«3D-Druck und 2D-Druck haben nichts gemein»
Quelle: Canon Schweiz

«3D-Druck und 2D-Druck haben nichts gemein»

Hersteller Canon wird selbst zum Reseller, und zwar für 3D-Drucker. Ein Feld, in dem sich das Unternehmen erst zurecht finden muss.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2016/07

     

Canon ist seit Mai als Reseller für die 3D-Drucker von 3D Systems in der Schweiz tätig. 2013 unterzeichneten die Unternehmen die ersten Distributionsverträge in Japan, 2014 begann der Start in der EMEA-Region. Thomas Zeller, Leiter der Grossformatdrucker-Abteilung, verantwortet das 3D-Drucker-Geschäft in der Schweiz.

Swiss IT Reseller: Canon vertreibt seit 1. Mai 2016 3D-Drucker in der Schweiz. Wie läuft es?
Thomas Zeller:
Wir sind bisher sehr gut im Plan mit dem Aufbau, wir richten einen eigenen Showroom ein und wir rekrutieren Mitarbeitende, die Kompetenz im 3D-Druck haben. Das Ziel ist, dass wir gegen Ende Jahr die ersten Verkaufserfolge erzielen.



Was planen Sie konkret?
Wir bieten unsere Lösungen bestehenden B2B-Kunden, die wir bereits mit dem Grossformatdruck pflegen, an. Wir konzentrieren uns auf die Bereiche Architektur, Engineering, Construction (AEC), und die produzierende Industrie, sprich MEM-Unternehmen, die unsere Produkte und Services bereits durch unsere Grossformatlösungen kennen. B2C klammern wir aus.

In den 3D-Druckmarkt einzusteigen birgt für ein Unternehmen schnell Einstiegskosten von 50’000 bis 500’000 Franken. Mit welcher Strategie wollen Sie Kunden davon überzeugen, kostspielige 3D-Drucker bei Ihnen zu erwerben?
Im Bereich 3D treten wir als Berater auf. Wir wollen Kunden in ihrer Entscheidung unterstützen, die passende unter den vielen Technologien für ihren Geschäftsbereich zu finden und mit unserem Service punkten.

Angefangen hat Canons Engagement in dem Gebiet 2013 mit der Kooperation mit 3D Systems. Warum kam als Druckerhersteller überhaupt der Schritt, 3D-Drucker eines anderen Herstellers zu vertreiben?
Der 3D-Markt ist ein boomender Markt, in dem Canon eine Rolle spielen wird. Eine Kooperation mit einem bereits bekannten Hersteller von 3D-Druck-Lösungen, der breit aufgestellt und bekannt ist, lag nahe. 3D Systems ist kein Nischenplayer wie so viele, die nur eine Technologie beherrschen und nur einen Markt bedienen. Unsere Kernkompetenzen ergänzen sich sehr gut. 3D Systems ist stark in der Produktentwicklung und wir haben die Vertriebskanäle.


Konkurrenzieren Sie nicht Ihre Händler, wenn Sie selbst als Händler auftreten?
Unsere bestehenden Händler, die unsere Druck-, Kamera- oder Beamer-Technologie verkaufen, konkurrenzieren wir nicht. Im Schweizer Markt gibt es natürlich bereits Partner von 3D Systems, zu denen wir direkte Mitbewerber sind.

Aber besteht nicht die Möglichkeit, dass auch Ihre Wiederverkäufer entscheiden, in den 3D-Druckbereich einzusteigen?
Ja, wir hatten bereits Kontakt mit einzelnen Wiederverkäufern, die Interesse haben. Man muss aber unterscheiden: Zwar kommt das Wort Druck im 3D-Druck vor, es hat aber sehr wenig mit dem eigentlichen 2D-Druck zu tun. Es geht vielmehr darum, bestehende Produktionsverfahren wie Spritzgiessen, Fräsen und Bohren durch ein additives Produktionsverfahren zu ersetzen. Dazu sind vertiefte Material-, Produktionsverfahrens- und Konstruktionskenntnisse nötig, die nichts mit dem 2D-Druck zu tun haben. Ein Wiederverkäufer, der heute Multifunktionsgeräte oder andere Produkte aus unserer Produktpallette verkauft, hat einen grossen Schritt vor sich, um im 3D-Druck überhaupt Fuss fassen zu können. Das Fachwissen über Konstruktion, die entsprechende CAD-Software und Materialien muss vorhanden sein, eingekauft oder erarbeitet werden. Jeder, der sich vertieft damit auseinandersetzt, wird rasch feststellen, dass das Verkaufen von 3D-Druck-Systemen und Services nicht mit dem aktuellen 2D-Druck-Geschäft zu vergleichen ist.

Bieten Sie Resellern, die auf Sie zukommen, trotzdem eine Zusammenarbeit an?
Wir führen ein offenes Gespräch. Canon ist aber Wiederverkäufer. Noch eine Stufe zwischenzuschalten, wäre allein Margen-technisch für keine Partei von Interesse.

Ärgerlich hat bisher kein Partner reagiert?
Nein. Bisher hat noch niemand die Bereitschaft gezeigt, das Thema weiterzuverfolgen.

Wie bauen Sie das Know-how bei Canon auf?
Wir schulen unsere Techniker, die fähig sein müssen, die Geräte zu installieren und zu warten. Und wir schulen unseren Verkauf. Der Aussendienst soll in einem ersten Kontakt beurteilen können, ob Kunden ein bestehendes Produktionsverfahren durch 3D-Druck ersetzen könnten. Hierfür muss geklärt werden: Welche Technologie setzen die Kunden im Moment ein, wie viele Stückzahlen produzieren sie, ist eine CAD-Software im Einsatz? Besteht im Unternehmen Interesse, in 3D-Druck zu investieren, steht schon ein Budget, hat man sich schon Kompetenz angeeignet oder eingekauft? Nach diesen ersten Gesprächen durch unseren Verkauf kommt ein Spezialist zum Zug. Wir haben in jedem Land in Europa, in welchem wir 3D-Systeme anbieten, mindestens einen Produktespezialisten eingestellt, der über eine langjährige Erfahrung verfügt.

Wie viele Leute haben Sie im Schweizer 3D-Druck-Team?
Wir starten in jedem Land mit acht Personen und bauen das Team je nach Erfolg aus. Aktuell haben wir in der Schweiz also zwei Service-Techniker, das Product Marketing, die Verkaufsleitung und vier geschulte Aussendienstmitarbeiter. In England sind mittlerweile 20 Personen für den Bereich 3D-Druck zuständig.

Wie schwierig ist es, Spezialisten auf dem Markt zu finden?
Sehr schwierig. Auf dem Schweizer Markt gibt es sehr wenige, die über vertieftes Know-how verfügen. Und wenn, dann sind sie auf ein Fachgebiet spezialisiert – Laser Sintering zum Beispiel. Wir haben deshalb einen Spezialisten aus Deutschland eingestellt. Dort ist der Markt um einiges grösser und bereits stark entwickelt. Der Schweizer Markt hinkt noch etwas hinterher, obwohl wir technologisch sonst immer an der Spitze sind. Die führenden Nationen sind die USA, Deutschland und Japan, die sind in der 3D-Druck-Technologie sehr weit fortgeschritten.

Wie viel machen bei Canon die Länderniederlassungen selbst?
Wir verfolgen in allen Ländern eine einheitliche Strategie mit länderspezifischen Anpassungen. In Deutschland ist der Fokus auf der Automobilindustrie, bei uns mehr auf der Uhren- und Präzisionsmaschinenindustrie. Auf diese Marktspezifikationen gehen wir ein.

Welche Learnings konnten Sie aus anderen Ländern mitnehmen, die früher gestartet haben?
Zum einen haben auch wir unterschätzt, wie viel Fachwissen nötig ist. Denn es sind fundierte Kenntnisse nötig, um sich mit einem Produktentwickler beim Kunden auf Augenhöhe austauschen zu können. Vom ersten Kontakt bis zum Vertragsabschluss vergehen im Schnitt acht Monate. Natürlich gibt es auch «Quick Wins». Aber für ein Unternehmen stellt der Entscheid für ein 3D-Drucksystem eine Investition dar und in der Regel muss das über die Geschäftsleitung oder sogar über den Verwaltungsrat gehen. Im 2D-Druckbereich dauert so ein Entscheidungsprozess gerade mal durchschnittlich drei Monate.



Canon plant ja nicht nur als Reseller, sondern künftig auch selbst als 3D-Drucker-Hersteller aufzutreten. Wo stehen Sie im Moment?
Ja, wir entwickeln eine ganz eigene Technologie, die in etwa zwei Jahren marktreif sein dürfte. Sie wird die Technologielandschaft ergänzen, die wir aktuell bereits über die Geräte von 3D Systems abdecken. Um welche Technologie es sich handelt, kann ich allerdings nicht verraten. (aks)


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