"Da hab ich mir gesagt: Was die können, kann ich auch. Ich geh auch in die IT", sagt Dominique Wüthrich-Erni über ihren Karrierestart in der IT-Branche. "Sie", das sind ihre Freunde von damals, die in den 90er-Jahren die ersten Mitarbeiter von Itris in Basel waren. Ihr Informatiklehrer in der KV-Lehre lachte, ihr war es egal und es folgten einige Jahre im Backoffice von IBM und HP. Die Faszination für die Menschen und die Materie der Branche hat augenscheinlich nie nachgelassen, denn mittlerweile bringt Wüthrich-Erni Wissen und Erfahrung aus mehr als 20 Jahren in der Branche mit. Die weiteren Karrierestationen heissen Oracle, Sun, Norman und Check Point Software Technologies und seit diesem Frühjahr amtet Wüthrich-Erni als Channel Sales Manager Switzerland für
Nutanix. Aus dem Gespräch geht immer wieder hervor, was sie beruflich antreibt: Fortschritt, Elan und Ehrlichkeit. Am besten hört man es, wenn sie vom Bruch mit Oracle nach der Übernahme von Sun erzählt: "Ich bin jemand, der mit Leib, Herz und Seele bei der Sache ist und es ist ja gemeinhin bekannt, dass nach der Übernahme von Oracle nicht viel vom alten Sun-Channel übriggeblieben ist. Die Kultur bei Oracle als finanzgetriebenes Unternehmen war ganz anders. Sun war im Gegensatz dazu sehr technologiegetrieben, alle Mitarbeiter waren Fans von der Sache, die sie machten." Zentral für Zufriedenheit am Arbeitsplatz sind für sie in der Folge die Liebe zur eigenen Tätigkeit, die Verbundenheit und das Vertrauen zu Unternehmen und Kollegen, deren Elan sowie das Vorwärtsdenken. Gleichgültigkeit und menschliche Enttäuschungen hingegen warfen sie während ihrer Karriere jeweils am meisten aus der Bahn. Die Entscheidung zu Wüthrich-Ernis jüngstem Karriereschritt hat denn auch massgeblich mit der Charaktereigenschaft als Vorwärtsdenkerin zu tun: "Ich dachte mir immer, irgendwo die Chance zu bekommen, als erste für eine Firma im Channel zu sein, das wär’s. Und dann kreuzte Nutanix meinen Weg, es war fast wie mein Weihnachtsgeschenk", und sie fügt hinzu: "Wir sind die kleinen, wir sind die neuen und wir sind auch die ohne Altlasten. Wir sind frisch und haben alle Hände voll zu tun, es ist toll." Auch wenn sie konsequent nach vorne denkt, schmiedet sie nicht zwingend langfristige Pläne: "Ich bin kein Mensch, der zehn Jahre vorausplant, oft nicht mal fünf. Wir machen das auch als Familie nicht, sondern versuchen, die Umstände immer so anzupassen, damit es für alle Seiten stimmt. Somit glaube ich auch nicht, dass ich noch grosse Karrieresprünge nehme, ich möchte bloss Freude an dem haben, was ich mache."
Zeit, einfach zu leben
Als wichtigsten Wendepunkt in ihrem Leben bezeichnet sie die Geburt ihrer beiden Töchter, die heute im Grundschulalter sind: "Mein Leben bestand lange daraus, fleissig in der IT zu arbeiten und den ganzen Sachen, die man eben besitzen muss, nachzueifern, wie etwa teuren Fernsehern und Häusern. Als die Familie plötzlich da war, rückte all das in den Hintergrund und fehlt mir heute auch nicht mehr. Beispielsweise ist es mir total Wurst, wenn mein Auto monatelang einen Kratzer in der Seite hat. Früher wäre das undenkbar gewesen." Und so wich das ausgleichende zeitintensive Rennradfahren dem Ausgleich mit der Familie und dem Haus in Magden. Ruhe findet sie bei der Pflege ihrer Blumen in ihrem "Paradies", im Garten um das Eigenheim, in dem sie mit ihrer Familie und Kater Luigi lebt. Auch pflegt die Familie gerne ihr soziales Leben und hat oft Freunde zu Besuch. Im Hause Wüthrich sei "immer was los", gibt sie an. Auch der Sport, so Wüthrich-Erni, ist noch immer zentral für die Balance, muss heute aber zeitsparender vonstattengehen. Walking, Rennen, Wandern und Fitness betreibt sie, um in Form zu bleiben und um Zeit in der Natur verbringen zu können. Wenn die Familie etwas mehr Zeit übrighat, mieten sie gerne ein Wohnmobil und bereisen den Kontinent. Die Freiheit, ständig neue Orte und Dinge zu sehen, ist für sie der Reiz am fahrenden Heim. "Der Luxus daran ist, dass es keinen Luxus gibt. Dass man sich die Zeit nimmt zum Kochen, zum Abwaschen. Dass man sich die Zeit nimmt, einfach zu leben." Und so zieht die Familie während den Ferien durch die Lande, stehts auf der Suche nach dem nächsten Ort, den es zu erkunden gilt. Hotelferien? Ausgeschlossen, meint Wüthrich-Erni, "zu rastlos" seien sie dafür. Vorwärtsdenker eben.
Optimal eingerichtet
Wüthrich-Erni arbeitet im Vollzeitpensum, ihr Mann sieht neben seinem Job nach den Kindern, wenn diese nicht in der Schule sind. Angesprochen auf die Arbeitsteilung und die Doppelbelastung von Mutterschaft und Karriere sagt sie: "Neben den Kindern 100 Prozent zu arbeiten, war nie die Hürde. Aber ich arbeite nach wie vor in einer sehr männerdominierten Branche. Die Hürde für eine Frau, das ist mir diesbezüglich wichtig zu sagen, ist die Anerkennung: Eine Frau muss zehnmal mehr leisten, um Anerkennung für ihre Fähigkeiten und ihr Wissen zu bekommen. Hier schwächelt unsere Industrie in meinen Augen nach wie vor." Wenn Kritik zur Doppelbelastung kam, dann eher von anderen Müttern. "Wenn ich anderen Müttern erzähle, wie viel ich arbeite, fallen manche fast in Ohnmacht und schauen meine Kinder mitleidig an", sagt Wüthrich-Erni, und fügt scherzend an: "Aber es geht allen besser, wenn Mama arbeitet." Die Wüthrichs haben es sich genau so eingerichtet, wie es für sie stimmt. Dass ihre Töchter sich ihrer Möglichkeiten und Fähigkeiten bewusst werden, ist für die Eltern von zentraler Bedeutung: "Heute ist es uns sehr wichtig, dass wir unseren Töchtern ein Modell vorleben können, in dem sie nicht zu Hause bleiben und alles Erlernte an den Nagel hängen müssen. Ich finde es wichtig, dass ein Elternteil bei den Kindern ist, aber ich freue mich, dass unsere Kindern lernen, dass es nicht überall gleich sein muss." Für sie ist das ein Thema, welches sie seit ihrer Kindheit und Jugend selbst begleitet. "Meine Mutter forderte mich stets dazu auf, etwas aus mir zu machen, förderte mich und wollte, dass ich auf eigenen Beinen stehe", resümiert sie.
Auf die Frage hin nach ihren persönlichen Wünschen für die Zukunft antwortet sie mit Überzeugung: "Ich wünsche mir, dass wir unser Leben als Familie so gelassen weiterleben können und wir weiterhin so viel gemeinsame Freude haben. Ich wünsche mir für meine Kinder Wege, auf denen sie machen können, was sie gerne machen. Und dass sie den Kontakt zu mir halten, natürlich. Ach ja, und, dass wir irgendwann ein eigenes Wohnmobil haben und davonfahren können, wenn uns danach ist." Stets mit voller Kraft voraus.
Dominique Wüthrich-Erni
1968 geboren, wuchs Dominique Wüthrich-Erni im Baselbiet auf, wo sie in den 90er-Jahren eine kaufmännische Ausbildung in einem Metallgiesserei-Betrieb absolvierte. Fasziniert vom damals jungen IT-Geschäft nahm sie nach der Ausbildung Backoffice-Jobs bei HP und IBM an. Heute ist sie als Channel Sales Manager bei
Nutanix tätig und zeichnet für den Aufbau des Channels in der Schweiz verantwortlich. Als Ausgleich zum anspruchsvollen Berufsleben verbringt sie Zeit mit ihrer Familie, mit Sport und verbringt Ferien im Wohnmobil.
(win)