Hauptkonkurrenz sind die Storage-Hersteller

Im täglichen Projektgeschäft treffe er vor allem auf Hersteller als Konkurrenten, erzählt Stephan Schneider (Bild), Chef des Storage-Spezialisten Proact Datasystems. Für einen Kampf fühlt er sich aber gut gerüstet.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/18

     

Tummeln sich auf dem Unternehmens-Storage-Markt Schweiz, angezogen von einem der vielversprechendsten Wachstumsgebiete innerhalb der IT, nicht schon zu viele Player? Dass der Markt überfüllt sei, glaubt Stephan Schneider nicht – und fügt ironisch an: «Zumindest nicht durch uns». Schneider, Managing Director der auf Storage und Backup spezialisierten Proact Datasystems, leitete vorher die Storage-Abteilung bei Asetra und ist also ein intimer Kenner des Marktes.

Freie Räume

Einige Unternehmen des Storage-Channels wie Dettwiler und Asetra sind ja heute wieder aus dem Rennen ausgeschieden. Neulinge allerdings, welche den frei gewordenen Raum ausnützen wollen, müssten eine hohe Hürde überwinden: Es sei schwierig, so Schneider, das erforderliche Know-how aufzuholen.
Dies dürfte einer der Hintergründe für seine weitere Feststellung sein: «Wir sehen fast nur noch Hersteller als Konkurrenten bei Projekten. Auf andere Systemintegratoren oder VARs treffen wir nur sporadisch.» Die Konkurrenz durch die Hersteller jagt ihm allerdings keine Angst ein. «Kunden haben oft mehr Vertrauen zum Integrator als zu den Herstellern. Sie haben den Verdacht, dass die Hersteller vor allem am Umsatz drehen wollen. Wir dagegen müssen nicht immer gleich den Katalog aufmachen.»

Hardware-Marge unter Druck

Der Druck, Umsatz um manchmal beinahe jeden Preis zu generieren, führt allerdings von Zeit zu Zeit zu Schleuderangeboten. Diese Erfahrung macht auch Proact: «Es gibt manchmal Offerten, die unglaublich sind.»
So kommt natürlich die Marge, die vor allem im Hardware-Bereich sowieso dauernd fällt, noch weiter unter Druck. Das Ziel müsse es daher sein, zu diesem Schluss kommt Schneider wie die meisten anderen Unternehmer aus dem IT-Channel, sein Geld mit Services zu verdienen. Für Dienstleistungen seien in seinem Marktumfeld auch die Preise noch weitgehend stabil.
Zwar gebe es auch hier schon mal ziemlich «kreative Angebote», alles in allem müsse man aber nur selten mit den Kunden über Stundenlöhne diskutieren. Wenn doch, dann seien es Grossunternehmen, welche die Marktsituation ausnützen wollten. Die meisten Kunden aber würden die Total Cost of Ownership einer Installation in Betracht ziehen sowie das Know-how von Proact anerkennen und darum auch die Preise der Storage-Spezialisten akzeptieren.
Wichtig sei es in diesem Zusammenhang natürlich auch, dass Proact Beispiele aufzeigen und Referenzkunden nennen könne. Das schaffe Vertrauen und erleichtere den Kunden die Entscheidung, denn für diese sei es auf dem Gebiet Storage oft schwierig, «Äpfel mit Äpfeln» zu vergleichen – sprich die Substanz der verschiedenen Offerten herauszufiltern und sie fundiert gegeneinander aufwägen zu können.

Projekte in der Pipeline

Bei Proact halten sich gegenwärtig die Umsätze mit SAN- (Storage Area Networks) und Backup-Installationen ungefähr die Waage, während NAS (Network Attached Storage) nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Die durchschnittliche Grösse der Projekte sei in letzter Zeit eher gestiegen, erklärt Schneider für uns etwas überraschend, hört man doch aus anderen IT-Bereichen eher das Gegenteil. Übereinstimmend mit vielen anderen Berichten sagt aber auch er, dass die Wartezeit bis zu einem Abschluss länger geworden sei. Und anders als früher habe er dieses Jahr stärkere Befürchtungen, dass Projekte abgesagt werden.
Denn was er für die nächsten drei Monate in der Pipeline hat, sieht eigentlich sehr ermutigend aus: «Wenn alle bestellen würden, die das gesagt haben, wäre das toll.»
Auf die Marktsituation, den Margenzerfall und die damit zusammenhängenden Schwierigkeiten mancher anderer Channel-Player angesprochen, gibt sich Schneider gelassen. Die Spreu trenne sich in dieser Situation vom Weizen und ein Gesundschrumpfen finde statt. Vorgänge wie diese würden im Abstand von einigen Jahren immer wieder auftreten. Die Gelassenheit kann sich Schneider auch leisten, denn Proact hat sich im widrigen Marktumfeld der letzten Zeit sehr gut durchgeschlagen.

Ein Jahr Proact Datasystems

Etwas mehr als ein Jahr ist jetzt vergangen, seit Stephan Schneider und andere Management-Mitglieder der Dättwiler Storage-Abteilung von Asetra kündigten. Ihre Mitarbeitenden folgten ihnen damals geschlossen. Schneider: «Wir haben uns nicht mehr verstanden gefühlt.»
Schneider und seine Kollegen planten, sich wieder einem grösseren Unternehmen anzuschliessen. Diesen Partner fand man schnell in der skandinavischen, auf Storage spezialisierten Proact IT Group. Proact entstand 1994 aus einem MBO bei den Storagetek-Niederlassungen in Schweden und Norwegen. Das an der Stockholmer Börse kotierte Unternehmen beschäftigt heute insgesamt 340 Mitarbeiter und ist ausser in den Gründungsländern auch noch in Dänemark und Finnland aktiv.

Bereits schwarze Zahlen

Proact Datasystems in Baden-Dättwil startete letztes Jahr mit neun Leuten, inzwischen sind es 16 Mitarbeitende geworden. Und: «Wir haben den Turnaround bereits geschafft und sind in den schwarzen Zahlen», meint Schneider mit einigem Stolz. In den Himmel wachsen sollen die Bäume deshalb aber nicht. «Ich glaube nicht, dass wir in nächster Zeit mehr als 20 Leute werden können.»
Durch den Erfolg konnte man inzwischen aber zumindest die skeptischen Analysten an der Stockholmer Börse durch Zahlen widerlegen. Diese hatten, wie Schneider erzählt, anfangs nämlich noch über die Skandinavisch-Schweizerische Vereinigung geunkt: «Das ergibt doch gar keine Synergien, ausser beim Skifahren.»
Schneider fühlt sich mit dem Entscheid für die Skandinavier auch nach einem Jahr offensichtlich weiterhin wohl: «Ich glaube, die Schweden sind uns von der Mentalität her viel näher als Leute aus anderen europäischen Ländern.»
Proact sei kein stark hierarchisch geführtes Unternehmen. Es gebe nur eine kleine, schlanke Dachorganisation. Natürlich versuche man die Grösse der Gruppe im Einkauf zu nutzen, er sei in der Schweiz aber absolut selbständig in seinen Entscheidungen, auch wenn es ums Produktportfolio geht. Die Badener sind zum Beispiel die einzigen EMC-Partner innerhalb der Gruppe.

Entwicklung zum unabhängigen Integrator


Von der ausschliesslichen Identifikation der Firma mit den Hersteller-Partnern möchte Schneider aber sowieso vermehrt abrücken und konstatiert auch schon Erfolge: «Es ist schön, dass wir jetzt stärker als unabhängiger Integrator wahrgenommen werden. Dadurch können wir für einzelne Kunden nun Disk- und Backup-Systeme evaluieren.» Für diese Dienstleistung bestehe ein grosses Bedürfnis, da manche IT-Abteilungen unter dem aktuellen Kostendruck gar keine Zeit mehr hätten, Systeme selbst zu evaluieren. (hjm)


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