Nicolas Vezin sagt, er sei am liebsten draussen. Denn den CEO der Schweizer Niederlassung des französischen IT-Dienstleisters Steria interessieren mehr die Menschen als die Technik, und deshalb ist er bei der Arbeit sehr oft «an der Front», wie er sagt. Draussen ist Vezin aber auch in der Freizeit sehr gern und oft: Der passionierte Bergsteiger findet mit Freunden bei langen Berg- und Skitouren Erholung und Ausgleich.
Die Begeisterung für die Welt, die neben der eigenen, vorgegebenen existiert, findet sich in der Biografie des Managers bereits in seiner Jugend. Schon als Gymnasiast verbrachte er ein Jahr in Paris. Der Aufenthalt ergab sich damals durch eine berufliche Veränderung seines Vaters, ein Franzose, der als Architekt arbeitete und mit einer Schweizerin verheiratet ist. Diese Konstellation führte dazu, dass Vezin zweisprachig aufwuchs, ein Umstand, der seine Freude an Fremdsprachen geprägt haben dürfte. Denn Vezin belegte schon am Gymnasium Spanisch als Fremdsprache, weil er das Französiche bereits tadellos beherrschte, verbrachte nach der Matura ein Jahr in Spanien und England, wo er sich als Bedienung in Pubs und als Übersetzer seinen Lebensunterhalt verdiente. Klar, dass er dort gleich auch sein Englisch und Spanisch weiter aufpolierte.
Dann belegte er Anfang der Neunzigerjahre ein Elektroingenieur-Studium an der ETH Zürich und in Lausanne, wobei es ihn bereits während der Studienzeit für ein Zwischenjahr nach Tokio und Mexiko verschlug – die Sprachbegeisterung lässt grüssen. Seine Diplomarbeit schrieb er, wie könnte es anders sein, bei einem weiteren Aufenthalt in Tokio, wo er nach dem Studium gleich wieder hinzog, um Japanisch in der Tiefe zu erlernen. «In Japan muss man wie in keinem anderen Land die Sprache beherrschen, sonst kommt man an die Leute nicht heran», sagt Vezin. In dieser Zeit legte er durch seinen Nebenjob quasi den Grundstein für seine berufliche Karriere: Vezin schlug sich nämlich bei seinem Sprachaufenthalt in Mexiko als Software-Entwickler durch. «Ich wollte reisen, der Rest war mir eigentlich egal», sagt er heute.
Karriere bei Steria
Dass ihm das Reisen eines Tages verleiden könnte, hat er damals allerdings noch nicht geahnt. Doch eins nach dem anderen. Zurück in der Schweiz heuerte er 1995 als Software-Entwickler bei Steria an, drei Jahre später wechselte er, mittlerweile 29, als International Sales Manager an den Hauptsitz nach Paris. Für den internationalen Verkauf verantwortlich, hatte er irgendwann «das Leben auf den Flughäfen» satt und nahm die Herausforderung an, für Steria die Filiale Ostfrankreich in Strasbourg aufzubauen. 2002 suchte man dann einen Verantwortlichen für die Deutschschweiz, denn zu dem Zeitpunkt hatte der Konzern das Konglomerat aus Integris und den Resten des französischen Hardwareherstellers Bull übernommen. Die beiden Schweizer Geschäftsleiter von Bull und Integris verliessen das Unternehmen und nahmen, wie das bei Firmenkäufen nicht selten vorkommt, Mitarbeiter und Kunden mit sich. «Keine einfache Zeit», blickt Vezin heute zurück, «denn viel Geschäft ist damals weggebrochen.»
Von 2002 bis 2004 musste er mit der halben Belegschaft und dem halben Umsatz das Portfolio umbauen. Hartnäckig und schliesslich auch erfolgreich arbeitete Vezin am Turnaround der Firma, der ihm 2004 gelang. Seither ist er CEO der Schweizer Niederlassung und konnte bis heute den Umsatz wieder fast verdoppeln. Dies gelang Vezin vor allem mit neuen Outsourcing- und Beratungs-Aufträgen, die er unter anderem der Konkurrenz abringen konnte. «Software-Entwicklung ist in der Schweiz ein sehr schwieriges Geschäft, ausser man beschränkt sich auf Standard-Software oder entwickelt für sehr spezielle Märkte», sagt Vezin, «vom Hardware-Verkauf gar nicht zu sprechen.» Wichtig sei es, zu wissen, wo sich eine Offerte lohnt, sonst koste der Aufwand nur viel Geld und bringe nichts.
Meditation und Konzentration
Diese Aussage macht deutlich, dass man, um Erfolg zu haben, kein Arbeitstier sein muss. Vezin ist weder ein Frühaufsteher noch arbeitssüchtig wie viele seiner Kollegen. Er arbeitet acht, höchstens neun Stunden pro Tag und verbringt sehr viel Zeit in der freien Natur. «Ich brauche den Ausgleich in der Natur, um im Beruf gut zu sein», sagt er. Bei seinen häufigen und sehr ausgedehnten Klettertouren schöpft er, zusammen mit Freunden, Kraft für den Arbeitsalltag. «Beim Klettern ist es oft wie im Beruf, man kennt die Route nicht. Deshalb ist das Klettern für mich eine Art Meditation, bei der ich lerne, durch die enorme körperliche Anstrengung den richtigen Tritt zu finden.» Mit noch nicht mal 40 Jahren hat er aber auch gemächlichere Absichten: Auf dem elterlichen, 35 Hektaren grossen Anwesen an der Loire evaluiert er derzeit die Bodenqualität für den Aufbau einer Trüffelplantage.
Nicolas Vezin
Nicolas Vezin wurde am 12. November 1969 in Steinmaur im Zürcher Unterland geboren. Da sein Vater, ein Architekt, Franzose und seine Mutter (Kindergärtnerin) Schweizerin ist, wuchs Vezin zweisprachig auf. Sein weltoffenes Wesen wurde ihm also gewissermassen in die Wiege gelegt. Vezin hat bereits als Gymnasiast ein Jahr in Paris verbracht, jobbte nach der Matura für ein Jahr in Spanien und England in Pubs und als Übersetzer, machte während des Elektroningenieur-Studiums (ETH) ein Zwischenjahr in Mexiko und Tokio, wo er auch seine Diplomarbeit schrieb und nach dem Studium ein weiteres Jahr als Software-Entwickler arbeitete. Durch seine vielen Auslandaufenthalte spricht er neben Deutsch und Französisch fliessend Englisch, Spanisch und Japanisch.
1995 kam Vezin als Software-Entwickler zu Steria, wechselte dann als Verkaufs-Manager nach Paris und baute anschliessend in Strassbourg die Filiale Ostfrankreich von Steria auf. 2002 kehrte er in die Schweiz als Bereichsleiter für die Deutschschweiz zurück, seit März 2004 leitet er die Schweizer Niederlassung.
Vezin treibt sehr viel Sport: Mindestens einmal die Woche ist er im Winter in der Kletterhalle anzutreffen; an den Wochenenden pendelt er zwischen seinem Wohnort Zürich und Zermatt, wo seine Freundin wohnt, hin und her. Im Sommer klettert er im Freien (oft sehr lange Touren, die bis zu 14 Stunden dauern können), und insgesamt steht er rund 30 Tage im Jahr auf den Skiern (Alpin, Ski-Touren) oder auf dem Snowboard.