In einem grossen Interview mit "DV-Dialog" hat der Bison-Chef Rudolf Fehlmann (Bild) die Geschehnisse der vergangenen Monate zwischen der PC-Ware-Tochter Comparex und Bison beleuchtet. Sämtliche Mitarbeiter von Comparex Schweiz, an der Bison zu 30 Prozent beteiligt war, haben Mitte April 2010 gekündigt und zum neu gegründeten Unternehmen Bison IT Services gewechselt. Der Comparex-Mutterkonzern PC-Ware hat daraufhin Strafanzeige eingereicht.
Deshalb erstaunt es nicht, dass Fehlmann den ersten Interviewtermin mit "DV-Dialog" platzen lassen musste, weil die Polizei unerwartet für eine Hausdurchsuchung auf der Matte stand. Die Polizei habe Unterlagen sichergestellt, "um mir eventuell das bösartige Verahlten nachweisen zu können, das mit unterstellt wird", so Fehlmann.
Wie es zur Gründung von Bison IT Services kam
An Comparex Schweiz sind PC-Ware mit 70 Prozent und Bison mit 30 Prozent beteiligt. Anfang 2009 wurde PC-Ware von Raiffeisen Informatik aus Wien übernommen. Dies hatte laut Fehlmann allerdings erst Konsequenzen, als das PC-Ware-Management im Juni 2009 ausgewechselt wurde. Die neuen Manager hätten verlautet, dass man für ganz Europa eine einheitliche Strategie umsetzen wolle. Dagegen hatte Fehlmann bedenken, "weil sie in der Schweiz nicht funktionieren wird". Die Strategie setze den Fokus auf Grosskunden, "von denen es in der Schweiz nicht viele gibt". Zudem hätten die PC-Ware-Verantwortlichen eine Umsatzmarge von zehn Prozent angestrebt, "die in der Schweiz absolut unrealistisch ist". Deshalb habe Bison zusammen mit dem Mutterhaus Fenaco – wohlgemerkt der grösste Comparex-Kunde – angekündigt, dass man sich dann einen anderen Lieferanten suchen müsste.
Obwohl man sich darauf im Verwaltungsrat auf einen Spezialfall Schweiz geeinigt habe und beschlossen habe, Comparex Schweiz wie gewohnt weiterarbeiten zu lassen, habe Fehlmann dann über inoffizielle Kanäle von geplanten Strategieänderungen und Management-Wechseln erfahren, wie er im Interview erklärt. Im Gespräch mit Klaus Elsbacher, Vorstandsvorsitzender bei PC-Ware, habe er dann ausserdem erfahren, dass Intercompany-Geschäfte stattgefunden haben – "ohne mich darüber zu informieren". Deshalb sei er am 12. April als Verwaltungsrat zurückgetreten: "Ich konnte die Verantwortung nicht mehr tragen."
Am nächsten Morgen sei Comparex-Schweiz-Geschäftsführer Oliver Schalch zu ihm gekommen und habe um ein Gespräch gebeten. Er habe Schalch versprochen, sich über das weitere Vorgehen Gedanken zu machen, und habe mit dem Bison-Verwaltungsrat gesprochen. Da für die Bison-Mutter Fenaco ständig rund 90 Comparex-Mitarbeiter arbeiten, wollte man eine Kündigungswelle, die sich laut Fehlmann abzeichnete, verhindern. "Deshalb hat mich der Verwaltungsrat beauftragt, alles dafür zu tun, dass diese Mannschaft zusammenbleibt", so Fehlmann.
Der 13. April
Die Mitarbeiterversammlung am 13. April ist dann aber nicht von Fehlmann, sondern von Schalch einberufen worden. Nachdem Schalch die Mitarbeiter über die Situation informiert habe, habe Fehlmann diejenigen Mitarbeiter, die auf Grund der Entwicklung kündigen wollten, gebeten, nicht irgendwo eine Stelle anzunehmen: "Ich bot ihnen für diesen Fall an, bei uns zu arbeiten." Er habe erwartet, dass vielleicht 20 bis 30 Leute wechseln würden. Vom aus dieser Bitte resultierenden Ansturm ist Fehlmann überrascht worden. Allerdings wehrt er sich gegen die Vorwürfe, das man Mitarbeiter verunsichert, verängstigt oder gar zur Kündigung gezwungen habe.
"Ich hatte also am Abend des 13. Aprils fast 200 neue Mitarbeiter mit einer Lohnsumme von ungefähr 15 Millionen Schweizer Franken, aber keine Aufträge", so das Tagesfazit von Fehlmann. Der Fenaco-Verwaltungsrat sah in den Ereignissen ein Wink des Schicksals und war bereit, den Wechsel zu finanzieren.
Gescheiterte Gespräche
Auf die Frage, ob er nicht mit PC-Ware über eine gütliche Einigung gesprochen habe, antwortet Fehlmann: "Sicher, doch die Gespräche sind allesamt gescheitert. Im Gegenteil: Wir wurden überhäuft mit Schreiben von Rechtsanwälten und Strafanzeigen."
Was ihm konkret vorgeworfen werde, weiss Fehlmann nicht. "Ich habe ja nichts gestohlen", weder die Mitarbeiter noch die Kunden. "Ich bin niemals aktiv auf einen einzigen Comparex-Kunden zugegangen; das wäre vor dem Hintergrund des Wettbewerbsgesetzes sehr heikel gewesen." Und er habe die Geschehnisse auch nicht von langer Hand geplant.