Editorial

Expansion wider den Trend

Paukenschlag im stationären Handel: Media Markt will 20 Melectronics-Standorte von Migros übernehmen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2024/07

     

Stimmen die Wettbewerbs­hüter den Plänen ebenfalls zu, soll bis Herbst 2024 die Wiedereröffnung unter neuer Marke folgen. Die zum deutschen Konzern Ceconomy gehörende Handelskette könnte ihr hiesiges Filialnetzwerk somit nahezu verdoppeln und mit grossen Schritten zur Spitze des Schweizer Consumer-Electronics-Detailhandels aufschliessen. Und das Positive vorweg: Mit der Teilübernahme wechseln auch 200 Melectronics-Mitarbeitende zu Media Markt, ihre Stellen sind vorerst gesichert.


Und dennoch: Es stellt sich die Frage, wie gross die Erfolgsaussichten dieses Vorhabens sind. Media-Markt-Schweiz-CEO Jan Niclas Brandt verweist im Gespräch (ab Seite 10 in der Print-Ausgabe) auf die Erschliessung weisser Flecken, die Stärkung wichtiger Hotspots und vor allem auf eine enge Verzahnung mit dem eigenen Online-Shop im Rahmen einer Omnichannel-Strategie. Aber schon seit Jahren verschiebt sich der Schwerpunkt der Schweizer Konsumenten immer stärker in Richtung der digitalen Kanäle. Im CE-Bereich ist der Online-Anteil an den ­Gesamtumsätzen im Vergleich besonders hoch. Das Aus von Steg im vergangenen Jahr und nun auch von Melectronics, die Zusammen­legung von Interdiscount und Microspot sowie der Stellenabbau und die Standort­überprüfung bei Fust – diese einschneidenden Entscheidungen kommen vor diesem Hintergrund nicht von ungefähr. Hinzu kommt, dass selbst Mutterkonzern Ceconomy die Zahl der Media-­Markt- und Saturn-Filialen in anderen europäischen Ländern ebenfalls seit Jahren sukzessive reduziert statt erhöht.

Und trotzdem stockt Media Markt auf? Der massive Ausbau hierzulande kommt überraschend. Zwar will Media Markt an den neuen Standorten auf Shops im «Klein- und Kleinstformat» setzen und eben nicht mehr auf XXL-Flächenmärkte. Fraglich ist jedoch, ob das gekoppelt mit dem zuletzt gestärkten Service-Angebot ausreicht, um potenzielle Kundinnen und Kunden anzulocken. Denn der (Preis-)Druck der Online-Pure-Player, die keine stationären Filialen querfinanzieren müssen, bleibt hoch. Ebenso wie die Gefahr, dass Besucher die Ladengeschäfte als Showroom nutzen, um anschliessend doch beim gegebenenfalls günstigeren Online-Wettbewerber zu kaufen.


Brandt selbst sagt: Euphorisch ist der Markt aktuell nicht. In diesem schwierigen Gefüge muss das Unternehmen nun unter Beweis stellen, dass sich eine Standortexpansion, ein Investitionsschritt wider den Trend tatsächlich auszahlt. Der initiale Verkauf der Melectronics-­Filialen spricht dafür, dass die Nachfrage selbst in den gut frequentierten Lagen zumindest bisher nicht ausreichend war, um das Ruder rumzureissen.
Stefan Adelmann, Redaktor
sadelmann@swissitmedia.ch


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Welche Farbe hatte Rotkäppchens Kappe?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER