Chancen für den Linux-Desktop

Novell hat die Grafik-Funktionen durch Erweiterung der Xgl-Umgebung verbessert und will damit den Linux-Desktop deutlich aufwerten.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/03

     

Auf der Solutions Linux in Paris stellte Novell die Möglichkeiten der neuen Erweiterung Compiz des Grafiksubsystems Xgl (X over OpenGL) vor. Das Publikum konnte zahlreiche Demos bestaunen. Auf der Web-Seite www.novell.com/linux/xglrelease sind zudem Videobeispiele von Alpha-Effekten, Zoomen und diverse 3D-Beispiele zu bewundern.

Rendering-Technologie

Xgl ist eine neue Kern-Rendering-Technologie für Linux-Desktops. Sie setzt auf einen bestehenden X-Server auf. Das hat den Vorteil, dass keine separaten Treiber benötigt werden. Vor allem überzeugt die Erweiterung aber durch Geschwindigkeit. Entwickler können so eine bessere grafische Darstellung erzielen. Die Anwender von Linux Desktops profitieren von visuellen Effekten und Finessen. Entwickelt wurde Xgl zum grössten Teil vom Novell-Mitarbeiter David Reveman. Zusammen mit dem Compositing- und Window-Manager Compiz fliesst Xgl in das Opensuse-Projekt ein.
Da Xgl die Beschleunigungsfunk­tionen moderner Grafikkarten nutzt, bieten sich Entwicklern viele neue Möglichkeiten. Dabei geht es nicht nur um grafische Spielereien. Transparenz- und Animationseffekte sollen auch zur Steigerung der Produktivität beitragen. Spezialeffekte lassen sich als Plug-Ins für das Xgl-Compiz-Gespann realisieren. Unterstützung erhält Novell unter anderem von HP, ATI und der Mozilla Corporation.

Murren in der Community

Die Open Source Community hat die Erweiterungen weitgehend positiv aufgenommen. Nicht alle Entwickler sind jedoch mit dem Vorgehen von Novell glücklich. Zwar versprechen die Neuerungen ein Facelifting für den Linux-Desktop und eine optische Annäherung an MacOS X. Doch insbesondere die Entwickler des Gnome-Desktops kritisieren, dass Novell den Code hinter verschlossenen Türen entwickelt habe, ohne dass externe Entwickler darauf Einfluss nehmen konnten. Dieses Verhalten hatte zum Jahreswechsel bereits unter den X-Entwicklern für Aufregung gesorgt, bis Novell sich bereit erklärte, den Xgl-Code früher als geplant freizugeben.
Auf der Gnome-Mailingliste vertei­digte ein Novell-Entwickler das Vorgehen: Grosse Änderungen würden bei einer öffentlichen Entwicklung in der Community auf den Mailinglisten lange diskutiert, was die Fertigstellung von Compiz für den in Vorbereitung befindlichen Novell Linux Desktop 10 verzögert hätte. Wenn das Gnome-Projekt den Code aufnehmen wolle, sei das o.k. Wenn nicht, habe Novell eben ein Desktopprodukt, das sich von den Mitbewerbern unterscheide. Schaden nehme das Gnome-Projekt dadurch nicht. Informationen unter: www.open­suse.org/xgl. Unter www.freedesktop.org/Software/Xgl steht der Quellcode zum Download bereit. (firs)


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