Mehr als 10'000 Kunden aus 50 Ländern haben diese Woche den Weg zur 16. Microsoft-Kundenkonferenz Convergence nach Houston gefunden, um zu hören, wie es mit
Microsoft Dynamics weitergehen soll. Kirill Tatarinov, Microsoft-Dynamics-Gesamtverantwortlicher gab an der Eröffnungs-Keynote der Konferenz die Linie vor und weckte Erwartungen: "Wir wollen Anwendungen liefern, die einfach zu bedienen sind und deren Benutzung die Anwender lieben."
Dabei kann Microsoft sich dem Trend in die Cloud nicht verweigern und kündigt an, dass der für den Herbst erwartete neue Release der ERP-Lösung für mittelständische Unternehmen Dynamics NAV (ehemals Navision), genannt NAV 2013, auch On-Demand von Microsoft direkt bezogen werden kann. "Die meisten Anwender wollen gemischte Angebote haben: Einige Anwendungen in der Cloud, andere wie beispielsweise die Buchhaltung in On-Premise-Deployments", ist sich Tatarinov sicher. Und weiter: "Wir zwingen keinen Kunden in die Cloud." Laut Mike Ehrenberg, Cheftechnologe für Microsoft Dynamics, ist dabei die technologische Basis beider NAV-Angebote identisch. Dies gibt den Anwendern die Sicherheit, problemlos von einer On-Demand-Lösung auf die On-Premise-Version und umgekehrt zu wechseln.
Trotz Cloud via Partner
"Wir glauben nicht, dass durch die Cloud das Partnergeschäft am Ende ist", beruhigt Ehrenberg die Partner. "Die Endkunden sind glücklich mit ihren Partnern und wir werden unser Modell, wie wir mit Kunden interagieren, nicht ändern." Der direkte Kundenkontakt soll weiterhin bei den Partnern verbleiben, selbst wenn die Anwendung aus einem Microsoft-Rechenzentrum kommt. So werden beispielsweise die Updates für NAV 2013 nicht automatisch in die Version des Kunden eingespielt, sondern der Wechselzeitpunkt wird zwischen Kunden und Partner abgestimmt. So läuft es auch bei
Microsoft CRM Online. Dort gibt Microsoft ein Zeitfenster von einem Jahr vor, um den Wechsel auf die aktuellste Version vorzunehmen.
Für die Partner wird sich durch die verstärkte Zuwendung Microsofts zur Cloud allerdings einiges ändern, denn "Cloud demokratisiert IT Best Practices", wie es Ehrenberg ausdrückt. Partner müssen zunehmend ein Geschäftsprozesswissen aufbauen und sich zunehmend um eigene Lösungserweiterungen für die Cloud bemühen, um nicht austauschbar zu werden.
Druck auf die Partner steigt
Mit der aktuellen Version von Microsoft Dynamics AX (ehemals Axapta), der ERP-Lösung für grosse Unternehmen, fühlt sich Microsoft derweil fit genug, auch frontal
SAP anzugehen. "Wir wollen uns mit Dynamics AX im Grosskundengeschäft stärker engagieren und zusammen mit den Partnern auch in diesem Bereich Kunden gewinnen", gibt Christian Pedersen, weltweiter Dynamics-ERP-Verantwortlicher bei
Microsoft, die Richtung vor. Wie dieses Engagement aussehen kann, verrät Philipp Rüdiger, AX-Produktmanager: "Der Weg kann durchaus so aussehen, dass wir bestehende Anwendungen in einzelnen Bereichen wie beispielsweise Personalverwaltung oder Logistik ablösen, um den Kunden schnelle Erfolge bei der Einführung und entsprechende Einsparungen zu ermöglichen."
Insbesondere die sogenannten Global System Integrators wie
IBM und
Accenture sollen Microsoft helfen, einen Fuss in die Tür der Grossunternehmen zu bekommen. Doug Kennedy, Vice President Dynamics Partners bei
Microsoft, begründet die Zuwendung zu den großen Partnern: "Wenn wir im Grosskundenbereich erfolgreich sein wollen, müssen wir globale, ausgebildete Partner haben." Daran mangelt es aktuell und eher lose internationale Partner wie beispielsweise die Axpact World Alliance können nur bedingt die Herausforderung internationaler Projekte abfangen.
Veränderung für Partnerlandschaft
Die Zuwendung zu Grosskunden bedeutet eine grosse Veränderung in der Partnerlandschaft von
Microsoft. Die aktuell eher regional agierenden Dynamics-AX-Partner werden sich deutlich mehr anstrengen müssen, um auch weiterhin zum Microsoft Dynamics Inner Circle zu gehören. Bei Microsoft wird der Inner Circle als der Kreis der Microsoft Dynamics Partner gesehen, welcher die grösste strategische Bedeutung für die weitere Geschäftsentwicklung hat. "Wir mögen nicht alle unsere Kinder gleich", bringt Kennedy den Strategieschwenk Microsofts auf den Punkt. Microsofts Ziel ist es, hochspezialisierte Partner zu haben, damit der Kunde auf Anhieb den richtigen Partner finden kann.
Der Weg in die Cloud ist auch für Microsoft nicht mehr zu stoppen. Auch der nächste Release von Dynamics AX, der wohl 2013/2014 herausgebracht wird, bietet Microsoft als Cloud-Lösung an. Für den zukünftigen Erfolg ist es unerlässlich, dass Microsoft sein Partnernetzwerk Cloud-bereit macht und weiter ausbildet, um den Kunden bei geschäftskritischen Fragen und Prozessänderungen zu unterstützen. Die Kunden haben zunehmend die Wahl, wie sie ihre Lösung beziehen wollen: traditionell installiert, aus der Cloud oder als ein Mix aus den Modellen. Der Weg in die Cloud war auch für Microsoft nicht einfach, wie Tatarinov zugibt: "Wir haben 18 bis 24 Monate gebraucht, um unsere Entwicklungsabteilungen auf den neuen Kurs einzuschwören." Diese Zeit wird man den Partnern wohl lieber nicht vollständig einräumen wollen, denn das Geschäft in der Cloud ist schnelllebig.
Von Frank Naujoks, Director Research & Market Intelligence bei i2s.