die Geschichte von Cyrill Osterwalder, seit Februar dieses Jahres Geschäftsführer der Softwareschmiede. Doch CEO als Karriereziel so sieht er das nicht: «Die Führung eines Grossunternehmens, das irgendein x-beliebiges Produkt herstellt, wäre nichts für mich», versichert er. «Mit Visonys kann ich mich identifizieren, da ich bereits als CTO massgeblich an der Entwicklung unserer Lösung beteiligt war.»
Dass ein Netzwerk mit einer Firewall gegen aussen abgeschirmt werden muss, ist heute Allgemeingut. Web-Applikationen jedoch etwa für das E-Banking sollen Transaktionen mit Aussenstehenden ermöglichen. Sie sind daher stark exponiert und müssen, um die Vertrauenswürdigkeit der Geschäftsprozesse zu gewährleisten, speziell gesichert werden. Dies ist die Aufgabe von Visonys Airlock. Osterwalder benutzt den Vergleich mit einem Fussballstadion: «Natürlich möchte man möglichst viele Zuschauer haben, gleichzeitig aber Schlägereien und das Abbrennen von Feuerwerk verhindern und Hooligans fernhalten.» Wollte man am Eingang jeden einzelnen Besucher filzen, wären die Warteschlangen nach 24 Stunden noch nicht abgebaut. «Sicherheitsmassnahmen müssen greifen, dürfen den Business-Nutzen jedoch nicht behindern», erklärt Osterwalder. «Im Gegensatz zu realen Zugangkontrollen lässt sich die Elektronik skalieren. Daten können on-the-fly kontrolliert werden, so dass der Nutzer die Verzögerung kaum wahrnimmt.»
Kryptographie
Sicherheitsthemen haben Osterwalder immer interessiert. Als Kapazität auf diesem Gebiet gilt ETH Professor Ueli Maurer, Leiter der Forschungsgruppe für Informationssicherheit und Krytographie. So lag es auf der Hand, dass Osterwalder als Informatikstudent keine seiner Veranstaltungen versäumte. Nach dem Studium trat er in die Zürcher Ergon Informatik ein und kam zum Projekt TIAF Trusted Internet Applications Framework das Ergonkunden aus dem Finanzbereich erlaubte, bei Online-Transaktionen die Kontrolle zu behalten. Als Projektleiter entwickelte er TIAF weiter und implementierte das Framework in verschiedenen Firmen. Nach seiner Rückkehr aus den USA, wo er eine Ergon-Tochter aufbaute, zeichnete sich ein neuer Plan ab: Aus den Erfahrungen mit TIAF sollte eine Standard-Sicherheitslösung entwickelt werden. So entstand 2002 die Seclutions AG als Spin-off von Ergon. «Als junge ETH-Techniker waren wir überzeugt, dass jedes Unternehmen nur auf unsere Lösung wartete.»
Eine Software-Appliance
Nach rund einem Jahr hatte das Team um CTO Osterwalder eine Software-Appliance entwickelt, die Airlock getauft wurde. Sämtliche Komponenten für Identifizierung, Authentifizierung und die mehrstufige Datenkontrolle samt Betriebssystem finden sich auf einer CD. Eine Installationssoftware ermöglicht die Installation an einem beliebigen Ort. Von da an kann das Ganze wie eine Hardware-Appliance ohne Eingriffe ins Betriebssystem zentral konfiguriert werden.
Bei Ergon hatte man mit Solaris 8 gearbeitet. Airlock sollte jedoch auf AMD- und Intel-Maschine laufen. Es galt daher, ein passendes Betriebssystem zu evaluieren. Zur Wahl standen ein Linux-Derivat oder Solaris 10. Doch Linux entwickle sich zusehends zu einem zweiten Windows, meint Osterwalder: «Das ist sicher gut für die Anwender. Für unsere Zwecke schien jedoch Solaris 10 geeigneter, da es erlaubt, bereits auf Systemebene Sicherheitszonen einzurichten und so die geschützte Zone abzudichten.»
Kunden und Partner
Ab 2004 ging es darum, Kunden zu finden und einen Channel aufzubauen eine, wie Osterwalder sagt, «nicht ganz einfache Aufgabe für eine neue, unbekannte Firma». Aber es ging aufwärts. Stolz verweist er auf die installierte Basis von über 150 produktiven Airlocks bei Kunden in der Schweiz, Deutschland, Österreich und sogar in Dubai. «Ohne dass jemand von uns je dort unten war. Da half uns wohl auch der Ruf der Schweiz als sicheres und seriöses Land.» Um markenrechtlichen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, wurde mit der Internationalisierung der Name der Firma in Visonys geändert. Heute sind acht Mitarbeiter in der Entwicklung und acht in Verkauf und Administration tätig, während ein vierköpfiges Team Systemintegratoren und VARs betreut. «Wir legen grossen Wert auf Qualität und Know-how, denn Sicherheitsmassnahmen sind noch nicht so sehr Allgemeinwissen. Unsere Partner müssen daher bereit sein, sich zu spezialisieren.»
Neue Erfahrungen
Der Ausbau der Mitarbeiterbasis brachte für den Techniker Osterwalder neue Erfahrungen: «Die ETH- und Fachhochschulabgänger bringen eine ähnliche Kultur mit wie wir Gründerväter, aber die Verkaufs- und Marketingleute kommen aus einer anderen Welt. Dennoch haben wir es geschafft, ein gutes, handlungsfähiges Team zu bilden.» Damit will der junge CEO die Aufbauarbeit seines Vorgängers Roland Heer ergänzen und weiterführen: «Jetzt geht es um die Motivation unserer Partner und die Erschliessung neuer Märkte. Vor fünf Jahren waren diese für unsere Vision noch nicht reif. Heute müssen wir den Sinn einer Standardlösung nicht mehr erklären. Dass der Markt uns bestätigte, macht vieles einfacher. Es zwingt uns aber auch, uns der Konkurrenz gegenüber zu beweisen für mich eine ausgesprochen spannende Aufgabe.» (fis)
Cyrill Osterwalder
Cyrill Osterwalder ist in Frauenfeld aufgewachsen. Der diplomierte Informatik-Ingenieur ETH ist seit letztem Jahr verheiratet. Seine Frau erwartet im Sommer ein Kind. Die beiden leben in dem kleinen Dorf Dachsen am Rhein. «Ich liebe die Natur und das Wasser», sagt Osterwalder, «da sind Schwimmen und Tauchen selbstverständlich, letzteres allerdings vorwiegend in den Ferien.» Auch Golf zählt zu seinen Hobbys. «Das spielt meine Frau (noch) nicht. Dagegen sind wir viel mit dem Mountainbike unterwegs. Zudem kochen wir beide gern und zelebrieren das, was man Wine & Dine nennt.» In Sachen Wein ist er sehr offen, wählt was gerade der Stunde und Laune entspricht. «Das ist wohl typisch für mich. Ich pflege meine Hobbys eher locker und fühle mich keineswegs verpflichtet, täglich meine Kilometer abzuspulen oder mein Handicap zu verbessern. Ich tue, worauf ich gerade Lust habe.» Im Gegensatz dazu hat er im beruflichen Bereich einen klaren Fokus: «Die theoretische Kryptologie an der ETH hält die mathematischen Gehirnaktivitäten ganz schön auf Trab. Bei Visonys lässt sich das natürlich nicht eins zu eins umsetzen, da stehen die praktischen Probleme im Vordergrund. Aber ich bleibe mit der Thematik in Fühlung, denn die Frage ist immer die gleiche: Was bringt ein System zum Kippen?»