Adobe hat Anfang Mai mit der Ankündigung für Aufsehen gesorgt, dass sein Flaggschiff-Produkt – die Creative Suite – sowie das Gros der Einzelanwendungen in Zukunft nur noch im Abonnement-Modell unter dem Namen Creative Cloud (CC) angeboten werden. Konkret bedeutet das, dass man Photoshop und Co. in Zukunft nicht mehr als Paketversion kaufen, sondern nur noch via Cloud beziehen kann. Die Ankündigung hat für einigen Aufruhr gesorgt, vor allem natürlich bei den Endanwendern. Auf Change.org wurde gar eine Petition gestartet, mit der Adobe dazu bewegt werden soll, den Wechsel auf die Abo-Pflicht rückgängig zu machen. Befürchtet werden höhere Kosten.
Doch nicht nur Endanwender bekunden Mühe ob der konsequenten Cloud-Strategie von
Adobe. Auch im Channel sorgt man sich, wie Hardy Köhler, Adobes Director Channel Sales Central & Eastern Europe, gegenüber «Swiss IT Reseller» bestätigt. «Ein lautes Schlucken an der einen oder anderen Stelle blieb natürlich nicht aus, vor allem in der Distribution», berichtet Köhler. Die Reseller allerdings würden inzwischen schon seit drei Jahren gute Erfahrungen mit dem Lizenzvertrieb machen, dafür habe man mit dem Partnerprogramm Adobe Partner Connection gesorgt. «Und auch jetzt gehen wir mit einem aggressiven Incentive-Modell zur Sache, und sorgen so dafür, dass sich der Abschiedsschmerz von den Boxen in Grenzen hält.»
Anders als teils zu lesen war, verabschiedet sich
Adobe auch nicht vollständig von den Box-Produkten. Produkte, die vor allem für den Retail und Etail wichtig sind, werden auch in Zukunft in der Box ausgeliefert. Als Beispiele nennt Köhler Photoshop Elements, Photoshop Lightroom oder Premiere Elements sowie die Editionen für Schüler und Studenten.
Gesucht: Die Stars der SzeneAktuell verkaufen in der Schweiz rund 70 Adobe-Partner die Creative Cloud aktiv, und knapp 100 Partner hätten ihre Zertifizierung abgeschlossen. Die Anzahl Reseller, die ausschliesslich Adobe-Software aus der Box verkaufen, lasse sich derweil an zwei Händen abzählen, erklärt der europäische Channel-Chef. «Die Partner, die exklusiv Boxen verkauft haben, findet man meistens im Retail- oder Education-Umfeld – und da ändert sich wie erwähnt nichts.» Man rechne durch die Umstellung auf das Abo-Modell zudem mit neuen Partnern. Köhler denkt hierbei an Partner, die schon heute im Abo-Geschäft tätig sind, «also die Stars der Microsoft-365-Szene oder die erfolgreichen Security-Händler.»
Den Ablauf beim Channel-Vertrieb der Creative-Cloud-Produkte, die über ein zweistufiges Distributionsmodell ausgeliefert werden, erklärt Köhler folgendermassen: «Logistisch läuft es so ab, dass der Reseller den Endkunden zu unserem neuen Lizenzprogramm einlädt. Sobald der Kunde die Einladung akzeptiert, kann er Creative-Cloud-Team-Lizenzen einzelnen Nutzern des Unternehmens zuordnen. Diese Zuordnung bekommt der Reseller entweder als Information über unser Management Tool, seine ‹Reseller-Konsole›, oder direkt als Bestellung vom Endkunden. Der Reseller hat dann maximal 30 Tage Zeit, um diese Lizenzen über die Distribution zu beziehen. Sobald die Bestellung bei uns eingeht, wird die installierte Version im Unternehmen als aktive Version geführt.» Die IT-Abteilung des Kunden kann allerdings auch über einen sogenannten Packager die Installation von einzelnen Produkten aus der Creative Cloud im Unternehmen kontrolliert durchführen oder natürlich durch den Reseller durchführen lassen, erklärt Köhler. «Eine weitere Servicedienstleistung, mit der sich der Reseller beim Kunden differenzieren kann.»
Beratung und Service
Ohnehin soll der Channel in Zukunft vor allem dank Beratung und Services Geld verdienen, und nicht einfach durch den Wiederverkauf von Lizenzen. Der Vertrieb der Creative Cloud sei durch den Wandel vom Kauf zur Miete durchaus beratungsintensiver als bisher bei der Creative Suite. Hinzu kämen ganz neue Servicedienstleistungen, wie zum Beispiel die Harmonisierung unterschiedlicher Mietmodelle, die Verwaltung der einzelnen Lizenzen in der Reseller-Konsole, die Erinnerung an Renewals oder die gemeinsame Rechungsstellung. «Wenn ein Reseller diesen Service nicht leistet, wird er tatsächlich auf Dauer den Adobe-Umsatz an jemanden verlieren, der es macht», ist Köhler sicher.
Betreuung und Beratung sollen denn auch der Grund sein, warum ein Kunde Adobe-Cloud-Produkte über einen Partner kauft, denn
Adobe bietet die Creative Cloud auch direkt an. «Der Anwender soll die Wahl haben, wo er seine Produkte beziehen möchte», begründet der Adobe-Mann. «Legt er Wert auf die Betreuung und Beratung durch einen Fachhändler, wird er über einen Partner kaufen. Jedoch muss hier der Fachhandel aktiv auf den Kunden zugehen, damit er sich entsprechend positionieren kann.»
Mehr Marge versprochen
Abschliessend verspricht Köhler seinen Partnern eine bessere Marge mit der Abo-Software. In Vergangenheit sei es so gewesen, dass
Adobe eine Deal-Registrierung erst bei einem Projektvolumen von rund 32'000 Franken mit einer Backend-Vergütung von 7 Prozent honorierte. «Heute zahlen wir schon bei einem kleineren Projekt von beispielsweise fünf Lizenzen der Team Cloud eine Backend-Vergütung von sage und schreibe 20 Prozent. Ab 20 Lizenzen sogar 30 Prozent», verspricht Köhler. In Franken ausgedrückt bedeute das, dass Adobe – wenn man vom aktuellen Promo-Preis für die Creative Cloud von gut 500 Franken pro Jahr ausgeht – schon ab 10'000 Franken (20 Lizenzen) eine Backend-Vergütung von 3000 Franken zusätzlich zur normalen Handelsspanne auszahlt. «Ich persönlich kenne keinen anderen Standard-Software-Hersteller, mit dem man in der Kombination von Handelsmarge und Backend-Marge auf einen vergleichsweise höheren
Deckungsbeitrag kommen kann», gibt Hardy Köhler zu Protokoll.
Office bleibt (vorerst) in der Box
Microsoft fühlte sich durch den Cloud-Vorstoss von
Adobe offenbar genötigt, via dem offziellen Office-Blog eine Stellungnahme zu dem Thema abzugeben. Wie Adobe sehe man auch bei Microsoft die Zukunft im Subscription-Software-as-a-Service-Modell. Die Vorteile für den Kunden seien gross. Im Gegensatz zu Adobe glaube man aber auch, dass der Wechsel von Box- zu Cloud-Software Zeit brauche. Deshalb werde Microsoft Office auch in absehbarer Zukunft optional im Paket verkaufen. Allerdings hätten sich seit dem Launch von Office 365 Home Premium im Januar ein Viertel der Office-Käufer für Office im Abo-Modell entschieden. «Vielleicht geht der Wandel also schneller als gedacht vonstatten», so Microsoft.
(mw)