Distribution ist ein seltsames Geschäft. Man dreht gewaltige Umsätze bei gleichzeitig winzigen Umsatzmargen und hohem Risiko, da ein Disti gleich nach zwei Seiten (Hersteller und Reseller) die Bank zu spielen hat. Die kleinste "Baustelle" - eine verlustreiche Länderniederlassung oder etwa ein grosser Kunde, der crasht - kann gleich einen ganzen Jahresgewinn auffressen. Toben harte Preiskämpfe, gibt es Währungsverluste oder stimmt die Konjunktur nicht (meistens kommen alle drei Faktoren gleichzeitig), kommt ein Disti in die Situation des Hasen und des Igels. Der Igel namens "Verlust" ist immer schon da, bevor der Hase "Stellenabbau" eintrifft.
Doch wenn für einmal alles stimmt, sprich die Nachfrage steigt und die Logistik wie am Schnürchen läuft, können sich auch grosse Skaleneffekte einstellen. Man "dreht" höhere Umsätze ohne dass die Kosten im gleichen Mass steigen würden. Die Marge steigt überproportional.
In dieser Situation befindet sich zur Zeit
Ingram Micro, der weltweit grösste Distributor. Der Gewinn des Mega-Distis, der in den letzten Jahren hart restrukturiert wurde, steigt schneller als der Umsatz. Im ersten Quartal 2004 drehte der Disti 6,28 Milliarden Dollar (+ 15 % im Vergleich zum Q1/03). Der Gewinn stieg hingegen um 62 % auf 37,6 Millionen Dollar. Die Bruttomarge erreichte mit 5,44 % den höchsten Wert seit fünf Jahren.
Ingram Micro wird versuchen, den Schwung auszunützen. Konkret: Logistik-Dienste sollen (ganz im Sinn von
HP & Co.) an riesigen, zentralen Standorten zusammengefasst werden, während die einzelnen Niederlassung nur noch als Verkaufsstellen fungieren. So geschehen mit Ingram Österreich (Logistik zentral in Straubing bei München, Bild) oder Ingram Skandinavien (zentrales Lager in Dänemark). (hc)