Think Digital: Keinen Fehler zu machen, wäre ­ ein Fehler
Quelle: zVg

Think Digital: Keinen Fehler zu machen, wäre ­ ein Fehler

Von Joerg Schwenk

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2021/01

     

Persönliche Bauchlandungen bezeichnet man gerne als Scheitern, ­geschäftliche Fehler oftmals als Misserfolg. Das Antonym davon ist Erfolg und der ist erfreulicherweise bereits im Wort Misserfolg enthalten. Um eben diese kleinen und mittleren ­täglichen geschäftlichen Bruchlan­­d­ungen und Blamagen dreht sich diese Kolumne. Es wird in Unternehmen heute die Atmosphäre geschaffen, um einen Fehler offen zu diskutieren. Dies mit dem Ziel, dass Mitarbeiter gleiche Missgeschicke in Zukunft vermeiden können. Es geht somit um den Menschen und seine Fehler­freiheit, aber weniger um Erkennt­nis­gewinn. Die kontinuierliche Arbeit an den Mitarbeitern sorgt im Endeffekt also nur dafür, dass die Lernkurve der Unternehmung immer kleiner wird.


Wenige Firmen analysieren die Auswirkungen des Fehlers selbst, um als Organisation zu lernen. Unternehmen, die hier eine Kultur der Fehlertoleranz in Verbindung mit Fehleranalyse aufbauen, sind klar im Wettbewerbsvorteil. Neues zu wagen wird so zum Spass und die unvermeidlichen Fehler tragen oft schneller und intensiver zur Expertise der ­Organisation bei als alles andere, was täglich perfekt gemacht wird. Etwas zu 100 Prozent durchzuplanen bringt demnach wenig. «Trial and ­Error», «so gut wie nötig» oder «Mut zur Lücke» ­scheinen in der modernen Welt Vorteile zu verschaffen.
Versuch und Irrtum darf ein zentrales Prinzip werden, denn das Bestreben von Organisationen, besser zu werden, läuft stark über die Expertisen und Erfahrungen der Menschen. Um diese Kompetenzen aufzubauen, muss man nicht nur wissen, was funktioniert, sondern eben auch wissen, was nicht geht und warum es nicht ­erfolgreich ist. Lernen wirkt über beide Dimensionen. Learning by Doing, also das Lernen aus praktischer und mitunter eben auch fehlerbehafteter Erfahrung in Organisation und von Mitarbeitern, soll ein wichtiger kultureller Eckpfeiler bilden.


«Aus Fehlern lernt man» oder «Fehler sind menschlich»: Vor diesem Hintergrund eine Kultur des Scheiterns zu etablieren wäre falsch, denn Scheitern hemmt den Lernprozess, wie in einer Studie von L. Eskreis-Winkler und A. Fishbach von der University of ­Chicago nachzulesen ist. Analysieren Sie die entstandenen Fehler? Stellen Sie die Frage nach der Ursache? Aus dem Ergründen der Gründe resultieren nicht alleine Motivation und Inspiration, sie ist solide Basis dafür, dass wir Wichtiges von Unwichtigem und Richtiges von Falschem zu trennen vermögen.
Teilen Sie die Erfahrungen, denn zu lernen vermag man nicht nur aus eigenen Debakeln, sondern auch aus derer anderer Menschen. Geschäftliche Erkenntnisse aus den Erfolgen und Misserfolgen müssen Mitarbeitern und Unternehmen als Learning dauerhaft zur Verfügung stehen. Resultate werden auf diese Weise gemeinhin multiplizierbar gemacht. Denn nur so können die entstandenen Erkenntnisse in Agilität und letztlich Ertrag umgewandelt werden.


Dies ist kein Appell, persönliche Fehler zu glorifizieren oder extra Fehler zu begehen, sondern lediglich ein Appell, zumindest den geschäftlichen Misserfolgen auf den Grund zu Gehen und etwas daraus – multiplizierbar – zu lernen. Bei aller Fehlertoleranz gibt es aber einiges, was man vermeiden sollte: Mangelnde Gewinnung von Erkenntnissen, mangelnde Doku­mentation und Kommunikation und mehrmaliges Wiederholen von erkannten Fehlern ist genauso unnütz wie ein ­Appell, mutwillig Fehler zu begehen, um schneller zu lernen und sich zu entwickeln.
Auch wenn es nicht jedem passen mag: Misserfolge sind ein Erfolgsfaktor für selbstlernende und agile Organisationen. Aber nur wenn man den Fehler richtig macht.


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