Die steigende Bedeutung des Internet im privaten wie im öffentlichen Sektor und die damit verbundenen Veränderungen der Kommunikationsgewohnheiten machen auch vor dem Gesundheitswesen nicht halt. Kostenoptimierung, neue Versicherungsmodelle mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer und nicht zuletzt das neue Tarifsystem Tarmed verlangen eine engere, elektronische Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich.
Anderseits müssen in kaum einem anderen Bereich vergleichbar sensible Informationen ausgetauscht werden. Nicht umsonst stellt das Datenschutzgesetz den ungesicherten Austausch von Patientendaten unter Strafe.
Das Health Infonet (HIN) hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, eine sichere Plattform für das Gesundheitswesen zu schaffen. In geschützten Bereichen haben nur zertifizierte Mitglieder Zutritt zu Websites, Mail-Austausch und Diskussionsgruppen (Closed User Groups CUG). Auch Geschäftsprozesse können über die HIN-Plattform sicher und vertraulich abgewickelt werden.
Auf dem Weg
HIN wurde 1996 unter Führung der Schweizerischen Ärztegesellschaft FMH gegründet. Ziel war es, die Akzeptanz der Internet-Technologie bei der Ärzteschaft zu fördern, die Kommunikation zwischen Ärztinnen und Ärzten zu verbessern und ihnen Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Informationen zu verschaffen.
Doch schon bald zeigte sich, dass sich der Nutzen der Plattform nicht auf die Arztpraxen beschränkt. Heute finden sich unter den rund 4500 Nutzern auch immer mehr Spitäler, Labors, Pharma-Distributoren, Versicherer und Inkassostellen.
«Mit Kunden wie dem Universitätsspital Zürich oder dem Kantonsspital Winterthur, Grossapotheken und Labors, etwa Unilabs Genf oder dem Enzymlabor in St.Gallen, sind wir auf dem besten Weg, das gesamte Gesundheitswesen abzudecken», meint Gerhard Lecher, Mitglied der HIN-Geschäftsleitung und verantwortlich für Firmenkunden. «Für ein umfassendes E-Health-Netz bilden auch Teilnehmer wie die Medikamentenzulassungstelle Swissmedic (früher IKS), der Apothekerverband, die Ärztekasse und natürlich die FMH wichtige Brückenköpfe.» Denn die Akzeptanz der Plattform ist, wie Lechner weiss, nur über die Verbände zu erreichen.
Sicherheit ist entscheidend
HIN versteht sich in erster Linie als Anbieter von Sicherheitstechnologien für den Austausch von Patientendaten zwischen den Fachleuten in der Behandlungskette. Es kümmert sich um die Sicherheit und Vertraulichkeit der Plattform und um die Authentifizierung der Teilnehmer.
Die dafür eingesetzte Technologie heisst ASAS (Arpage Security & Access System).
Das Client/Server-System wurde von Technologie-Partner Arpage Systems in Küsnacht entwickelt. Der ASAS-Client wird beim Teilnehmer installiert. Er bildet im Übermittlungsprotokoll einen Sicherheitslayer unterhalb der Applikationsebene. ASAS kann daher mit praktisch allen web-fähigen Anwendungen eingesetzt werden. Der Server befindet sich im HIN-Rechenzentrum.
Das System benutzt verschiedene Sicherheitstechnologien.
Die Anbindung der Teilnehmer an die HIN-Plattform ist nach dem SSL (Secure Socket Layer)-Verfahren verschlüsselt und stellt sicher, dass der Teilnehmer wirklich mit dem HIN-Server verbunden ist. Die Authentifizierung erfolgt bei jedem Zugriff online und in Echtzeit im Rechenzentrum. Mitteilungen werden nach dem Public-Key-Verfahren verschlüsselt und signiert. Die öffentlichen Schlüssel und die Zertifikate erstellt und verwaltet der ASAS-Server.
Online-Dienstleistungen
Welche Aktionen die Teilnehmer im Einzelnen über die Plattform abwickeln, ist deren Sache. Für Institutionen wie Spitäler, Kliniken, Labors und andere Dienstleister bietet HIN zunächst einen dem Datenschutzgesetz entsprechenden, sicheren Maildienst für den Verkehr mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in der Schweiz. Mail-Dienste bilden aber nur den Einstieg in E-Health. Mit Hilfe der neuen Technologien lassen sich sämtliche Geschäftsprozesse vereinfachen und beschleunigen.
Service Provider aus dem Gesundheitswesen können ihre Dienste über HIN anbieten. Die Zugriffskontrolldienste erlauben, die Applikationen sicher mit der Plattform zu verknüpfen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Da sich HIN um die Benutzer-Verwaltung kümmert und die Teilnehmer bei der Installation des ASAS-Client betreut, bekommen die Anbieter Instrumente für die Steuerung der Zugriffe auf ihre Anwendungen in die Hand, ohne sich um Support-Aufgaben kümmern zu müssen.
Die Benutzer anderseits brauchen sich nicht mehr jedesmal mit ID und Passwort einzuloggen. Dank Single-Sign-On können sie direkt auf Online-Anwendungen, Datenbanken und Dienstleistungen zugreifen.
Schwarze Zahlen
HIN ist heute eine eigenständige Aktiengesellschaft. Die Finanzierung der Plattform soll zunehmend über institutionelle Kunden erreicht werden. Für Einzelmitglieder will man anderseits die Teilnahme möglichst günstig gestalten. Ein Abkommen mit der FMH ermöglicht, dass das Abo für Ärzte im FMH-Mitgliederbeitrag inbegriffen ist.
Im letzten Jahr musste noch ein kleiner Verlust hingenommen werden, doch Lechner hofft, noch in diesem Jahr den Break Even zu erreichen. «Aber», sagt er, «wir haben das Glück, dass wir mit der FMH und der Ärztekasse zwei wichtige Aktionäre haben, die nicht primär den schnellen Return on Investment suchen, sondern etwas Dauerhaftes aufbauen wollen, und die wissen, dass das Zeit und Geld kostet.» (fis)
Online-ERP für Apotheken und Ärzte
Das Gesundheitswesen bildet für ASPs zunehmend einen interessanten Markt. Triamun etwa, ein JointVenture der Galenica-Gruppe mit der Beratungsfirma Ludwig & Partner, will ein vernetztes ERP-System für Ärzte und Apotheker mit Web-, Applikations- und Datenbank-Server vermarkten.
Dabei soll der Patient bestimmen können, welche Informationen an welche Drittstellen weitergeleitet werden dürfen. Die Applikation wurde vom indischen Software-Haus Ramco entwickelt. Gehostet wird die Plattform von
Swisscom.
Nach Abschluss der Pilotphase soll die Software in etwa zwei Monaten online gehen. Wie zu vernehmen ist, überlegt sich Triamun, seine Dienste auch über die HIN-Plattform zugänglich zu machen.
Triamun hat kürzlich die Mehrheit an der eingeführten Anbieterin von Ärzte-Software Praxidata erworben. Die Produkte der beiden Firmen werden künftig gemeinsam vermarktet. Im Verkauf, im Service- und im Support-Bereich sollen, wie CEO Andreas Strahm sagt, künftig Synergien genutzt und auf das Verkaufs- und Servicenetz von Praxidata zurückgegriffen werden.