«Ein Partner kann es sich nicht mehr erlauben, alles zu machen»
Quelle: SITM

«Ein Partner kann es sich nicht mehr erlauben, alles zu machen»

Der Markt und somit auch der Channel befinden sich im Wandel, ausgelöst unter anderem durch das Aufkommen von Cloud Computing und dem Trend zu Services. «Swiss IT Reseller» diskutiert mit HP-Partnern anlässlich eines Roundtables, wie sich der Umbruch auf den Channel auswirkt, wie die Zukunft aussieht und welche Bedeutung Spezialisierungen zukommt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2012/01

     

Swiss IT Reseller: Das transaktionelle (Hardware-)Geschäft wird für den Channel immer härter. Die Margen sind gering, und der Channel ist unter Druck. Zudem ändert sich die Struktur der Branche unter anderem mit dem Aufkommen des Cloud-Paradigmas und dem Trend zu Services. Herr Polzin, wie reagiert Brack als HP-Hardware-Partner auf diese Transformation?
Malte Polzin, Brack:
Wir halten strikt an dem fest, was wir bisher gemacht haben. Zudem investieren wir in Logistik-Kapazitäten sowie in E-Commerce-Prozesse, um die Bestellabläufe für den Kunden effizienter und einfacher zu gestalten. Des weiteren investieren wir auch in die Ausbildung von Beratungsleistungen. Was bei uns hingegen keine Rolle spielt, ist das Thema Dienstleistung. Wir verstehen etwas von Online-Handel und Box-Moving, und darauf wollen wir uns auch weiterhin konzentrieren.

Sie haben keine Pläne, in das Service-Geschäft einzusteigen?
Polzin, Brack:
Genau. Was wir allerdings durchaus in Erwägung ziehen, ist die Zusammenarbeit mit Dienstleistungs-Anbietern. Diese würden für unsere Kunden den gewünschten Service erbringen, während wir Logistik und E-Commerce liefern.


Und wie rüsten sich die anderen HP-Partner für die sich verändernden Marktbedingungen?
Walter Keller, Lake Solutions:
Wir haben bereits früh mit Dienstleistungen – also der Umsetzung von Managed Services – begonnen. Heute haben wir viele Mandate im Bereich Data Management, der Archivlösungen und Storage umfasst, und können die Kunden begleiten und beraten. Mit Lake Services zielen wir nun auch auf die Cloud. Wir liefern den Kunden entsprechende Konzepte. Dabei hat sich gezeigt, dass das klassische Schweizer KMU nicht ganzheitlich in die Cloud gehen will. Vielmehr sind Teilauslagerungen gefragt. Bei grösseren Mandaten arbeiten wir dazu mit der HP-Cloud zusammen.
Sie sind ja als eher kleineres Unternehmen im Vergleich zu Bechtle eingeschränkt bei der Masse an Services, die Sie anbieten können. Sind Sie daher stärker auf Zusammenarbeit mit HP angewiesen?
Keller, Lake Solutions:
Absolut. Kunden bis zu einer gewissen Grösse können wir unsere eigene Cloud anbieten. Dabei handelt es sich meist um Backup und Infrastructure as a Service (IaaS) bei kleinen und mittleren Unternehmen. Bei grösseren Umgebungen suchen wir hingegen die Zusammenarbeit mit HP. Wichtig ist uns aber dabei, dass unser Consulting-Team das Beratungsmandat konsequent umsetzen kann.

Wie sieht es bei Anyweb aus?
Boris Morosoli, Anyweb:
Wir sehen die Cloud als eine Umetikettierung der bestehenden Bedürfnisse. Die IT bietet dem Business Services an. Die Cloud ist eine neue Spielart, um diese Dienstleistungen zu offerieren. Für uns im Management-Bereich ist die Cloud wichtig. Denn mit der Wolke verschwindet für den Kunden zwar ein Teil der Infrastruktur, aber das Management dahinter muss trotzdem gewähr­leistet werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Kunde dieses Management selber macht, indem wir ihm ein Dashboard zur Verfügung stellen, oder ob wir das für ihn erledigen. Dabei haben wir uns auf grössere Firmen und Behörden als Kunden spezialisiert. Für den KMU-Bereich sind die Lösungen etwas zu gross.


Und wo steht Bechtle?
Albert Müller, Bechtle Regensdorf:
Wir positionieren uns als Beratungs- und Engineering-Unternehmen und legen den Schwerpunkt auf Projektarbeit in der Deutschschweiz. Dabei bietet Bechtle keine eigenen Cloud-Services an, weshalb wir in diesem Bereich mit HP zusammenarbeiten. Wir setzen in unseren Projekten das HP-Portfolio ein, zum Beispiel im Private-Cloud-Bereich. Wenn also unsere Kunden im Services-Segment Zusatzleistungen beziehen wollen, arbeiten wir mit HP eng zusammen.

Bechtle ist einer der ersten Cloud-Partner von HP in der Schweiz. Wieso haben Sie sich dazu entschieden, und was erhoffen Sie sich davon?
Müller, Bechtle:
Dabei geht es uns in erster Linie um die Technologie und noch nicht um die Dienstleistungen. Wenn Kunden zusätzliche Leistungen und Services fordern, bieten wir diese von HP an. Unsere Spezialisierung geht in Richtung Beratung und Engineering, da investieren wir und positionieren uns entsprechend. Von daher hat die Zertifizierung zum Cloud-Partner von HP gut in unsere Strategie gepasst.

Und was erhoffen Sie sich umsatzmässig davon?
Müller, Bechtle:
Unsere Umsatzstärke basiert heute zu einem grossen Teil auf Produkten. Allerdings hat Umsatzstärke noch nichts mit Wertschöpfung zu tun. Und im Enterprise-Bereich sinken bei den Produkten sowohl Umsatz als auch Deckungsbeitrag. Wir erhoffen uns daher ein Wachstum im Dienstleistungsbereich. Unsere mittelfristige Strategie ist es, die Wertschöpfung in diese Richtung zu verlagern.


Wie schätzen die anderen Partner die Situation ein? Ist es ein Ziel, HP-Cloud-Partner zu werden, oder welche anderen Spezialisierungen und Zertifizierungen streben Sie an, um die Wertschöpfung wieder zu steigern?
Keller, Lake Solutions:
Wir werden vor allem im oberen Segment die Zusammenarbeit mit HP suchen. Für uns ist aber auch wichtig, dass wir nebst den Beratungsmandaten auch unsere eigene Cloud anbieten können. Wir wollen im mittleren Segment mit der Cloud weitere Geschäfte generieren und den Umsatz steigern.

Wie sieht die Cloud-Strategie von HP aus?
Marcel Borgo, HP:
Unsere Strategie im Cloud-Bereich bietet den Partnern drei Möglichkeiten. Zum ersten bieten wir aus unseren Cloud Service Centers eigene Cloud Services an, die der Partner anreichern und beim Kunden wiederverkaufen kann. Zweitens kann der Partner eigene Cloud Service Centers aufbauen und die Services seinen Kunden anbieten – hier stellen wir Partnern Blueprints und die beste Cloud-Infrastruktur der Branche zur Verfügung. Und drittens beraten unsere Partner ihre Kunden beim Aufbau von Private Clouds, übernehmen die Projektleitung und Implementation und unterstützen allenfalls beim Betrieb. Und auch hier kommt typischerweise Infrastruktur von HP zum Einsatz. HP gewinnt in allen drei Varianten.

HP bietet zum einen selber Cloud-Services an und macht gleichzeitig seine Partner mit Projekten wie dem Cloud Center of Excellence Cloud-ready. Wie gross ist da die Gefahr, dass der Partner auf den Geschmack kommt und nicht mehr auf HP setzt, sondern eine eigene Cloud aufbaut? Das kann ja nicht das Ziel sein von HP.
Borgo, HP:
Doch, das ist absolut das Ziel von HP. Ein Unternehmen wie Lake soll sich ein eigenes Cloud Center aufbauen, wenn es wirtschaftlich Sinn macht. Uns freut es aber natürlich, wenn das Cloud Center und die Angebote auf HP-Technologie basieren.


Dabei sprechen Sie jetzt aber eher von Partnern, die KMU angehen?
Borgo, HP:
Nein, absolut nicht.

Ist es nicht so, dass HP die grossen Unternehmen immer noch gerne selber beliefert?
Borgo, HP:
Das ist eine Fehlinterpretation. Grundsätzlich hat der Kunde die Wahl, was und bei wem er kaufen will. Es gibt durchaus Kunden, die den Kontakt zum Hersteller suchen, etwa weil sie international aufgestellt sind. Auf der anderen Seite gibt es Kunden, die gerne mit Partnern zusammenarbeiten. Und im Finanzbereich haben wir zum Beispiel einen sehr grossen Kunden, den wir zusammen mit Partnern betreuen. Was wir aber sicher machen, ist den Kontakt mit dem Endkunden zu suchen. Das heisst aber nicht, dass wir diesen Kunden direkt beliefern. Dort wo es Sinn macht, arbeiten wir mit Partnern zusammen. Am Schluss ist es eine Frage der Wertschöpfung.

Teilen Sie als Partner die Einschätzung von Herrn Borgo?
Müller, Bechtle:
Der Kunde sagt, was er will. Ein grosser Kunde hat tendenziell mehr Vertrauen in einen grossen Utility-Provider. Aber es gibt natürlich schon eine Zäsur im Markt: Während der Midmarket eher bei einem kleinen Cloud-Provider einkauft, orientieren sich die Grossen am Hersteller. Zudem ist es heute noch so, dass im Cloud- oder Service-Bereich das Vertrauen in einen valablen Partner höher bewertet wird, als der tiefste Preis.


Morosoli, Anyweb: Ich kann bestätigen, was Herr Borgo gesagt hat. Allerdings ist dies keine Cloud-spezifische Angelegenheit. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man am erfolgreichsten ist, wenn man zusammen zum Kunden geht. Denn es gibt ja verschiedene Rollen. Da ist zum einen der Hersteller, der die Verantwortung für das Produkt übernimmt, und zum anderen der Partner, der die Kundennähe herstellt und Übersetzungsarbeit leistet.

Borgo, HP: Es ist unsere Philosophie, komplementär zu unseren Partnern zu agieren und nicht in Konkurrenz. Lake, Bechtle und Anyweb verfügen im Dienstleistungsbereich über eine Kompetenz, die HP nicht hat. Wir sind also auf Partner angewiesen. Wir haben eine gute Technologie, den Architekten dazu liefert dann aber der Partner.

Zertifizierungen und Spezialisierungen sind wichtig, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Welche Bereiche sind hier besonders gefragt?
Müller, Bechtle: Wir konzentrieren uns bezüglich Zertifizierungen und Spezialisierungen auf die Cloud-Architekturen. Als Projekthaus investieren wir schon heute in diesen Bereich, auch wenn wir wissen, dass die grossen Geschäfte erst in zwei bis drei Jahren kommen.


Woher nehmen Sie das Geld für diese Investitionen?
Müller, Bechtle:
Wir finanzieren alles aus dem laufenden Geschäft.
Wie sieht es bezüglich Zertifizierungen bei Anyweb aus?
Morosoli, Anyweb:
Wir leben von den Zertifizierungen und Spezialisierungen. Sie sind ein Ausweis für unser Können. Wir gehen dort hin, wo der Kunde hingeht – einfach immer einen Schritt vor ihm. Wichtig ist es dabei, das Geschäft des Kunden zu verstehen und ihm die passende Lösung anzubieten. Hat ein Partner diese Fähigkeit, kann er aus dem Technologieschatten hervortreten und die Business-Bedürfnisse des Kunden umsetzen. Dort ist man aktuell noch nicht, aber der Weg führt zwangsweise dahin – vor allem in Sachen Cloud, Services, und Service Level.

Polzin, Brack: Ich stimme Herrn Morosoli zu. Auch für uns ist es wichtig, zu verstehen, welche Bedürfnisse der Kunde hat. Wir müssen insofern Beratungsleistungen erbringen, als dass wir dem Kunden die richtige Hardware für die Cloud beschaffen. Man muss aber auch seine eigenen Grenzen kennen und wissen, wann dem Kunden ein anderer Partner mehr bringt, weil man mit dem, was man anbietet, nicht weiterkommt. Bei uns tritt dieser Fall ein, wenn es zu individuell wird und wir mit dem, was wir ab der Stange liefern, nicht weiterkommen.


Borgo, HP: Nehmen wir ein Thin-Client-Geschäft als Beispiel. Bevor er den Thin Client kauft, will der Kunde vieles wissen und zwar nicht nur bezüglich Hardware-Spezifikationen. Deshalb braucht es bei Brack jemanden, der etwas davon versteht. Also muss sich auch Brack Kompetenzen erarbeiten, und Zertifizierungen erlangen. Denn nur wenn er dem Kunden das richtige Gerät verkauft, kauft dieser in Zukunft wieder bei Brack ein.

Ulrich Weber, HP: Zertifizierungen sind bei Offerten ein wichtiges Selektionskriterium, wie meine Erfahrung aus dem operativen Geschäft zeigt. In der Ausschreibung wird immer häufiger konkret nach den Spezialisierungen gefragt, denn sie sind für den Kunden ein Erkennungsmerkmal für das Können des Partners. Unsere Partner haben das verstanden: Zertifizierungen bedeuten Aufwand für sie. Sie schützen aber gleichzeitig das Business-Modell, weil sie eine Eintrittshürde gegen nicht-qualifizierte Mitbewerber darstellen, die rein über den Preis zum Erfolg kommen wollen.

Wie sieht die Unterstützung von Seiten HP bezüglich der Zertifizierungen aus? Und was würden Sie sich von HP im Channel generell noch wünschen?
Weber, HP:
Wir arbeiten bei der Zertifizierung eng mit den Partnern zusammen. Dabei schauen wir die bestehenden Zertifizierungen an und analysieren, welche noch fehlen. Darauf können die Partner dann aufbauen.

Morosoli, Anyweb: Die Herausforderung bei den Zertifizierungen und Spezialisierungen ist manchmal die Geschwindigkeit. Wir merken, dass der Kunde schneller ist als früher. Und wir müssen immer einen Schritt voraus sein, um ihm etwas bieten zu können. Für Hersteller wie HP stellt sich also die Herausforderung, das Wissen aus dem Labor möglichst schnell auf die Strasse zu den Partnern zu bringen. Ein normales Schulungsprogramm wäre hier zu langsam.


Müller, Bechtle: Ich denke auch, dass der Kunde professioneller geworden ist und grössere Ansprüche stellt. In einem guten Partnermodell gibt es verschiedene Spielvarianten. Wenn der Partner klein bleibt, muss er sich spezialisieren und kann nicht mehr alles machen. Die Professionalität bei einzelnen Themen ist entscheidend. Die Erwartung ist, dass HP diese Spezialisierungen innerhalb des Partnermodells entsprechend wertet und abbildet. Dies ist heute schon der Fall, und wir identifizieren uns damit.

Keller, Lake Solutions: Man muss sicher investieren, um die verschiedenen Zertifizierungs-Level zu erreichen. Aber dieser Prozess darf ja nicht zu einfach sein, weil wir uns über diese Zertifizierungen unterscheiden wollen.

Borgo, HP: Der Kunde muss im Vordergrund stehen. Er will Projekte in einer gewissen Qualität und Zeit sowie zu einem gewissen Preis. Die Zertifizierungen und Spezialisierungen stellen das sicher. Denn am Schluss stehen beide Label auf dem Spiel: Die Hard- oder Software ist mit HP angeschrieben, und der Partner hat sie implementiert.

Polzin, Brack: Für uns bei Brack ist die Beratung von HP darüber, was für uns bezüglich Zertifizierungen mittel- und langfristig Sinn macht, gut. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir Zertifizierungen haben, die bloss nice to have sind. Es ist ein gutes Gefühl, dass man nicht in eine falsche Richtung geht, nur weil gerade ein Modebegriff angesagt ist.


Wo könnte HP seinen Partnern bei der Transformation des Geschäfts abgesehen von den Zertifizierungen noch mehr oder zusätzlich Unterstützung bieten?
Müller, Bechtle:
Das ist ein schwieriges Thema. Die Transformation geht am Markt vor sich, auch ohne uns Partner und HP. Ich denke, HP hat den Wandel gut verstanden und unterstützt uns richtig.

Borgo, HP: Dabei spielt das Innovations-Management eine wichtige Rolle. Ein Partner, der eine Zukunft haben will, muss für sich klären, wo er investiert und welche Zertifizierungen wichtig sind.


Morosoli, Anyweb: Man darf nicht in Panik geraten. Oft weiss man nicht, ob ein Thema bloss eine Modeerscheinung ist oder ob sich die IT-Welt wirklich in diese Richtung bewegt. HP hat es hierzulande im Software-Bereich geschafft, eine sich ergänzende Partnerlandschaft aufzustellen. Denn ein einzelner Partner ist nicht fähig, die gesamte Palette abzudecken. Wenn wir als Anyweb etwas nicht bieten können, dann bilden wir nicht gleich neue Experten aus. Denn der Kunde entscheidet sich vielleicht wenig später für etwas anderes, und wir haben die falschen Ressourcen. Vielmehr sage ich den Kunden in einer solchen Situation, bei welchem Partner er die gewünschte Leistung bekommt. In der Schweiz funktioniert dieses Vorgehen gut, es gibt aber auch andere Länder, wo man solche Angelegenheiten nicht so handhaben kann.

Weber, HP: Das hat vielleicht auch mit den ergänzenden Informationsflüssen zu tun, die wir in unserer Partnerlandschaft pflegen, sei das auf der Sales- oder auf der Techniker-Seite oder auf der Geschäftsleitungsebene. Wir veranstalten regelmässig Events, an welchen wir nach vorne schauen, die Bücher öffnen, Gespräche anregen und den Partnern mögliche Richtungen aufzeigen.

Borgo, HP: Dieses Community Building hilft uns, bei Fällen, wie sie Herr Morosoli beschrieben hat, als Broker zu wirken. Wir vermitteln zwischen den Partnern.

Morosoli, Anyweb: Und zum Teil wird es sogar im Kompensationsmodell berücksichtigt, wenn man einen Deal abgibt, ihn aber aufgegleist hat.
Borgo, HP: Dieser bewusste Verzicht hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt. Früher wollte jeder Partner alles machen.

Wie haben Sie diese Veränderung erreicht?
Borgo, HP:
Diese Veränderung wurde nicht von HP getrieben, sondern vielmehr vom Markt. Ein Partner kann es sich heute nicht mehr erlauben, alles zu machen, sondern braucht vielmehr einen Fokus. Wir decken mit unserer Partnerlandschaft die gesamte IT ab. Da findet man keinen Partner, der alles kann.

Weber, HP: Zudem ist es gefährlich, wenn man ein Projekt unbedingt umsetzen will und es dann in den Sand setzt. Denn dann verliert man den Kunden auch für weitere Projekte.


Polzin, Brack: Ich wünsche mir zwischen Dienstleistungs- und Handelspartnern eine gute Zusammenarbeit, in der jeder das tut, was er am besten kann. Die Orchestrierung, um die Partner zusammenzuführen, soll und kann HP gerne übernehmen.

Herr Polzin, wie hat Brack als HP-Hardware-Partner das Hin und Her bezüglich des PSG-Bereichs bei HP erlebt? Welche Auswirkungen waren spürbar?
Polzin, Brack:
Das Verhalten der Verantwortlichen hierzulande war vorbildlich. Kaum war die Nachricht draussen, hatten wir einen Termin mit dem Management. Hierbei wurde uns erklärt, wie die Situation aussieht und, dass die Betreuung weiter stattfindet. Untermauert wurden diese Aussagen durch offizielle Schreiben aus den USA. Deshalb haben wir weitergemacht wie bisher und konnten auch keine negativen Einschläge sehen.

Weber, HP: Das Ganze war für uns keine sehr angenehme Geschichte. Aber ich habe im Channel eine grosse Solidarität gespürt. Das hat uns vor einem grösseren Schaden bewahrt. Wir hatten einen minimen Knick, aber heute ist die Angelegenheit kein Thema mehr.


Haben die anderen Partner einen Reputa­tionsschaden gespürt?
Keller, Lake Solutions:
Es hat am Anfang sicher extreme Reaktionen gegeben. Da wir aber die meisten Kunden schon lange kennen und eine gewisse Nähe haben, konnten wir sie mit den entsprechenden Informationen wieder beruhigen.

Borgo, HP: Die Zusammenarbeit mit dem Channel ist uns hier sehr entgegengekommen. Wir haben neben den vielen kleinen Partnern rund 500 mittlere und grössere Partner hierzulande, und jeder dieser Partner hat bis zu fünf Sales-Leute. Somit haben rund 2500 Leute unsere Message verbreitet.


Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Müller, Bechtle:
Auf dem Weg zur Cloud wird in fünf Jahren jeder sein. Die Frage ist aber, wo die Cloud stehen wird. Das klassische Schweizer KMU wird seine IT nicht per se ausser Haus geben. Ich denke, es wird sowohl private und öffentliche Clouds sowie viele hybride, gemischte Modelle geben.

Morosoli, Anyweb: Im Software-Umfeld denke ich, dass Anwender-Programme oder Business-Applikationen wie CRM-Lösungen grösstenteils in der Cloud verschwinden werden. Ich erwarte aber, dass die Firmen Bereiche wie Management-Software oder Infrastruktur-Lösungen weiterhin selber im Griff haben wollen, auch wegen der Datenlagerung. In fünf Jahren wird vieles in der Cloud sein, aber nicht alles.

Keller, Lake Solutions: Ich denke, dass die Akzeptanz der Cloud zunehmen wird.


Macht in Zukunft ein Box-Mover wie Brack, der vieles über das Volumen und die Logistik macht, noch Sinn? Können diese überleben?
Borgo, HP:
Devices wird es immer geben. Man muss etwas haben, wo man die Informationen eingeben und aufnehmen kann.

Aber man verdient nichts mehr damit.
Borgo, HP:
Das glaube ich nicht. Jemand, der das Hardware-Geschäft effizient macht und darauf spezialisiert ist, inklusive Warenlager, für den ist das auch in Zukunft ein lukratives Geschäft. Skaleneffekte werden hier positiv zu Buche schlagen.


Müller, Bechtle: Was hier auch noch helfen wird, ist die Verschmelzung von privaten und geschäftlichen Endgeräten. Denn hierbei braucht es eine gewisse Logistik, die ein System- oder Projektpartner nicht gewährleisten kann.

Polzin, Brack: Für Brack ist es wichtig, sowohl Geschäfts- als auch Endkunden zu bedienen. Denn jeder Business-Kunde ist auch ein Endkunde und umgekehrt. Wer aber sowohl im B2B-Bereich als auch im Endkundenbereich ein möglichst langweiliges und anonymes Bestellsystem hat, der hat ein grundsätzliches Problem, denn er versteht den Kunden nicht. Es wird daher sicher in einigen Bereichen eine Konsolidierung geben. Und die Anforderungen werden hoch sein. Nur wer gewisse logistische Skaleneffekte nutzen kann, ist dabei. Für die reine Warenlieferung im kleineren Umfeld wird es schwierig. Kleine, reine Box-Mover müssen sich speziell positionieren, aber das ist schwierig, weil es da um Kosten und Effizienz sowie nötige Skaleneffekte geht.


Sie glauben also, dass bei den kleinen Box-Movern, die nicht eine gewisse Grösse haben, der eine oder andere noch verschwinden wird?
Polzin, Brack:
Das denke ich, ja.

Täuscht der Eindruck, oder hat Brack das Sortiment ausgedehnt? Bieten Sie heute Produkte online an, die früher nicht übers Web verkauft wurden?
Polzin, Brack:
Ja, das stimmt. Früher hiess es, dass niemand einen Fernseher online kauft, weil man das Bild des Geräts zuvor nicht gesehen hat. Das gleiche gilt für Workstations. Wir nehmen alles rein, was funktionieren könnte. Wenn wir merken, dass eine Kategorie nicht läuft, nehmen wir sie wieder raus. Über das Netz kann man heute die Vorzüge eines Produktes besser darstellen als vor einigen Jahren, zum Beispiel mit 360-Grad-Darstellung, Links und Bewertungen. Das Kommunikations- und Informationsverhalten verändert sich mit rasanter Geschwindigkeit. Dem müssen wir als Händler Rechnung tragen, sonst sind wir schnell weg.


Spielt Geschwindigkeit auch bei den anderen Partnern eine solch entscheidende Rolle?
Keller, Lake Solutions:
Absolut. Unsere Consultants müssen vorausschauen und die Zusatzkomponenten der Zukunft identifizieren. Danach erfolgen interne Tests im Labor, und schliesslich kommen die Zertifizierungen. So sind wir bereit, wenn der Kunde dann kommt und eine entsprechene Leistung will.

Welche Themen beschäftigen Sie als Partner auch noch?
Polzin, Brack:
Ein wichtiges Thema ist in unseren Augen, wie umweltfreundlich und nachhaltig ein Produkt ist. Daher mein Appell an HP: Es braucht produktseitig unbedingt Zertifikate. Da sind die Hersteller gefordert, damit ich als Händler mit gutem Gewissen das ökologischste Produkt verkaufen kann. Wir versuchen jetzt schon, den Kunden Geräte mit gewissen Umweltlabels anzubieten, aber es ist sehr anstrengend, weil es dazu intensive Diskus­sionen mit dem Hersteller braucht. Denn oftmals ist nicht klar, was es alles gibt und wie sehr man sich auf solche Auszeichnungen verlassen kann.

Firmen entdecken aber doch höchstens im Zusammenhang mit möglichen Einsparungen ihr grünes Gewissen.
Polzin, Brack:
Das ist doch ein schöner Nebeneffekt. Selbstverständlich erwarte ich von einem ökologisch sinnvollen Gerät, dass es in der Nutzung weniger Ressourcen verbraucht. Es gibt zunehmend Unternehmen und private Endkunden, die sich für ökologische Produkte interessieren, wenn auch durch den Spargedanken angetrieben.


Borgo, HP: Wir arbeiten mit der EU zusammen an einheitlichen Energie-Zertifikaten, ganz nach dem Vorbild der Kühlschrank-Zertifikate. Denn gerade bei Grosskunden sind fehlende entsprechende Zertifikate häufig ein Ausschlusskriterium bei Ausschreibungen. (abr)


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