Am 11. März 2011 wurde die Welt aufgeschreckt und gezwungen, das Augenmerk auf eine Problematik zu richten, die weitreichende Konsequenzen haben kann. Fukushima wurde auf einen Schlag zum modernen Tschernobyl, und die Welt wurde erneut Zeuge, dass Atomstrom gewisse Gefahren beinhalten kann. Viele Staaten reagierten daraufhin mit der Ankündigung, dass der totale Atomausstieg bis 2034 vollzogen sein wird.
Eine enorme Herausforderung kommt damit auf die Schweiz zu. Denn der Strombedarf muss auch ohne Atomstrom gedeckt sein, damit der Motor der Wirtschaft weiter brummt und der Wohlstand gewahrt werden kann. Hunderte Szenarien, wie man den wegfallenden Atomstrom kompensieren kann, wurden inzwischen von Gegnern und Befürwortern dieses Ausstiegs entworfen und teilweise heiss diskutiert. Bei den meisten dieser Szenarien geht es darum, wie die Schweiz mehr Strom produzieren kann. Meiner Meinung nach sollte man sich stattdessen lieber überlegen, wie die Schweiz weniger Strom braucht und wie die Energieeffizienz in allen Bereichen gesteigert werden kann.
Leistungsverlust verringern
Stromsparen fängt bereits beim Transport des Stromes an. Jede Stromleitung hat einen Leitungsverlust, und je länger der Weg vom Stromproduzenten zum Endverbraucher ist, desto mehr Strom geht verloren. Es gibt die Möglichkeit, die vorhandenen Leitungen zu sanieren, und mittlerweile gibt es auch Materialien, die weniger Leitungsverlust versprechen, doch sind die Kosten teilweise so hoch, dass sie in keinem Verhältnis zur eingesparten Strommenge stehen. Wie kann man also den Leitungsverlust verringern? Indem man sich den Transport spart und den Strom dort produziert, wo er gebraucht wird.
Hier ist auch unsere Branche gefordert, denn ein Umdenken in der Energiefrage kann neue Chancen und Marktanteile öffnen. Der Trend zu nachhaltigerem und sparsameren Stromkonsum ist beobachtbar und wird sich noch stärker manifestieren. Deshalb ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, um in die Entwicklung von Technologien zu investierenen, die Geräte wie Handys oder Tablets unabhängiger von der Steckdose machen. Nicht unbedingt mit effektiveren Akkus, denn auch diese müssen mal geladen werden, sondern vielmehr mit Stromproduktionseinheiten, die das Gerät direkt bedienen oder im Ruhezustand den Akku laden helfen. Eine Patentlösung gibt es dazu (noch) nicht, doch unmöglich ist so etwas nicht. Die menschliche Gesellschaft hat es in den letzten 200 Jahren immer wieder geschafft, das Unmögliche möglich zu machen. Wer hätte vor 30 Jahren geglaubt, dass man sich in Zukunft Textnachrichten und Fotos drahtlos durch die Luft zusenden kann?
Technologien der Zukunft
Es gibt bereits marktreife Produkte, die zeigen, was möglich ist. So wird zum Beispiel bei den Hybrid/Kinetik-Uhren die Bewegungsenergie des Handgelenkes genutzt, um eine elektrische Speicherzelle mittels Rotor und Mikrogenerator aufzuladen. Dieser kompakte Energiespeicher versorgt die Uhr dann zuverlässig mit Strom, und es braucht keine Batterie und keine extern zugeführte Energie mehr. Weiter gibt es bereits Geräte wie Lautsprecher oder Ladestationen für Smartphones und Tablets, die komplett solarbetrieben sind. Auch hier ist ein enormes Zukunftspotential zu sehen, steckt doch die Solartechnologie auf kleinem Raum erst in den Kinderschuhen. Die Forschung an der organischen Solarzelle auf Kunststoffbasis, die im Gegensatz zur herkömmlichen Siliziumsolarzelle günstiger, flexibler, transparenter und einfacher in der Handhabung ist, wird uns in den nächsten Jahren langsam aber sicher auch marktreife Anwendungsmöglichkeiten bescheren. Man stelle sich nur vor, dass die Fassade eines Hauses mit transparenten organischen Solarzellen beschichtet ist und somit konstant und bei jedem Sonnenstand leistungsfähige Energiespeicher im Haus füttert, die wiederum den Strom im ganzen Haus verteilen.
Verhalten im Alltag ändern
Aber auch ohne diese mobilen Stromerzeuger können wir schon einiges tun. Ein Blick in die Alltagsgewohnheiten genügt. Wir können uns zum Beispiel angewöhnen, am Abend neben dem Computer auch die Bildschirme auszuschalten. Oder wir installieren Stromleisten mit Klickschaltern, mit welchen jeden Abend die Stromzufuhr zu in der Nacht nicht gebrauchten Geräten wie Drucker abgestellt wird. Wir können während der Arbeit weniger unnötige Dinge ausdrucken und als Notizpapier bereits einseitig bedruckte und nicht mehr gebrauchte Ausdrucke verwenden. Dies klingt nach wenig, doch ist es die Masse, die es ausmacht. Je mehr Menschen aufmerksam durch den Tag gehen und sich überlegen, wo man noch Strom sparen kann, desto mehr wird uns der Atomaustieg kalt lassen. In diesem Sinne: Schalten Sie heute Abend Ihren Bildschirm und Ihren Drucker aus!