«Digital Hub» oder Nachttischlampe?

Kaum vorgestellt, hat der neue iMac dank seines ausgefallenen Designs auch schon den Weg auf die Titelseite von Time Magazine gefunden. «Designer Jonathan Ive hat den Desktop-Computer neu definiert», jubelte CEO Steve Jobs.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/01

     

Apples grosser Zampano präsentierte sich vor seinem Heimpublikum an der Macworld in San Francisco sichtlich gut gelaunt und rühmte die Innovationskraft seiner Firma. Das Beste hatte er sich aber für den Schluss aufgespart: Wie ein Magier seine Kaninchen, zauberte er den neuen iMac auf die Bühne. Über einer weissen Halbkugel, kaum höher als eine CD, schwebte ein dünner 15-Zoll-Flachbildschirm im Scheinwerferkegel.
Getragen wird er von einem silbrig glänzenden Arm mit raffinierter Schwenkmechanik, mit dem sich das Display fast beliebig ausrichten lässt – der Computer als Ersatz für die Designer-Lampe im Wohnzimmer. «Damit hat die Kathodenstrahlröhre auf dem Desktop ausgedient», meinte Jobs vollmundig.
Die Halbkugel, gleichzeitig Fuss für den Bildschirm, enthält den gesamten Rechner samt Netzteil, Festplatte und optischem Laufwerk. Erstmals kommt in einem iMac ein G4-Prozessor zum Einsatz. Im Top-Modell arbeitet er mit 800 MHz, in den beiden anderen Varianten mit 700 MHz. Der Speicher lässt sich bis zu einem Gigabyte ausbauen. Dem Grafikchip Geforce2 MX von nVidia stehen 32 MByte RAM zur Seite.
Zusammen mit der «Velocity Machine» bringt diese Ausstattung eine beachtliche Leistung, insbesondere für Multimedia-Anwendungen. Jobs propagierte den neuen iMac denn auch als ultimativen Hub für den «Digital Lifestile». Diesem Anspruch entspricht die Schnittstellen-Ausstattung mit zwei Firewire-Schnittstellen, fünf USB-Ports (zwei davon werden von der Tastatur und der optischen Maus belegt), 10/100-MBit-Ethernet, Airport-Steckplatz (die Antenne ist im Bildschirm eingebaut), Mikrofon sowie Lautsprecher- und Kopfhöreranschluss.
Sechs Millionen iMacs wurden laut Jobs seit der Einführung vor drei Jahren verkauft. Von den Kathodenstrahl-Modellen bleiben noch zwei für den Schul- und Retailmarkt im Programm.

Der digitale Lebensstil
In San Francisco präsentierte Jobs auch eine neue Software für seinen «digitalen Lebensstil». Mit iPhoto bringt Apple nach iMovie, iDVD und iTunes – alle drei bereits in der zweiten Version und von ihrer Leistungsfähigkeit her der Kinderstube, für die sie ursprünglich gedacht waren, schon beinah entwachsen – die vierte Softwarekomponente für seine Digital-Hub-Strategie.
iPhoto bietet Bildbearbeitungsfunktionen, automatische Farbkorrektur und vielseitige Druckoptionen.
Die Anwender können ihre Fotos als Diaschau mit weicher Überblendung geniessen und mit Musik untermalen oder per E-Mail verschicken. Ein Mini-DTP-Modul erlaubt, anhand vorgefertigter Designvorlagen per Mausklick Drucksachen anzufertigen.
«So wie iTunes und der iPod das Hören von Musik verändert haben, so wird iPhoto den Umgang mit digitalen Fotos revolutionieren», verkündete Jobs. Als Besonderheit pries er die Fähigkeit von iPhoto, im Internet die Bilder per Knopfdruck zu veröffentlichen (Apple hostet die Seiten) und Posterdrucke bis zu einer Grösse von 50 x 70 cm zu bestellen. Dieser in iPhoto integrierte Service von Kodak liefert zudem in Leinen gebundene Fotoalben, die in iPhoto gestaltet werden können.
Der Online-Bilderdienst steht allerdings erst in den USA und Kanada zur Verfügung und setzt eine englischsprachige Version von iPhoto voraus. Wann er auch in Europa angeboten wird, ist noch offen. iPhoto benötigt MacOS X 1.12 und unterstützt USB- und Firewire-Kameras. Das Programm kann unter www.apple.com/chde/iphoto heruntergeladen werden.

14-Zoll-iBook

Ab sofort ist das grösste Modell der iBook -Reihe neu mit 14-Zoll-Display erhältlich. Das sind rund 5 cm Bildschirmdiagonale mehr als bisher. Für Fr. 3399.- gibt es einen G3-Prozessor mit 600 MHz, 256 MByte RAM, eine 20-GByte-Festplatte sowie eine Kombination aus DVD-ROM-Laufwerk und CD-RW-Brenner. Der Akku soll nach Angaben von Apple sechs Stunden durchhalten.
Die beiden anderen Modelle werden weiterhin mit 12,1-Zoll-Display ausgeliefert. Das bisherige 600 MHz Modell mit DVD-ROM fällt weg, neu wird dafür zum gleichen Preis das Modell mit einem CD-RW / DVD Combo Drive ausgeliefert. Damit hat Apple den Preis seiner Consumer-Notebooks wieder näher zur Konkurrenz gebracht.
Alle neu ausgelieferten Rechner starten mit MacOS X auf. Bereits seit Ende Mai ist Mac OS X im Lieferumfang der Apple Rechner enthalten. Mittlerweile unterstützen rund 2500 Programme sowie viele Peripheriegeräte das neue System. Jobs meinte daher in San Francisco, die Zeit sei nun gekommen, Mac OS X zum Standard-Betriebssystem zu machen. Mac OS 9 wird aber weiterhin mitgeliefert und ermöglicht die Benützung älterer Anwendungen im Classic-Modus wie auch das Aufstarten in Mac OS 9. (fis)


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