Jede Web-Site ist die Online-Manifestation eines Unternehmens. Während 1992 lediglich etwa 1000 Web-Sites im Netz waren, gab es im Juni 2000 schon etwa 2 Milliarden. Je komplexer eine Web-Site wird, desto wichtiger ist ein Content Management System (CMS) für die Administration der Inhalte.
Doch CMS können auch als Integrationsplattformen für das gesamte Unternehmen genutzt werden. Ein implementiertes CMS ermöglicht einen wirksamen Informationsfluss im gesamten Unternehmen und eine schnellere Wissenszunahme bei allen Mitarbeitern. Es senkt die Transaktionskosten und erhöht die Reaktions- und Anpassungsgeschwindigkeit eines Unternehmens im Markt. Die Content-Ressourcen des eigenen Unternehmens und der Geschäftspartner und Kunden werden zusammengeführt.
Die Suche nach der geeigneten Architektur
Content Management ist jedoch nur dann von hohem Mehrwert für Kunden oder Mitarbeiter, wenn Informationen schnellstmöglich aktualisiert und zielspezifisch zur Verfügung gestellt werden können. Verbreitung, Personalisierung, Skalierung und Nutzung von Inhalten müssen deshalb mehr denn je kundenspezifisch automatisiert werden. Übergeordnetes Ziel ist es, Meta-Architekturen zu finden, durch welche die Nutzer beliebige Inhalte in ein Intranet, Extranet oder das Internet einbauen können, ohne Programmierkenntnisse oder Wissen über Architektur-Design mitzubringen.
Eigenentwicklungen enden in der Sackgasse
Zu jeder Zeit, an jedem Ort, jede beliebige Form von Inhalt publizieren zu können, ist eine grosse Herausforderung, da Verantwortlichkeiten durch Rollen und Regeln eingeschränkt sind. Integrierte Systeme sind deshalb wegen der Komplexitätszunahme im Rahmen der Software-Entwicklung ein Muss. Nur ein zielorientiertes und integriertes Management digitaler Vermögenswerte kann dem heute auftretenden Phänomen «Wissensmangel durch Informationsüberschuss» wirksam begegnen.
In einer Zeit, in der IT-Abteilungen kaum noch mit den Hardware- und Software-Upgrades mithalten können und immer grössere Sicherheitsrisiken im Internet auftreten, können sich Unternehmen immer weniger leisten, eigene Content Systeme zu entwickeln. Man könnte sogar sagen, dass derartige Projekte früher oder später wegen der zunehmenden Komplexität in eine Sackgasse führen.
Wer an vorderster Front als Unternehmen wirken und seinen Marktanteil ausbauen möchte, benötigt schnell implementierbare Software, die einfach zu bedienen ist. Dies können nur noch Produkte gewährleisten, die als Integrationsplattformen dienen und somit weit über die Funktion als Kommunikations- oder Transaktionsplattform hinausgehen. Nach der Übernahme des Unternehmens Ncompass gehört auch
Microsoft zu den Anbietern einer neuen Form von Standard-Software.
Im Vorfeld viele Überlegungen
Der Marktforscher Meta Group erwartet, dass im Jahr 2003 95% der 2000 grössten Firmen neue Infrastrukturen benötigen, um den Content auf ihren Webseiten effizient zu managen. Gemäss der Aberdeen Group wird die digitale Content-Verteilung (Digital Content Distribution), die aus Technologie- und Dienstleistungsanbietern besteht, mit einer jährlichen Rate von etwa 35% wachsen. Der Zwang zu Produktivitätsfortschritten dürfte nach einer Studie von Frost & Sullivan dazu führen, dass das US-Marktvolumen für Content-Lieferung von etwa 1,4 Milliarden Franken im Jahr 2000 auf 18,9 Milliarden bis zum Jahr 2007 ansteigen wird.
Von einer guten Content Management-Lösung müssen alle Teilnehmer profitieren: Organisation, Content-Verantwortliche, Systemmanager, Webentwickler und Site-Besucher. Der Erfolg einer Webseite hängt auch davon ab, dass im Vorfeld geklärt wurde, welche Strategie mit der Site verfolgt wird und welchen Nutzen der Kunde daraus ziehen kann.
Intern ist zu klären, wer den Content liefert/freigibt, wie häufig Updates erfolgen, mit welchen Vorlagen Content angeboten wird (sogenanntes Templating), wie dynamisch die Webseite sein soll, ob ein rollenbasiertes Sicherheits-Modell vorliegt, inwieweit die Webseite in Bestandteile gemäss dem Wunsch verschiedenster Nutzer zerlegt werden kann, wie skalierbar das CMS ist, welches Kostenbudget zur Verfügung steht und wie schnell die Webseite zu einem Return on Investment beitragen kann.
Kosteneinsparungspotential
CMS können erheblich zur Kostenreduktion beitragen. Gemäss einer Studie der Giga Information Group werden Firmen, die ihr Unternehmen verstärkt in Netzwerken abbilden, in grossem Umfang Kosten einsparen (weltweit etwa 2,1 Billionen Franken, im Rahmen des Amortisationszeitraums für eine CMS-Investition). Das Potential ist deshalb so hoch, weil die Personalkosten zum Erzeugen einer Webseite wesentlich höher sind, als die Investitionen in Hard- und Software.
Wenn die Site von nichttechnischem statt technischem Personal upgedatet wird, spart das 30 bis 35% der Personalkosten. Eine kleine Homepage kostet dann jährlich etwa 30’000 Franken weniger. Bei einer aufwendigen Site, an der 10 Personen mit dem Update der Inhalte beschäftigt sind, können bereits 260’000 bis 340’000 Franken jährlich eingespart werden. Die mittleren Kosten für ein CMS-System von heute etwa 210’000 bis 340’000 Franken spielen sich meist in weniger als einem Jahr wieder ein.
Wichtig ist auch, die Opportunitätskosten für die Nichtnutzung eines CMS zu bewerten. Unter Umständen sind diese Kosten wesentlich höher als der Kauf eines ausgereiften CMS kosten würde. Wirksames Content Management verursacht geringere Update-Kosten für Inhalte und reduziert Ausbildungskosten, wenn ein einfach benützbares Interface verwendet wird. Die Dezentralisierung der Seiten-Updates ermöglicht es den Entwicklungsabteilungen, ihren Verkaufsleuten und Kunden in hoher Geschwindigkeit Informationen über neue Produkte und Innovationen zu liefern.
Strukturen festlegen
Die Form einer Webseite wird durch ein sogenanntes Template definiert, eine Art leeres Gefäss für die darin abzulegenden Inhalte. Templates werden meist in einer Datenbank abgelegt, so dass eine Änderung daran automatisch auf alle bestehenden Seiten Wirkung zeigt. Das sogenannte Asset-Management dient dazu, die verschiedenen Elemente einer Website (beispielsweise Texte, Bilder, Dokumente, Audio-Dateien, Funktionalität, Video-Dateien) zu verwalten und so wiederverwertbar zu machen.
Viel und unterschiedlicher Inhalt kann nur mit einer klaren Aufgabenzuteilung an die einzelnen Mitarbeiter verwaltet werden. Dazu muss ein Rollenkonzept und ein darauf basierendes Berechtigungskonzept vorhanden sein. Um die Qualität der Inhalte sicherzustellen, ist ein Freigabezyklus für die Publikationen zu implementieren.Personalisierte Inhalte und Strukturen bieten dem Benutzer der Website einen grossen Mehrwert. Vor allem bei sehr grossen Content-Beständen ist diese Funktionalität zum idealen Auffinden der gewünschten Informationen sehr wichtig.
Ein CMS sollte zulassen, Inhalt und Struktur per XML zu exportieren, damit man diese für andere Zwecke, beispielsweise Druck oder CD-Publikationen, weiterverwenden kann. Als ein Quasi-Standard für Schnittstellen gilt zur Zeit ICE (siehe www.w3c.org/tr/note-ice.html). Ausserdem wird vielfach auch das Rich Site Summary (RSS) von Netscape verwendet (siehe www.oasis-open.org/cover/rss.html).
Der Weg der Inhalte
Unter Content Lifecycle versteht man die Wege (Flows), welche ein Inhalt nimmt. Es ist wichtig, diesen Lifecycle zu verstehen, auch damit man die Spezifikationen am Content Management System festlegen kann. Jeder Inhalt, egal ob Text, Bild oder Video, folgt dem gleichen Prozess.
Der erste Schritt ist die Erstellung des Inhaltes (Content). Danach wird er durch den Authorisierungsprozess geschickt, um sicherzustellen, dass nur gültiger Inhalt nach aussen gelangt. Schliesslich wird der Inhalt publiziert und gegebenenfalls zur nötigen Zeit von der Website gelöscht. Um sinnvoll mit dem Content umgehen zu können, muss der Workflow allerdings geschlossen werden .
Um die Inhalte besser einzuschätzen, ist Feedback von der Live-Site wichtig: Zugriffs-Statistiken zeigen, welche Seiten oder Elemente der Navigationsstruktur am häufigsten genutzt werden. Hohe Zugriffszahlen deuten auf ein grosses Interesse am Gebiet hin. Dieses sollte häufiger gepflegt werden, als andere Teile der Website.
Grosse Dokumente stellen eine Herausforderung für das Handling des Inhaltes mit CMS dar. Sie können als einzelne Datei dargestellt werden, beispielsweise als PDF-Datei. Ausschnitte oder Kapitel aus dem Dokument können dann allerdings nicht an anderen Orten wiederverwendet werden.
Eine mögliche Methode, diese Probleme zu umgehen, ist das sogenannte «Bursting»: Man unterteilt das Dokument in kleinere Teile. Das Bursting eines grossen Dokumentes unterstützt das Prinzip der Wiederverwendung.
Zuständigkeiten definieren
Bei einem CMS ist es auch sinnvoll, Rollen zu definieren und einzelnen Personen zuzuweisen. Es kann durchaus sein, dass eine Person mehrere Rollen inne hat oder eine Rolle für mehrere Sites wahrnimmt. Zu den Rollen gehören Administratoren (Sicherstellung der Lauffähigkeit der Website), Projektadministratoren (Steuerung der Berechtigungen und Workflows), Webmaster (zuständig für die Templates), Designer (Integration von Bildmaterial) sowie Inhaltsverantwortliche (Content-Updates und Content-Wartung).
Das Entwicklungsprinzip muss in den Stufen Development, Staging und Live aufgebaut sein. Auf dem Staging/Development-Server werden die Auftritte erstellt und getestet. Das Erfassen und Mutieren des Contents erfolgt auf dem Staging Server.
Weiterführende Links
Marktübersicht Content Management
http://www.contentmanager.de/itguide/content_management_systeme_produktvergleich.php
Preisvergleich von CMS
http://www.networkcomputing.com/ibg/Chart?guide_id=2684&Sort=Price
Billiganbieter für CMS
http://www.weblication.de
Obtree
http://www.obtree.com
Microsoft
http://www.microsoft.com/cmserver
Die Autoren
Dr.-Ing. Artur P. Schmidt, Publizist und IT-Experte.
E-Mail: Artur.Schmidt@aseantic.com
Norbert Baur, Projektleiter und Content-Software-Spezialist bei Aseantic.
E-Mail: Norbert.Baur@aseantic.com