Dass auch die kleineren IT-Dienstleister nicht am Thema Managed Security Services vorbeikommen, zeigt das Beispiel von
E-Quadrat. Das fünf Mann starke Unternehmen mit Sitz in Rapperswil-Jona, das über 1000 Arbeitsplätze betreut, hat sich vor rund vier Jahren dazu entschieden, sein Geschäftsmodell auf Managed Services und im Rahmen dieser Transformation folglich auch das Security-Angebot auf Services umzustellen. «Getrieben wurde diese Entscheidung durch die Strategie von Microsoft rund um Office 365 sowie durch die Anzeichen in der Branche, dass sich das Services-Modell durchsetzen wird, und viele Hersteller und Lieferanten nachziehen werden», blickt E-Quadrat-Geschäftsführer Jürg Stocker zurück.
Wurden die Microsoft-Produkte als erste in Form eines Managed Services angeboten, so folgte bald auch das Security-Portfolio. «Wir haben also nicht mehr nur die Lizenzen verkauft, sondern einen Service darum herum gebaut, bei dem die Lizenz natürlich inkludiert ist», so Stocker. Für den Security-Bereich bedeutet dies, dass E-Quadrat als Managed Security Services Provider für seine Kunden Virenschutz bereitstellt sowie Firewalls und das Netzwerk betreibt und diese Leistungen zu einer monatlichen Pauschale in Rechnung stellt. Dabei umfasst das Service-Paket etwa nicht nur die Bereitstellung der Firewall, sondern auch das Monitoring dieser, ebenso wie die Überwachung, die Systemwartung, die Intervention bei Problemen oder automatische Engine-Updates. «Wir haben mit Office 365 angefangen, dann den Virenschutz ins Angebot integriert und schliesslich Service-Pakete für Backup, Monitoring und Systemwartung geschnürt. Und seit zwei Jahren bieten wir auch Firewalls und deren Überwachung als Service an.»
Aufwendige Informationssuche
Die Transformation des eigenen Geschäftsmodells auf Managed Services sei ein langer Prozess gewesen und auch heute noch nicht fertig, so Jürg Stocker – «es gibt immer wieder Änderungen und Anpassungen». Als grösste Umstellung bezeichnet er rückblickend die Art und Weise, wie man mit den Kunden interagiert. «Früher riefen uns die Kunden an und meldeten ein Problem. Heute monitoren wir den Kunden und merken, wenn er ein Problem hat oder kurz davorsteht und treten mit ihm in Kontakt», führt Jürg Stocker aus.
Entsprechend hat sich auch die Verrechnung gegenüber dem Kunden geändert. Statt einer reaktiven Verrechnung, nach dem
E-Quadrat für den Kunden eine Leistung erbracht hat, erfolgt die Rechnungsstellung heute proaktiv: «Wir verrechnen dem Kunden die Services, die er bei uns bezieht, monatlich im Vorfeld.»
Diese geänderte Vorgehensweise bedingt, dass man gewisse Informationen des Kunden bereits im Vorfeld braucht und in ein System einpflegen muss, damit man vorab eine Rechnung erstellen könne, hat Jürg Stocker gelernt. «Das ist ein erheblicher Aufwand, rein logistisch gesehen, den wir am Anfang unterschätzt haben. Denn wir müssen beispielsweise genau wissen, wie viele zu überwachende Arbeitsplätze ein Kunde hat. Wir brauchen also ein Instrument, um zu sehen, wie viele Computer oder Firewalls er im Einsatz hat. Und aufgrund dieser Daten erfolgt dann die Verrechnung», so der E-Quadrat-Geschäftsführer, für dessen Unternehmen dieser Umstand bedeutete, dass man zum einen gewisse Programmierleistungen externer Firmen in Anspruch nehmen und zum anderen vor allem ein neues ERP einführen musste – «Unser bestehendes ERP war nicht in der Lage, diese umgekehrte Verrechnung abzubilden. Der Wechsel des ERPs war für uns als kleines Unternehmen mit viel Arbeit und Kosten verbunden.»
Gelohnt hat sich die Arbeit aber allemal. Hatte man bei E-Quadrat zu Beginn noch zwei Wochen für die ganze Abrechnung, weil die benötigten Infos alle von Hand zusammengetragen werden mussten, passiert die Abrechnung heute innert einer halben Stunde, weil alles automatisiert läuft.
Und die Mühe, die sich E-Quadrat macht, wird auch von Kundenseite geschätzt – etwas, das man aber erst lernen musste. «Am Anfang haben wir Rechnungen gestellt und dann kamen zig Telefone mit Fragen darüber, für was welche Lizenz sei oder wo die verrechneten Firewalls stehen zum Beispiel. Diese Informationen mussten wir dann in einem zweiten Schritt nachreichen», blickt Jürg Stocker auf diese arbeitsintensive, aber lehrreiche Erfahrung zurück. Und er weiss mittlerweile: «Jeder Hersteller sagt, dass er ein Reportsystem hat und den Kunden alles automatisiert per Mail zustellt. Aber unsere Kunden, alles KMU, kommen mit sieben, acht Reports der verschiedenen Hersteller jeden Monat nicht zurecht und verstehen diese auch nicht.» Die Angriffszahl auf eine Firewall pro Monat bringe dem Kunden nichts, weil er diese Zahl nicht interpretieren könne – waren das viele oder wenige, ist das normal oder nicht? «Darum sind die Infos der Herstellerportale für die Endkunden unbrauchbar», so Stocker.
Hier wünscht er sich folglich noch mehr Einsatz von Seiten der Hersteller. Denn es sind nicht nur die unbrauchbaren Reports für die Endkunden, die Arbeit machen: «Der Kunde, der plötzlich im Vorfeld Kosten verrechnet bekommt, will wissen, für was er genau zahlt. Leider vergessen viele Lieferanten, uns auch diese Infos über ihre Portale zur Verfügung zu stellen.» Der Geschäftsführer führt dies an einem Beispiel aus: Die von E-Quadrat eingesetzte Backup-Lösung ist mandantenfähig, sprich das Unternehmen kann jeden Kunden separat konfigurieren und abrechnen. Hier kommt das grosse Aber: Vom Hersteller der Software erhält E-Quadrat jeden Monat eine Rechnung mit einer einzigen Position, sprich der gesamten Datenmenge aller Kunden. «Mit dieser Rechnung können wir nichts anfangen, denn wir müssen wissen, wie gross die Datenmengen für die einzelnen Kunden waren, damit wir diese weiterverrechnen können.» Dasselbe Bild zeige sich bei den Firewall-Lizenzen: «Es nützt mir nichts, wenn ich vom Hersteller Ende Monat hunderte Security-Lizenzen verrechnet bekomme. Ich muss wissen, wie viele jeder meiner Kunde hat.»
Falsche Kalkulation
Bereut hat Jürg Stocker den Schritt zum Managed Security Service Provider nicht, auch wenn es auf dem Weg dahin Stolpersteine gab. Nebst der Verrechnung, die zu Anfang doch einiges an Arbeit gab, sind es auch die Vorabinvestitionen sowie die Kalkulation auf Seiten des IT-Dienstleisters, die durchaus herausfordernd sein können. «Wenn wir für unsere Kunden, die wir betreuen, Firewalls oder Switches kaufen müssen, dann sind das doch bald mal einige 100’000 Franken, die ich in die Hand nehmen muss als Vorabinvestition, auch wenn die Kalkulation besagt, dass wir das Geld in einem Jahr wieder zurückerwirtschaftet haben», so Jürg Stocker.
Und auch für die Festlegung der monatlichen Gebühren hätte er sich den Austausch mit jemandem gewünscht, der in diesem Bereich schon Erfahrungen gesammelt hat. Dann hätte sich vielleicht die schmerzhafte Erfahrung vermeiden lassen, dass
E-Quadrat nach einigen Monaten feststellen musste, dass man sich bei der Kalkulation vertan hatte und nun die Preise erhöhen musste. «Wenn der Virenschutz pro Monat drei Franken kostet und man drei Franken draufschlägt, dann verdient man damit Geld. Aber ob es genug ist, ist unklar, denn man weiss ja noch nicht, wie viel Arbeit ein Virenschutz gibt oder was man alles an Services rund um den Virenschutz mit in das Angebot integriert.»
Zum Glück war die Preiskorrektur aber kein grosses Thema bei den Kunden. «Es ging um zwei oder drei Franken pro Rechner pro Monat. Für die Kunden kein riesiger Betrag, aber für uns bei über 1000 betreuten Rechnern doch einige tausend Franken pro Monat, die anfangs fehlten.»
Kundenbindung entscheidend
Ein weiterer Ratschlag, den Stocker MSP-Neulingen gibt, ist die genaue Analyse des jetzigen Arbeitsablaufes. Wer zu 100 Prozent im Projektgeschäft tätig sei und nach der Erledigung eines Auftrages nichts mehr mit dem Kunden zu tun habe, für den ist es laut Jürg Stocker nicht interessant, Managed Services anzubieten. «Der Kundestamm muss aus langjährigen Kunden mit kontinuierlichem Betreuungsaufwand bestehen. Denn für solche Kunden sind Managed Services sehr interessant.»
E-Quadrat selbst hat alles langjährige Kunden. «Für diese haben wir bereits seit Jahren Dienstleistungen erbracht. Bei der Transformation zum MSP ging es dann darum, diese Arbeiten in Packages umzuwandeln», erklärt Jürg Stocker.
Daneben ist es laut ihm auch unabdingbar, zu verstehen, dass man als MSP «nicht einfach ein Durchlauferhitzer für eine Software oder einen Dienst ist, den man irgendwo einkauft». Vielmehr gelte es, das eingekaufte Produkt für den Kunden zu veredeln. «Veredeln bedeutet etwa im Falle einer Firewall, dass man Überwachung, Kontrolle, Service und Aktualisierungen in eine Dienstleistung verpackt und monatlich abrechnet», so Stocker, der mit seinem Unternehmen mittlerweile mehr als 60 Prozent des Gesamtumsatzes über Managed Services erwirtschaftet.
Die Frage der Haftung
Momentan steht bei
E-Quadrat rund um die Managed Services das Thema Haftung im Zentrum. Denn während im Projektgeschäft der Endkunde haftet, ist es im MSP-Modell der Dienstleister. Entsprechend wichtig ist eine gute Absicherung. «Wir arbeiten zusammen mit einem Rechtsanwaltsbüro an der Umsetzung der AGBs, das ist der letzte Schritt der Transformation zum MSP. Darin enthalten ist der ganz klare Leistungsbeschrieb, was unsere Services betrifft, und wo unsere Grenzen sind. Die neuen AGBs regeln auch, dass wir nicht verantwortlich gemacht werden können, wenn auf einer Firewall vom Hersteller ein falsches Image ausgerollt wurde», so Stocker. Dabei gehe es nicht darum, sich aus der Verantwortung zu ziehen. Für die eigenen Services stehe E-Quadrat natürlich gerade, aber für die Fehler der Hersteller könne man nicht haften.
Und passiere auf Herstellerseite ein solcher Fehler, so ist ein direkter Ansprechpartner beim diesem das A und O. «Denn wenn etwa ein Hersteller-Update dazu führt, dass etwas nicht mehr funktioniert bei unseren Kunden, dann sind sie und auch wir nicht mehr handlungsfähig und wir sind darauf angewiesen, dass der Hersteller das Problem so schnell wie möglich löst.» Das funktioniert in der Regel recht gut. Denn die Hersteller wissen auch, dass ein Fehler nicht nur einen Kunden betrifft, sondern immer alle. «Bei einer Virenschutzlösung, die auf über 1000 PCs zum Einsatz kommt, führt ein fehlerhaftes Update dazu, dass die Rechner zum Beispiel kein Internet mehr haben – sprich alle Rechner sind betroffen. Wir hatten diesen Fall in Vergangenheit, wobei die Kontaktaufnahme mit dem Hersteller zeigte, dass weltweit drei Milliarden Geräte davon betroffen waren. Entsprechend schnell hat der Hersteller nach einer Lösung gesucht.» Heute seien die Auswirkungen eines Fehlers immer sehr gravierend, weshalb die Wahl des entsprechenden Anbieters gut überlegt sein will, so ein weiterer Ratschlag von Jürg Stocker. E-Quadrat selbst fährt die Strategie, für jedes Produkt oder jeden Dienst einen anderen Hersteller zu wählen. Der Geschäftsführer erklärt dazu abschliessend: «Das ist für uns zwar aufwendiger und kostspieliger, bedeutet aber gleichzeitig, dass, wenn das Backup ausfällt, die restlichen Services noch funktionieren – sprich man kann noch mailen, das ERP starten und so weiter. Das ist nicht gegeben, wenn man alles bei einem Hersteller aus einer Hand bezieht.»
(abr)