Im Interview mit «Swiss IT Reseller» erhob Pitsch Kaufmann, Director Games beim Lachener Spielehändler Alcom, in der letzten Ausgabe heftige Vorwürfe gegen Ingram Micro und vor allem gegen Sony Computer Entertainment (SCE). Kaufmann warf Sony unter anderem vor, dass der Konsolen-Riese alle kleinen Händler in der Schweiz loswerden wolle und entsprechend Anfang April den kleineren Händlern den Vertriebsvertrag rund um Playstation-Produkte, also auch für Zubehör und Games, gekündigt habe. Begründet worden sei dies mit Umsatzzielen, die diese Händler nicht erreicht hätten. Allerdings, so Kaufmann, habe Sony nie Umsatzziele kommuniziert.
«Swiss IT Reseller» hat nun SCE mit den Vorwürfen konfrontiert und wollte vor allem wissen, warum sich Sony in der Schweiz auf eine Handvoll grosse Händler konzentriert. Antworten auf diese Frage wollte SCE aber nicht geben. In einem kurzen Statement heisst es lediglich: «Sony Computer Entertainment hat in der Schweizer Niederlassung betriebsbedingte Restrukturierungsmassnahmen in der Vertriebsorganisation vorgenommen. Im Rahmen dieser Restrukturierungsmassnahmen wurden Veränderungen in der Kundenbetreuung vorgenommen. Um unseren Schweizer Kunden nach wie vor die bestmögliche Betreuung zukommen zu lassen, ist es gelungen, mit Ingram Micro einen der weltweit namhaftesten Distributoren für unser Authorized Reseller Programm in der Schweiz zu gewinnen. Durch diesen Schritt wollen wir erreichen, dass die Zusammenarbeit und Betreuung unserer Schweizer Handelspartner weiterhin auf höchstem Niveau sichergestellt wird.»
Doch genau hier setzte der zweite Kritikpunkt von Gamehändler Alcom an. Gemäss Pitsch Kaufmann fehle Ingram Micro die Erfahrung im Konsolen- und Game-Vertrieb, und ausserdem bekomme der Broadliner sehr schlechte Einkaufspreise bei Sony und führe kaum Produkte an Lager. So sei der Disti keine Option. Im Gegensatz zu Sony hat Ingram Micro zu diesen Vorwürfen Stellung genommen. Gemäss Geschäftsführer Thomas Maurer ist Ingram Micro bereits seit Mitte letzten Jahres Distributionspartner von SCE. «Ingram Micro hat ab diesem Zeitpunkt die Betreuung von ausgewählten kleineren Kunden von SCE übernommen. Diese früheren direkten Sony-Kunden wurden damals von SCE über diese Änderung informiert», so Maurer. Den Vorwurf, dass Ingram Micro die Erfahrung im Game-Umfeld fehle, will er keinesfalls stehen lassen. Ingram Micro habe sowohl weltweit wie auch in der Region DACH jahrelange Erfahrung im Vertrieb von Produkten im Bereich Consumer Electronics. Dieses Know-how nutze man auch als Ingram Micro Schweiz.
Ingram Micro bittet um Geduld
Ein gewisses Verständnis zeigt Maurer derweil für die Vorwürfe zu den angeblich schlechten Einkaufspreisen, die Ingram Micro bei Sony haben soll, und zum eher lau bestückten Lager. «Player im Schweizer Sony-Games-Markt können ihre Konsolen und ihr Zubehör auf dem offenen europäischen Markt beziehen. Hier herrscht teils ein anderes, niedrigeres Preisniveau. Selbstverständlich ist es immer unser Ziel, Produkte unserer Hersteller für den Schweizer Markt auch bezüglich europäischer Preise wettbewerbsfähig anzubieten. Leider ist uns dies nicht immer möglich. Aufgrund dieser bestehenden Preisdifferenzen sind wir den Aufbau des Playstation-Vertriebs mit der Playstation 3 eher zurückhaltend angegangen, zumal ja der Launch des neuen Modells PS4 bevorstand.»
Und schliesslich bezieht der Ingram-Micro-Schweiz-Chef auch Stellung dazu, dass Ingram Micro den SCE-Vertrieb nicht ganz freiwillig, sondern aufgrund eines Entscheids von Ingram Micro Deutschland übernommen habe. Maurer dazu: «Dass wir in der Schweiz seit Mitte letzten Jahres auch Sony Computer Entertainment als Hersteller anbieten können, hat uns gefreut. Das DACH-Team von Ingram Micro arbeitet seit vielen Jahren als enges Team sehr erfolgreich und harmonisch zusammen – das ist auch nach dem personellen Wechsel in der Schweiz, als ich 2013 hier die Verantwortung übernahm, so geblieben.» Man verstehe die Enttäuschung einiger Händler, dass es weltweit beim Hersteller zu Lieferengpässen kam, zeigt sich Thomas Maurer verständnisvoll, und verspricht: «Wir bitten die Kunden noch um etwas Geduld, sobald wir die bestellte Ware erhalten, können wir diese ausliefern.»
(mw)