Nach einigem Hin und Her im Spätsommer 2019 wurde bekannt gegeben, dass die Unternehmensparte des Security-Herstellers Symantec für mehr als 10 Milliarden Dollar an den US-amerikanischen Technologieriesen Broadcom geht. In der Folge verliessen zum einen einige Mitarbeiter das Unternehmen und zum anderen mussten die Symantec-Partner, die bis dahin beim Hersteller selbst einkauften, vermuten, dass sich ihre Zusammenarbeit mit Symantec dem Ende zuneigt. Berichtet wurde damals von unklaren Strukturen, einer etwas chaotischen Migration und mangelhaftem Support. Das alles wäre verkraftbar gewesen, denn die Produkte des erfahrenen Sicherheitsspezialisten sind beliebt. Die mangelhafte und teilweise gar gänzlich ausbleibende Kommunikation des neuen Mutterkonzerns liess aber nichts Gutes vermuten. Vor allem für die kleineren Partner fehlten teils die Ansprechpartner, die Prozesse waren schwierig, manche sahen sich nach Alternativen um. Bekannt war, dass die Symantec-Kunden durch Broadcom in die drei Kategorien Core/Enterprise (Betreuung durch Broadcom), Commercial (Betreuung durch den Handel) und Digital (Betreuung digital via Broadcom) aufgeteilt wurden. Da der Handel aber wenig Infos bekam, lag die Vermutung nahe, dass die KMU-Partner letztlich keine Betreuung mehr bekommen könnten.
Im Januar 2022 verkündeten Broadcom und der Distributor Arrow dann unverhofft, dass man eine Aggregator-Vereinbarung abgeschlossen hat, die Arrow das exklusive Distributionsrecht von Symantec-Lösungen für den Mittelstand in 16 europäischen Ländern zusichert, darunter die Schweiz. Damit bekommt die hiesige Security-Gemeinschaft wieder einen lokalen Ansprechpartner, der traditionell nah an den Resellern ist – das Warten hat also ein Ende. «Swiss IT Reseller» hat sich mit Marco Pierro, Country Manager bei Arrow, zusammengesetzt, die Hürden der letzten zwei Jahre Revue passieren lassen und über die neue Situation von Symantec und Arrow im Schweizer Channel gesprochen.
«Swiss IT Reseller»: Herr Pierro, das Verhältnis zwischen den Schweizer Symantec-Partnern und dem neuen Inhaber Broadcom war in den letzten zwei Jahren teilweise belastet. Wie ist Ihr Eindruck – wie geht es den hiesigen Symantec-Partnern heute?
Marco Pierro: In den letzten 24 Monaten ist viel passiert, aber man kann mit Sicherheit sagen, dass die Mehrheit der Channel-Partner immer noch Symantec-Produkte verwendet. Einige haben sich abgewendet und wir hoffen, dass wir sie zurückgewinnen können, aber die Mehrheit ist dem Produkt treu geblieben. Dabei ist eines besonders wichtig: Die Produkte selbst wurden nie hinterfragt.
Ja, die Produkte waren auch vor zwei Jahren beliebt, was die Situation umso schwieriger machte, weil eigentlich ja niemand von Symantec wegwollte.Exakt, und so hatten wir und Broadcom Software lediglich eine Aufgabe: Alles, was der Channel rund um diese guten Produkte braucht, wieder passend zu machen. Das war der Übergang, der in den letzten zwei Jahren stattgefunden hat. Broadcom Software verfolgt gegenüber seinen Kunden eine sehr klare Vertriebsstrategie. Channel-Partner spielen bei allen Kunden von Broadcom eine Rolle. Die Rolle, die sie spielen, kann jedoch variieren. Broadcom hat eine Reihe von strategischen Kunden, die im Direktvertrieb betreut werden, aber Channel-Partner sind dabei entscheidend, um die Adaption und erfolgreiche Implementierung durch entsprechende Beratung mit diesen Kunden voranzutreiben. Ausserhalb der Kunden im direkten Vertrieb werden die Kunden entweder über ein Co-Selling-Modell mit Broadcom Software und Channel-Partnern betreut oder zu 100 Prozent über den Channel.
Was wurde in dieser Übergangsphase gemacht?Als autorisierter Symantec-Distributor haben wir versucht, einen möglichst geordneten Übergang zu Broadcom sicherzustellen. So haben wir zum Beispiel dafür gesorgt, dass die Wartungsverträge laufen und Kunden Zugang zu neuen Produkten erhalten. Hier bei Arrow sind wir ein bisschen Opfer unseres eigenen Erfolgs geworden: Da diese Zusammenarbeit mit den Partnern in diesen zwei Jahren sowohl hier als auch in anderen Ländern gut funktioniert hat, hat sich Arrow im Rahmen des Cybersecurity Aggregator Programms einen exklusiven Vertrag mit Broadcom Software gesichert, als einziger Distributor für kleine und mittelständische Unternehmen von Symantec in Westeuropa. Im Rahmen dieser neuen Vereinbarung und dieses neuen Programms plant Arrow, für seine Channel-Partner ein neues Vertriebspartnerprogramm sowie diverse Vertriebsinstrumente einzuführen, und zum Beispiel ein Try & Buy-Programm und wertorientierte Preisgestaltungsoptionen anzubieten.
Das heisst, dass für Sie in den vergangenen Jahren das Symantec-Geschäft eigentlich völlig normal weiterging?Die kurze Antwort: ja. Das Geschäft ist in dieser Zeit sogar gewachsen! Eine solche Sicherheitslösung lässt sich nur schwer von heute auf morgen ersetzen, und aus technologischer Sicht gab es für die Endkunden keinen Grund zu wechseln. Unterm Strich haben wir es geschafft, die Kunden weiter zu betreuen, und die meisten Partner sind noch aktiv.
Das klingt nicht ganz reibungslos. Wir haben ja durchaus frustrierte und kritische Stimmen gehört.Im Idealfall erhalten Sie eine Lizenz innerhalb von 24 Stunden und ein Angebot innerhalb eines Tages, was aufgrund der Migrationen über einen bestimmten Zeitraum nicht möglich war. Unser Broadcom-Team bei Arrow hat viel Energie in das Ganze gesteckt, eng mit den Partnern zusammengearbeitet und temporäre Lösungen entwickelt, sodass Kunden weiterarbeiten können. Und wir hatten die Zusage von Broadcom, dass die Migration in einem akzeptablen Zeitrahmen abgeschlossen wird und sich die Situation wieder einpendelt. An diesem Punkt sind wir heute.
Also sollte jetzt wieder alles im Lot sein?Aus Prozesssicht können wir wieder proaktiv Wartungen erneuern, Lizenzen anbieten und so weiter. Die Prozesse von Broadcom Software funktionieren zufriedenstellend und sind mit denen anderer Hersteller in unserem Portfolio vergleichbar. Ausserdem wird Innovation bei Broadcom grossgeschrieben. Indem Arrow in Modelle wie das Cybersecurity Aggregator Program einbezogen wird, sind wir gemeinsam mit Broadcom in der Lage, die Kundenerfahrung zu optimieren und unseren Channel-Partnern mehr Vorteile als zuvor zu bieten.
Der Mangel an Kommunikation war ja eigentlich das grösste Problem. Damit haben vor zwei Jahren vor allem die Reseller, die direkt über Symantec eingekauft haben, unter der Situation gelitten, während die Arrow-Reseller von Ihnen Antworten bekommen konnten? Ja, absolut. Da Broadcom nur das Enterprise Security Business und die Marke erwarb, sah man sich bei entsprechendem Momentum vielen Unbekannten gegenüber. Wir bei Arrow sahen eine Gelegenheit, Broadcom und unseren Partnern dabei zu helfen, einige Kommunikationslücken zu schliessen und, sofern möglich, mit kreativen Lösungen zu helfen. Der Übergang von Symantec zu Broadcom war teilweise etwas holprig, aber wir haben es geschafft. Ich möchte dem Arrow-Team und vor allem unseren Channel-Partnern danken, die uns in den letzten 24 Monaten begleitet haben. Wir sind alle als Team die Extrameile gegangen. Wir haben für die Zukunft gearbeitet und wir wussten, dass wir in einem Jahr alle davon profitieren würden, wenn wir dies richtig regeln. Das Beispiel Asset Management war lange Zeit ein grosses Fragezeichen – heute haben wir hier ein neues Modell, haben Einblick in die Daten des Kunden und sorgen beispielsweise dafür, dass die Wartung frühzeitig erneuert wird und das Lifecycle Management funktioniert.
Ein weiterer Kritikpunkt waren damals auch die Lizenzen: Der Übergang von den Perpetual-Lizenzen zum Subscription-Modell wurde kritisiert. Hier geht es ja um die von Ihnen schon erwähnte Migration – können Sie diese umreissen? In Übereinstimmung mit Industriestandards verlagern sich die Lizenzierungsmodelle weg von der unbefristeten Lizenzierung hin zu abonnementbasierten Modellen. Symantec und Broadcom stellen ihre Produkte schrittweise auf Abonnements um, wobei sowohl der Verlängerungszyklus des Kunden als auch das Produkt selbst berücksichtigt werden. Bestimmte Produkte, die Hardware und Lizenzen beinhalten, können nicht über Nacht umgestellt werden. Das Hauptaugenmerk liegt darauf, einen reibungslosen und natürlichen Übergang sicherzustellen, um die Funktion des jeweiligen Dienstes oder Produkts sowie die Rechnungsstellung oder den Support der Lizenz nicht zu beeinträchtigen.
Für die Verwaltung der Lizenzen wurden die KMU-Kunden auf das Enterprise-Portal überführt, was nicht allen passte. Gibt es ein neues KMU-Portal oder taugt das Enterprise-Portal heute besser für die kleineren Kunden?
Broadcom hat die Estore-Plattform speziell zur Unterstützung des KMU-Geschäfts entwickelt, da die Anforderungen hinsichtlich Angebots und Lizenzierung sich in diesem Bereich von anderen unterscheiden. Die Plattform wurde entwickelt, um eine skalierbare und effiziente Angebotserstellung und Lizenzierung für hochvolumige Geschäfte zu unterstützen. Sie wird kontinuierlich weiterentwickelt und optimiert, um die Partner besser bedienen zu können, wie zum Beispiel die bevorstehende Einführung von Transaktionstypen. Darüber hinaus haben wir bei Arrow im Sinne des Asset Managements eine Zwischenebene aufgebaut, in der wir dem Channel-Partner einen Einblick in seine installierte Basis geben können, die mit jeder Transaktion einhergeht.
Also gibt es neu ein dediziertes Kundenportal von Arrow für die Symantec-Partner?
Das ist richtig, das ist ein Service, den wir anbieten. Übrigens ein globales Angebot von Arrow, also nicht nur für Schweizer Kunden.
Die letzte Unklarheit war die Kundenbetreuung. Es wurde gemunkelt, dass Account-Betreuung und Support fortan aus Polen und Indien angeboten werden und mangelhaft seien. Wie läuft das heute?
Künftig erhält jeder Channel-Partner und Endkunde kostenlosen Level-1- und Level-2-Support von Arrow. Damit sind wir der einzige Ansprechpartner. Bei komplexeren Dingen wie Bugs, Hardwaretausch oder ähnlichem greifen wir auf Broadcom zurück. Dies ist seit dem 1. Februar 2022 in Kraft. Das ist so einfach gehalten wie möglich, sodass Channel-Partner uns bei Vertriebs- und bei technischen Problemen leicht kontaktieren können.
Und wie läuft die Unterstützung im Sales-Bereich?
Wir werden die Channel-Partner in Westeuropa mit verschiedenen Teams unterstützen. Für die Datenaufbereitung steht uns intern ein dediziertes Team zur Seite. Es gibt auch gemeinsame Inside-Sales-Ressourcen in Wallisellen, Zürich und Österreich. Dies hat sich bereits in den letzten zwölf Monaten bewährt.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Broadcom heute im neuen Aggregator-Modell?
Wir haben die Aufgaben mit Broadcom aufgeteilt und damit die Value Chain definiert. Der gesamte operative Teil – wie Angebotserstellung, Lizenzmanagement, Evaluierungslizenzen und Try-and-Buy-Programme – läuft über Arrow. Über Unterstützung haben wir bereits gesprochen. Dazu kommen Marketingressourcen, einerseits globale Marketingressourcen bei Arrow für Kampagnen und andererseits zwei Ressourcen in der Schweiz, die auch lokale Initiativen mit den Partnern entwickeln. Auch auf unserer Cloud-Management-Plattform Arrowsphere gibt es Cloud-Produkte von Symantec, die im Pay-as-you-go-Modell über Channel-Partner bezogen werden können. Das wollen wir weiter ausbauen. So können wir dem Markt genügend Lösungen anbieten und gleichzeitig dem Service gerecht werden, den der Schweizer Markt braucht – unabhängig von der Grösse des Kunden.
Gibt es verschiedene Partnermodelle?
Im April haben wir die neuen Partnermodelle finalisiert, die ab Mai in Kraft getreten sind. Diese unterscheiden sich nur geringfügig von dem am Markt bekannten Status. Die Partner können den Partnerstatus basierend auf Umsatz, Neugeschäft oder Know-how erlangen, um entsprechende Incentives zu erhalten.
Auf was dürfen sich die Schweizer Partner freuen, welche Veränderungen stehen noch an?
Der Kompetenzbereich von Arrow hat sich durch die Zusammenarbeit mit Broadcom Software und dem Cybersecurity-Aggregatormodell deutlich erweitert. Unsere Massnahmen basieren auf vielen Gesprächen mit Channel-Partnern in ganz Europa und dem Feedback, das wir erhalten haben. Konkret sind das mehr Ressourcen und mehr Nähe im Land selbst, sodass nun jeder Kunde die Aufmerksamkeit erhalten soll, die bisher nur die ganz Grossen geniessen konnten.
(win)