Diesen Frühling stand Lenovos Schweizer Channel im Zeichen der Konsolidierung. So hat der Hersteller die bislang getrennt operierenden Channel-Bereiche Intelligent Devices Group, sprich das PC-Geschäft, sowie die Infrastructure Solutions Group, wo das Server- und Speichergeschäft dazugehören, per 1. April in eine einheitliche Organisation respektive ein Team überführt. Dadurch sollen Partner, die bislang nur Angebote einer Business-Gruppe bezogen haben, Zugriff auf das gesamte Hard- und Software- sowie Lösungsportfolio erhalten. Gleichzeitig wurde in der Schweiz per 1. April auch das neue Partnerprogramm
Lenovo 360 eingeführt und es wurde angekündigt, dass Philipp Schaeppi per 1. Juni 2022 die Gesamtverantwortung für das Channel-Geschäft aller Business Groups in der Schweiz übernehmen wird. Vor seinem Wechsel zu Lenovo war Schaeppi für die Verkaufsleitung beim Distributor Ecomedia verantwortlich. Davor war der 47-Jährige während über 17 Jahren für HP Schweiz tätig, unter anderem als Country Manager Consumer Channel.
Knapp zwei Monate nach seinem Start als Channel Sales Manager bei Lenovo ist Philipp Schaeppi Ende Juli «Swiss IT Reseller» Red und Antwort gestanden, um von seinen ersten Wochen bei seinem neuen Arbeitgeber zu berichten und zu erklären, wofür er steht und worauf er seinen Fokus legen will.
«Swiss IT Reseller»: Sie haben per 1. Juni die Channel-Verantwortung bei Lenovo in der Schweiz übernommen. Konnten Sie den Puls Ihrer Partner bereits nehmen?
Philipp Schaeppi: Das eine oder andere Gespräch mit Partnern konnte ich bereits führen, und ich suche die Nähe zu den Partnern. Mein Ziel ist es, jeden Tag Kontakt mit zwei bis drei Partnern zu haben, um so den Markt zu spüren.
Wofür stehen Sie im Geschäft mit Ihren Partnern? Und was ist Ihnen wichtig in der Zusammenarbeit – sowohl mit Ihren Partnern, aber auch mit Ihrem Team?Wie gesagt, ich suche die Nähe zu den Partnern, möchte spüren, was sie umtreibt und wo ihre Bedürfnisse und Herausforderungen liegen, und ich möchte ihr Vertrauen gewinnen. Das ist, denke ich, etwas, was mich auch als Person auszeichnet. Verbindlichkeit ist ein weiterer Punkt, den ich persönlich enorm wichtig finde. Als Führungsperson sind mir Aspekte wie Respekt, Transparenz und Vertrauen wichtig. So möchte ich mit meinen Mitarbeitenden zusammenarbeiten, diese Werte möchte ich aber auch dem Channel weitergeben. Denn letztlich ist der Channel ein People Business, in dem es gilt, Vertrauen zu schaffen und mit Respekt zu agieren.
Die letzten zwei Jahre waren Sie als Verkaufsleiter für Ecomedia tätig, davor rund 17 Jahre für HP. War Ihnen der Verkauf von Tinte und Toner zu langweilig, haben Sie das PC-Geschäft vermisst, dass Sie nun zu Lenovo gewechselt haben?Nein, überhaupt nicht. Ich habe sehr viel gelernt bei Ecomedia, die Zeit war sehr spannend und hilft mit in meiner neuen Aufgabe, denn ich kennen nun die Herausforderungen im Distributorengeschäft. Die Chance, diese Stelle bei Lenovo anzutreten, eröffnet sich einem nicht jeden Tag, und darum habe ich sie ergriffen. Lenovo war mir als Marke seit jeher sympathisch, und die Kultur, die Lenovo lebt, habe ich immer als sehr positiv empfunden. Das war letztlich der Grund, warum ich mich um die Stelle bemüht habe. Und mein Gefühl hat mich nicht getäuscht – ich wurde sehr warm empfangen, erlebe die Kultur bei Lenovo als sehr offen und spüre, dass hier etwas bewegt werden soll. Das hat mich von Tag eins weg beeindruckt.
Den einen oder anderen neuen Kollegen dürften Sie bereits gekannt haben – schliesslich ist Länderchef Frank Blockwitz wie Sie ein ehemaliger HP-Mann, und auch sonst haben einige HP-Leute in jüngerer Vergangenheit zu Lenovo gewechselt. Gibt es bedingt dadurch Elemente aus dem durchaus erfolgreichen HP-Channel-Geschäft, die man künftig bei Lenovo wiederfinden wird?Ich möchte gar nicht allzu gross über die Vergangenheit sprechen – mir ist wichtig, in die Zukunft zu schauen. Aber sicher: 17 Jahre HP gehen nicht spurlos an einem vorbei, ich habe viel lernen dürfen und nehme das Gelernte selbstverständlich auch mit.
Dann frage ich anders: Welche Pläne und Ziele hegen Sie und Ihr Team für Lenovos Schweizer Channel? Wo wollen Sie sich verbessern, wo sehen Sie Optimierungspotenzial?Lenovo ist dem Channel verpflichtet, wir machen rund 90 Prozent unseres Geschäfts über unsere Partner. Oberste Priorität hat für mich die bereits erwähnte Nähe zum Partner, die wir noch stärker suchen wollen. Und wir wollen unser Channel Commitment ausbauen. Dazu trägt auch unsere neue Strategie mit dem per April neu lancierten Partnerprogramm Lenovo 360 bei. Im Zuge dieses neuen Programms wurden die Abteilungen Infrastructure und Devices zusammengelegt – entsprechend erhoffe ich mir, dass wir den Warenkorb beim Partner vergrössern können, und natürlich auch, dass der Partner seinen Warenkorb beim Endkunden vergrössern kann. Hier sehe ich eine grosse Chance, zusammen mit dem Channel organisch zu wachsen. Darauf wird der Fokus in den kommenden Monaten liegen.
Sie haben die Zusammenlegung der Sparten Infrastructure und Devices erwähnt. Können Sie bereits sagen, was dabei gut funktioniert, und wo noch nachgebessert werden muss?Die Abteilungen sind sich noch am Finden, das braucht Zeit. Wir sind per 1. April mit den entsprechenden Tools gestartet, sodass der Partner – unabhängig in welchem Bereich er tätig ist – nur noch mit einer Plattform arbeitet. Hier sind wir auf gutem Weg, und die Partner schätzen die Vereinfachung und die Tatsache, dass es bei Lenovo nur noch einen einheitlichen Channel mit einer oder zwei Ansprechpersonen gibt. Mit der Zusammenführung der Partnerprogramme sind wir aktuell beschäftigt, dieser Schritt dürfte im Herbst dann erfolgen. Erfreulich ist sicher, dass die Mitarbeitenden der Zukunft sehr positiv entgegenschauen und voneinander lernen wollen. Das ist nicht selbstverständlich, denn wir sprechen hier von bislang zwei völlig eigenständigen, unterschiedlichen Abteilungen mit jeweils anderen Arbeitsweisen. Ich stelle wirklich fest, dass die Teams sich zu ergänzen versuchen, dass sie versuchen, die positiven Dinge gegenseitig mitzunehmen.
Zwei komplett eigenständige Abteilungen unter ein Dach zu bringen stelle ich mir nichtsdestotrotz herausfordernd vor. Ist der Wille, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, wirklich durchs Band vorhanden? Oder braucht es da noch etwas Anschubhilfe?Das ist letztlich mein Job. Sicherlich geht bei einer solchen Zusammenführung nicht alles absolut reibungslos und von heute auf morgen. Ich habe die letzten Wochen strukturell auch ein paar Anpassungen vorgenommen, um diesen Prozess zu unterstützen. Was hilft ist, dass wir im Rahmen von Lenovo 360 auch neue Mitarbeitende rekrutieren konnten, die von extern kommen, was der Kultur zuträglich ist, denn diese neuen Mitarbeitenden schlagen eine Brücke zwischen den beiden bisherigen Abteilungen.
Im Herbst 2020 habe ich mit Christoph Blankenhagen, Ihrem Vorgänger, sprechen dürfen. Er erklärte damals, sein Ziel sei es, in 18 Monaten in der Schweiz die Nummer 1 im PC-Geschäft mit Firmenkunden zu sein. Diese 18 Monate wären nun um. Wurde das Ziel erreicht?Nein, dieses Ziel wurde noch nicht erreicht. Doch das Ziel steht weiterhin, auch wenn ich mich nicht auf Monate festlegen will. Anfügen muss ich dazu vielleicht, dass Planbarkeit durch die Engpässe bezüglich Verfügbarkeit in jüngerer Vergangenheit enorm schwierig war. Letztlich war in den letzten Monaten derjenige Hersteller im Vorteil, der überhaupt liefern konnte – und es gab dabei durchaus auch Zeiten, in denen Lenovo die Nummer eins war, da die Verfügbarkeit bei uns immer relativ gut war.
Ich nehme den Ball gerne auf: Wie steht es aktuell – Ende Juli – um die Verfügbarkeit?Wir sind sicherlich auf dem richtigen Weg – die Verfügbarkeit verbessert sich. Jedoch gibt es bei gewissen Komponenten nach wie vor Schwierigkeiten. Über alles gesehen sind wir aber positiv gestimmt, die Situation ist sicherlich besser als noch vor sechs Monaten. Prognosen sind aber nach wie vor schwierig angesichts der geopolitischen Lage und der Unsicherheiten, die im Zusammenhang mit Covid weiter bestehen. Umso wichtiger ist es, sauber zu planen – seitens Kunde, seitens Partner und natürlich seitens
Lenovo.
Was heisst das für den Partner, der dringend auf Hardware angewiesen ist? Wie muss er vorgehen, um seine Kunden sicher mit Geräten ausstatten zu können?Er soll den offenen Dialog mit uns suchen und transparent mit uns kommunizieren. Und er soll frühzeitig planen. Die Wichtigkeit von sorgfältiger Planung ist sicherlich etwas, dass uns die Pandemie gelernt hat.
Ich komme nochmals auf das Interview mit Herrn Blankenhagen vom Herbst 2020 zurück. Er erklärte damals ebenfalls, bis Frühling 2022 die Zahl der kaufenden Partner um rund 500 auf deren 1000 verdoppeln zu wollen. Wo stehen Sie diesbezüglich?Wir stehen noch nicht ganz bei 1000 Partnern, aber wir sind nahe dran.
Hängt diese Steigerung der Zahl der Partner auch damit zusammen, dass diese versucht haben, sich breiter abzustützen, um die Verfügbarkeitsproblematik anzugehen?Das mag mit ein Grund sein. Meine subjektive Wahrnehmung ist eher die, dass die Partner zunehmend versuchen, ihren Kunden mehrere Marken anzubieten, anstatt sich auf eine Marke zu konzentrieren.
Suchen Sie weiterhin neue Partner?Auf jeden Fall. Wir sind offen für neue Partner. Gleichzeitig ist mir auch wichtig, dass wir wie erwähnt versuchen, den Warenkorb bei bestehenden Partnern zu vergrössern. Hier sehe ich im Zusammenhang mit
Lenovo 360, den neuen Programmen und der neuen Organisation das grösste Potenzial für organisches Wachstum.
Gibt es Handlungsbedarf im Bereich Distribution?Mit Also, Ingram Micro und Tech Data im Devices-Geschäft sowie mit TIM und Arrow im Server- und Storage-Geschäft sind wir aktuell gut aufgestellt. Hier sehe ich im Moment keinen Handlungsbedarf.
Wenn Sie nun auf den Rest des Jahres 2022 schauen – was wollen Sie bis Jahresende erreicht haben?Mein primäres Ziel ist es, anzukommen. Ich kenne das Geschäft, ich kenne bereits viele Partner und die Distributoren – trotzdem ist Lenovo ein Grosskonzern, vieles ist neu für mich. Dann geht es mir darum, die internen Strukturen noch etwas zu optimieren, um aus den bisherigen zwei Teams eines zu schaffen. Und ich möchte intern die Beziehungen insbesondere zum Enterprise- und zum Public-Team, aber auch zum Category Management und zur Mid-Market-Abteilung noch vertiefen. Insbesondere das Mid-Market-Team spielt eine wichtige Rolle für den Channel, denn diese Abteilung generiert die Leads für unsere Partner. Und dann möchte ich die mehrmals angesprochene Nähe zu den Partnern ausbauen und die proaktive Planung vorantreiben.
(mw)