.
Philipp Matter: Bei uns liegt der Fokus in den kommenden Monaten auf Training, Training und nochmals Training. Hier spüren wir auch eine grosse Nachfrage. Zusätzlich wollen wir gemeinsam mit den Partnern den Markt bearbeiten und sie bei der Neuakquise und der Positionierung unterstützen.
Markus Heiniger: Was sicher ein Thema sein wird in den kommenden Monaten, ist die Heterogenität der Partnerlandschaft. Für uns ist wichtig, den Partner künftig vermehrt noch dort abzuholen, wo er zu Hause ist. Nicht jeder Elektro-Installateur muss zum Full-Service-ICT-Anbieter werden und wird weiterhin ein wichtiger Puzzlestein in unserer Partnerlandschaft bleiben. Auch für den Elektroinstallateur gibt es neue Themen – ein Stichwort ist hier etwa die Haussteuerung. Dem werden wir im Partnerprogramm mit dedizierten Entwicklungspfaden Rechnung tragen.
Herr Naef, Sie haben es eingangs erwähnt: Man braucht die Partner draussen in der Region, und die Anzahl Partner ist wichtig. Können Sie ausführen, welche Wachstumsziele Sie hier hegen?
Markus Naef: Zurzeit zählen wir wie erwähnt rund 200 Partner, und diese Zahl wollen wir mindestens verdoppeln, wenn nicht verdreifachen. Und das innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre.
Das ist ein ambitioniertes Ziel.
Markus Naef: Sehr ambitioniert, richtig. Aber der Zeitpunkt mit dem Wechsel von ISDN auf All-IP ist jetzt passend – jetzt muss man die Chance packen und die Partner akquirieren. Gemeinsam können beide Parteien – die Partner und wir – Marktanteile gewinnen.
Doch wie wollen Sie so viele Partner in so kurzer Zeit gewinnen?
Markus Naef: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, unter anderem auch über andere Partner. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wir sind Cloud-Solution-Provider (CSP)-Partner von Microsoft, wo letztlich wieder ein Partnernetz dahinter steht. Wir sprechen hier quasi von einem Tier1-/Tier-2-Modell, und damit werden wir auch spielen. Als CSP-Partner haben wir Zugriff auf die Microsoft-Partner, die im IT-Bereich schon stark sind. Mit diesem Partner-via-Partner-Ansatz glauben wir, im grossen Stil interessante Partner gewinnen zu können.
Welche Wachstumspläne hegt UPC Cablecom?
Philipp Matter: Wir sind stetig daran, den Partnerkanal auszubauen. Und wir versuchen, die Wertschöpfungskette möglichst auf den Partner auszulegen. Für das kommende Jahr streben wir im SMB-Bereich umsatzmässig erneut Wachstum im hohen zweistelligen Bereich an – unter anderem auch dank neuen Partnern, doch vor allem auch mit unseren bestehenden Partnern.
Markus Heiniger: Bei Swisscom geht es weniger darum, zusätzliche Partner zu gewinnen, sondern bestehende Partner zu entwickeln, um die passende Anzahl Partner in den jeweiligen Segmenten zu haben – also die Partnerlandschaft zu managen. So wollen wir beispielsweise eine bestimmte Anzahl Partner, welche die angesprochene 360-Grad-Beratung beherrschen und entsprechend Rundum-Dienste bereitstellen können. Es geht darum, die richtige Anzahl Partner am richtigen Ort mit den richtigen Skills zu haben. Wir müssen schauen, wo wir wie viele Partner mit welchem Hintergrund brauchen, wie viele Partner wir auf welche Reise mitnehmen wollen. Und es geht auch darum herauszufinden, wer mit auf die Reise will. Es ist ja kein Selbstbedienungsladen – der Partner ist sich durchaus bewusst, dass es auch für ihn ein Investment bedeutet.
(mw)