OVH Cloud startet mit Local Zones auch in der Schweiz
Quelle: OVH Cloud

OVH Cloud startet mit Local Zones auch in der Schweiz

Auf Basis der Edge-Technologie von Gridscale formt OVH Cloud sogenannte Local Zones, über die der Cloud-Provider seine Services in neue Märkte trägt – auch in die Schweiz.
6. März 2024

     

OVH Cloud befindet sich auf Wachstumskurs – und das auch ausserhalb Frankreichs. Zwar machte der Heimatmarkt des Cloud-Providers im Geschäftsjahr 2023 immer noch rund die Hälfte des Gesamtumsatzes aus. Der Rest Europas, darunter vornehmlich Deutschland und Osteuropa, konnten allerdings (auf kleinerer Basis) schneller wachsen. Zudem erreichten auch die nicht-europäischen Regionen ein zweistelliges Plus. Sprich: Das 1999 als OVH gegründete und 20 Jahre später zu OVH Cloud umfirmierte Unternehmen ist auf Expansion ausgerichtet. Neue Märkte sollen erschlossen werden, und das zügig. Doch für das französische Unternehmen gibt es dabei eine entscheidende Hürde: Im Public-Cloud-Umfeld ist die Belieferung weiterer Regionen meist an die Errichtung weiterer lokaler Rechenzentren gebunden. Das ist nicht nur teuer, sondern auch zeitaufwendig und bindet enorme Ressourcen, bevor überhaupt eine Kundenbasis besteht.


Dabei verfügt OVH Cloud bereits über 40 Rechenzentren auf vier Kontinenten. Eine im Wettbewerbsvergleich durchaus beachtliche Ausgangsbasis. Doch eine schnelle Expansion würde weitere Investitionen erfordern. An diesem Punkt kommt die im vergangenen Jahr getätigte Übernahme des deutschen Software-Anbieters Gridscale und seiner Edge-Technologie zum Tragen. Auf dieser Grundlage hat OVH Cloud damit begonnen, sogenannte Local Zones zu errichten, also regionale Edge-Standorte, die es erlauben, Services auch dort gezielt anzubieten, wo noch kein eigenes Rechenzentrum steht. 150 Local Zones sollen es bis 2026 sein, 18 allein in den kommenden Monaten. Madrid und Brüssel sind Anfang Februar gestartet, Ende Mai soll Zürich folgen. "Der Vorteil ist, dass ich jetzt nicht mehr schränkeweise IT mitbringen muss, sondern nur einen oder zwei Server, auf denen die Gridscale-Software läuft", erklärt Falk Weinreich, General Manager Central Europe bei OVH Cloud. Die Local Zones erlauben es, einen Teil des Services-Portfolios schnell, unkompliziert und ressourcenschonend in weitere Märkte zu bringen.

Ein Meilenstein

Zwar betreut OVH Cloud bereits Schweizer Kunden. Das aber aus den Rechenzentren in Deutschland oder Frankreich. Mit dem aktiven Markteintritt geht jedoch eine bedeutende Änderung einher: lokale Datenhaltung. Eine oft wichtige Anforderung für Schweizer Unternehmen. "Das verstehen wir und jetzt können wir den Kunden das auch anbieten", unterstreicht der General Manager. Aber nicht nur die Lokalität der Daten ist ein Pluspunkt, auch die Latenz spielt eine wichtige Rolle – vor allem für Szenarien, in denen (nahezu) Echtzeitverarbeitung gefordert wird. Hier kann die Distanz zwischen Zürich und Frankfurt einen gravierenden Unterschied machen.
Zürich soll allerdings nur der erste Schritt sein. Auch für die Romandie plant OVH Cloud eine eigene Local Zone, voraussichtlich in Genf oder in Lausanne. Das soll nicht nur eine abermals bessere Abdeckung in der Fläche sicherstellen, sondern zudem redundante Standortkonzepte und somit mehr Sicherheit ermöglichen. Weinreich zeigt sich schon jetzt begeistert über das Potenzial des Edge-Modells auf Basis der Gridscale-Technologie: Denn den Wunsch, auch physisch in die Schweiz zu gehen, den habe es bereits gegeben, seitdem der Manager im Unternehmen ist. "Mit der Akquisition von Gridscale, deren Kompetenz und den Software-Setup konnten wir das jetzt schaffen." Weinreich spricht von einem Meilenstein für den Cloud-Provider.

"Abgespeckte Variante"


Das komplette Public-Cloud-Portfolio lässt sich über die Edge-Standorte jedoch nicht abbilden. Dafür sind die lokalen Kapazitäten zu gering. Weinreich spricht daher von einer "abgespeckten Variante" des OVH Cloud-Angebotes. Zum Start werden Compute-, Storage- und Network-Dienste im Fokus stehen. Managed Kubernetes soll in den kommenden Monaten folgen, ­anschliessend auch PaaS-Services. Zu einer vollwertigen Alternative zu den grossen Cloud-­Standorten des Anbieters entwickeln sich die Local Zones aber auch künftig nicht. Und das sollen sie auch nicht. Stattdessen will OVH Cloud über die Local Zones Public-Cloud-Basisdienste vor allem möglichst hürdenlos auch regional verfügbar machen – sie sollen Pionierarbeit leisten. Denn folgt auf den Markteintritt der grosse Kundenansturm, stellt Weinreich in Aussicht, dass der Provider anschliessend mit einem dedizierten Rechenzentrum vor Ort nachziehen könnte. "Wir sind da komplett offen und opportunistisch", so der General Manager. Man habe mit dem Local-Zones-Modell die Zeit, einen Markt auf- und auszubauen, das Projekt planerisch anzugehen und ab einem bestimmten Punkt zu sagen, dass man in das klassische Modell wechsle. Auch, weil man dann ganz organisch an Kapazitätsgrenzen stosse. "Aber davon sind wir noch ein bisschen entfernt, wir fangen ja gerade erst an."

Doch auch der Schweizer Markt ist kein unbeschriebenes Cloud-Blatt, ganz im Gegenteil. AWS, Microsoft Azure, Google Cloud – die US-Hyperscaler sind teils seit Jahren mit eigenen Rechenzentren vor Ort und bleiben für den französischen Herausforderer die grössten Wettbewerber. Doch Falk Weinreich zeigt sich selbstbewusst. Immerhin könne OVH Cloud mit Stolz behaupten, dass man die grösste europäische Alternative sei, auch mit Blick auf das umfassende Services-Portfolio und die Skalierbarkeit dieser Dienste, einen wichtigen Faktor für Unternehmen mit internationaler Kundenstruktur. "Wir haben einen globalen Vorteil dadurch, dass wir wirklich überall auf der Welt vertreten sind", unterstreicht Weinreich. "Und da glauben wir schon, dass wir für einen sehr interessanten Marktauftritt sorgen werden."

Nicht zuletzt spielt OVH Cloud vor allem in Abgrenzung zu US-amerikanischen, aber auch zu chinesischen Anbietern das Thema Datensouveränität in die Hände. Denn gerade vor dem aktuellen Hintergrund globaler Krisen steht die Bedeutung einer lokalen Infrastruktur und Datenverarbeitung wieder mehr denn je im Fokus. Einen Beitrag hat dazu auch der europäische Ökosystem-Vorstoss Gaia-X geleistet, wenn auch nur indirekt. Denn laut Weinreich gibt es zu dessen Erfolg mehr negative als positive Meinungen im Markt. Gleichzeitig habe Gaia-X aber durchaus für Diskussionen gesorgt, Unternehmen wachgerüttelt und die Mündigkeit unter anderem in Hinblick auf rechtliche Vorgaben erhöht. Zudem seien viele US-amerikanische Anbieter mit eigenen "angeblich souveränen Offerings" gestartet. Doch diese agieren nach wie vor teils in einer datenschutzrechtlichen Grauzone. Immerhin hat der Gesetzgeber weiterhin die Möglichkeit, Daten im Ernstfall auszulesen, wie der General Manager unterstreicht. "Aber der Kunde weiss mittlerweile genau, was er für souverän und was er für nicht souverän hält. Die Skepsis ist gestiegen – und damit auch das Interesse an Alternativen."

Start in mehreren Phasen

Mit dem Start in der Schweiz und anderen Märkten will OVH Cloud diesem Interesse begegnen. Der erste Schritt ist dabei der Aufbau der Infrastruktur, der Local Zone, die Vernetzung mit dem Backbone sowie die Gründung einer lokalen Legal Entity. In der zweiten Phase könnte dann in absehbarer Zeit auch eine Commercial Entity entstehen, also ein Team vor Ort, das sich um Vertrieb sowie Betreuung kümmert. Ein dritter möglicher Schritt ist anschliessend der bereits erwähnte Aufbau eigener Schweizer Rechenzentren. "Das wird aber der Markt entscheiden. Und wir müssen darauf reagieren. Wir müssen flexibel bleiben und nicht starr", erklärt Weinreich. OVH Cloud habe sich ganz bewusst für diesen Ansatz entschieden: Kleinteilig, dafür schnell und anpassungsfähig.

Eine wichtige Rolle kommt zudem den Partnern zu. Sie sind laut dem Manager ein wesentlicher Bestandteil der Go-to-Market-Strategie. "Ich brauche die Partner nicht unbedingt für die direkte ­Ansprache über die Website." Hier bedient der Anbieter bereits eine grosse Kundengruppe direkt, die sich genau diesen Self-Service wünscht, ohne in Kontakt mit dem Vertrieb treten zu müssen. Anders ist das jedoch bei grösseren Unternehmen und komplexeren Unterfangen. "Es gibt Kunden, die wollen ein bisschen mehr an die Hand genommen werden, oder sie brauchen Hilfe bei der Migration, weil sie noch nicht wissen, was sie auf dem Weg von On-Prem in die Cloud erwartet." In diesen Fällen ist es laut Weinreich unerlässlich, mit Partnern für Migration, Integration, Transformation und grundsätzliche Cloud-Strategien zusammenzuarbeiten. "Da gibt es ja Experten im Markt, die das machen – und wir sind es nicht."


Aktuell arbeitet OVH Cloud bereits mit verschiedenen global agierenden Partnern zusammen, darunter Grössen wie beispielsweise Sopra Steria und Bechtle. Mit diesen will der Cloud-Provider auch in der Schweiz starten. Das bietet sich laut Weinreich an, immerhin sind es oftmals identische Ansprechpartner für die gesamte DACH-Region. Gleichzeitig sollen aber auch regionale Schweizer Partner hinzukommen. Der Anbieter will in den kommenden Monaten aktiv Gespräche suchen und ein Netzwerk aufbauen – zeigt sich aber auch offen für entsprechende Anfragen. Wie gross der Schweizer Channel letztlich werden soll, das lasse sich laut Weinreich aktuell hingegen nur schwer quantifizieren. Dafür sei es zu früh, noch würden Erfahrungswerte fehlen. Zudem will OHV Cloud eruieren, ob für die Local Zones gegebenenfalls ein dediziertes Partnerprogramm benötigt werde – auch wenn es derzeit nicht danach aussieht, wie der OVH-Manager berichtet. Ganz unabhängig von der genauen Umsetzung der kommenden Monate und Jahre ist er aber davon überzeugt: "Ich bin mir ganz sicher, dass es da interessante Zukunftsperspektiven für beide Seiten geben wird."

Der europäische Cloud-Herausforderer

OVH Cloud ist ein Cloud-Provider und Hosting-Anbieter mit Sitz im französischen Roubaix. 1999 als OVH gegründet, firmiert das Unternehmen seit 2019 unter neuem Namen, um die heutige primäre Ausrichtung auf Private- und Public-Cloud-Services zu unterstreichen. Mittlerweile betreibt das Unternehmen über 450’000 Server in 40 Rechenzentren auf vier Kontinenten und bedient 1,6 Millionen Kunden in 140 Ländern. Die jetzt angekündigten Local Zones und Edge-Standorte sollen die Präsenz in verschiedenen Fokusmärkten stärken. Anfang Februar hat der Provider die ersten beiden Local Zones in Madrid und Brüssel eröffnet, Zürich soll Ende Mai folgen.
Mit seinem Cloud-Portfolio konkurriert OVH Cloud direkt gegen die US-Hyperscaler AWS, Microsoft und Google – und will sich hier nicht zuletzt als europäische Alternative mit dem Thema Datensouveränität behaupten.


Im Geschäftsjahr 2023 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 897 Millionen Euro, was einem Plus von 13,4 Prozent entspricht. Den Löwenanteil steuerte nach wie vor das Private-Cloud-Geschäft mit 560 Millionen Euro (+15,5%) bei. Mit plus 22,4 Prozent legte der Public-Cloud-Bereich (154,6 Millionen Euro) jedoch schneller zu. Für das laufende Jahr erwartet man ein nochmals höheres Wachstum.


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