«Einfach alles super!!!»: So lautete der Kommentar eines einzelnen Teilnehmers am IT Reseller Disti Award 2003 zu den Leistungen seines Lieblingsdistis. Auch ganz allgemein scheinen die Reseller, die für den Disti-Award Noten verteilten, mit ihren Distributoren recht zufrieden zu sein.
Auf der Skala von eins (sehr schlecht) bis zehn (sehr gut) lag der Gesamtnotenschnitt für alle Distis bei guten 7,33. Diese Gesamtnote ist bei jeder Auflage des Disti-Awards, der von IT Reseller jährlich durchgeführt wird, gestiegen.
Der Verdacht drängt sich allerdings auf, dass viele Bewertende die Noten analog zu den Schweizer Schulnoten vergeben: Die Skala reicht zwar vom Einer bis zum Sechser, aber praktisch ist ein Dreier halt schon ungenügend.
Beim Disti-Award, so kann man aus den Bemerkungen schliessen, setzt eine Mehrheit der Teilnehmer «genügend» bei der Note 7 an, eine Minderheit bei der Note 5. Für die einen ist also eine sechs eine Kritik, für die anderen ein vorsichtiges Lob.
Viele Kommentare zu Porto, Webshop, Umgangston
Dass die Schweizer Reseller keineswegs nur zufrieden sind, zeigt sich bei den Kommentaren. Es gab zwar viel Lob («Bin ausserordentlich zufrieden», «Einfach gut», «Très bien!») aber zwei Drittel der Bemerkungen sind kritisch. Am meisten Anlass zu Lob oder Tadel gaben dabei die Frachtkonditionen, die Webshops und die persönliche Betreuung.
Lieferkosten sind für viele ein wunder Punkt: «Transportkosten nicht transparent und zu hoch», «Sehr hoher Kleinmengenzuschlag und Frachtkosten», «Disti hat exorbitante Lieferkosten. Nicht interessant für Direktlieferungen an Kunden» lauteten zum Beispiel einige Kommentare. Auch bei den Webshops ist noch vieles im Argen: «Online System unbrauchbar, Lagerbestand nicht sichtbar».
«Der Kauf im Online-Shop wird nicht honoriert – Die Preise sind sogar schlechter, da am Telefon gehandelt werden kann.» Bei der Betreuung hielten sich positive und negative Bemerkungen etwa die Waage. Hier zeigte sich aber auch deutlich, wie uneinheitlich die Bewertungen oft sind:
«Arrogant, kundenunfreundlich» und «Kundennähe, Hilfsbereitschaft» beziehen sich ebenso auf denselben Disti wie «Sehr guter Online-Shop» und «Webshop ist nicht bedienerfreundlich». Und der Disti, dem die Eingangsbemerkung «Einfach alles super!!!» galt, hat insgesamt eine klar unterdurchschnittliche Note.
Grosse Reseller sind zufriedener
Die Möglichkeit, die Leistungen der IT-Zwischenhändler zu bewerten, findet grossen Anklang in der Schweizer Reseller-Szene. 872 Teilnehmer, vor allem Einkäufer und Geschäftsführer, repräsentierten 773 Unternehmen, darunter so bekannte Namen wie Bedag,
Unisys, Bechtle-Comsoft,
T-Systems, ARP, Dataquest, Mediamarkt,
Darest,
Abraxas, Bison Systems usw.
Naturgemäss sind allerdings die «kleinen» Reseller in der Überzahl. Da beim Disti-Award das Prinzip «One Reseller – One Vote» gilt, dürften die Nöte und Sorgen der kleinen IT-Unternehmen – verglichen mit ihrer Wichtigkeit für die Distis – also ein bisschen überbewertet sein.
Die Teilnehmer beim Disti-Award können den Umsatz angeben, den sie bei einem bestimmten Disti machen. Unsere Auswertung zeigte, dass Reseller mit einem Umsatz über 200’000 Franken eine Durchschnittsnote von 7,69 gaben. Bei einem Umsatz zwischen 50’000 und 200’000 betrug sie 7,55, bei weniger als 50’000 Franken 7,23. Reseller tendieren natürlich dazu, bei dem Distributor mehr Umsatz zu machen, mit dem sie auch zufriedener sind.
Aber umgekehrt kümmern sich die Distis auch mehr um ihre Grosskunden. Das ewige Dilemma des Distis in diesem Zusammenhang ist es, einen guten Mittelweg zu finden. Der Wunsch nach Rationalisierung und Profit birgt die Gefahr, die grosse Masse der kleinen Abnehmer zu vergraulen.
Leichte Notenverbesserung
Die Durchschnittsnoten aller Distis sind dieses Jahr, verglichen mit dem letzten Jahr, ganz leicht gestiegen. Die IT-Konjunkturkrise äussert sich also nicht – wie viele erwarteten – in einer allgemeinen Unzufriedenheit mit den Distis.
Die Verbesserung rührt vor allem von gestiegenen Noten beim Kriterium «Handelstreue, Leads» her – in diesem Bewertungspunkt werden aber immer noch die tiefsten Noten und die weitaus meisten Einser vergeben (Durchschnittsnote 6,77). Die Kritik bezieht sich dabei auf beide Unterkriterien, sowohl mangelnde Leadgenerierung und -weitergabe als auch Direktverkauf durch Distis. Gerade in dieser Beziehung scheint Offenheit eine grosse Rolle zu spielen.
Distis wie
Trade Up oder Brack, die den Direktverkauf ganz offen betreiben, können auch bei diesem Kriterium vergleichsweise durchschnittliche oder sogar gute Noten einheimsen.
Bei den Kriterien «Verkauf» (Durchschnittsnote 7,71) und vor allem Logistik (7,96) sind die Noten sehr gut und gegenüber dem letzten Jahr praktisch unverändert geblieben. Das gleiche gilt, auf tieferem Niveau, für die Kriterien «Technischer Service» und «Preisniveau». Bei der Bewertung der Preise hat sich also weder der Preiszerfall positiv noch der Preisdruck auf die Reseller negativ auf die Durchschnittsnote ausgewirkt.
Preis für einen Drittel entscheidend
Zusätzlich zu den Benotungen konnten die Teilnehmer angeben, welches der fünf Kriterien für sie bei einem Kaufentscheid letztlich das wichtigste ist. Auch hier zeigt sich, dass sich die Bewertung des Preisniveaus verglichen mit dem letzten Jahr nicht wesentlich verändert hat. 35% der Teilnehmer gaben es dieses Jahr als das wichtigste Kriterium an, 2% mehr als 2002.
Weiterhin ist der Preis also das wichtigste Einzelkriterium – viele Projekte werden immer noch über den Preis gewonnen –, aber fast zwei Drittel der Teilnehmer bewerten eines der anderen Kriterien höher. Die Bemerkung eines Distichefs («Solange ich beim Preis schlecht, aber überall sonst gut bewertet werde, bin ich zufrieden.») macht also Sinn.
Herstellervertreter mit schlechtem Image
Im Vergleich der Kategorien stiegen dieses Jahr die Noten der Komponenten- und Peripheriedistributoren dieses Jahr am stärksten und vor allem in allen Kategorien ausser dem Preisniveau. Am höchsten bewertet werden aber immer noch die Broadliner (Durchschnittsnote 7,4) gefolgt von Komponenten-/Peripheriedistis (7,36) und der Kategorie der VADs, SW-Distis und Spezialisten.
Diese werden aber, wie es auch sein sollte, beim Kriterium «Technischer Service» deutlich am höchsten bewertet. Die Broadliner haben dafür bei der Logistik einen recht deutlichen Vorsprung.
Die niedrigsten Durchschnittsnoten in allen Kriterien erreichen die Herstellervertreter, besonders eklatant ist der Rückstand bei «Verkauf», «Logistik» und «Preisniveau».
Eine der Hauptaufgaben eines Herstellervertreters ist es, für seine Lieferanten eine gute Marktsstellung herauszuarbeiten und dafür auch einen guten Teil seiner Ressourcen einzusetzen. Für Reseller wirkt sich das aber nicht unbedingt als positiv aus, wie einer der schärfsten Kommentare zeigt: «(Sie) nutzen ihre Marktstellung total aus! Sehr unfaire Sache!» (hjm)
Der IT Reseller Disti-Award
Das Konzept des Disti-Awards ist die Bewertung der Leistungen der Distributoren durch ihre Kunden, die Reseller.
Die Teilnehmer des Disti-Awards 2003 wurden wie in den letzen Jahren aufgefordert, ihren Distributoren für jede der folgenden fünf Kategorien je eine Note von eins (sehr schlecht) bis zehn (sehr gut) zu geben.
Verkauf: z.B. Erreichbarkeit, schnelle Auskünfte, Freundlichkeit, Kompetenz der Mitarbeiter, Information (Aktionen/Produkte), E-Commerce-Fähigkeiten, Website, persönliche Beziehung.
Logistik: z.B. Angebot, Sortimentsumfang, Lieferbarkeit/Lager, Termintreue, korrekte Lieferung (wenig Fehler), RMA-Abwicklung, Logistik-Services (Lieferung im Auftrag an Endkunden).
Preisniveau: Preise im Vergleich mit der Konkurrenz, konsequente Preispolitik (gleich für alle), Boni, Rabatte, Incentives, Finanzierungshilfe, Kreditlinie, Mindestbestellmenge, Mindestumsätze.
Technischer Service: Konfigurieren/Built-to-Order, Ersatzteillieferungen, Abwicklung von Garantiefällen, Schulungen, technischer Support.
Handelstreue, Leads: Handelstreue, kein Direktverkauf, Leadgenerierung/
Weitergabe.