Motivation von IT-Mitarbeitern: Geld allein genügt nicht

Eine Umfrage bringt es ans Licht: Mitarbeiter brauchen vor allem Eigenverantwortung und interessante Aufgaben, um motiviert zu sein, Geld ist eher zweitrangig. Chefs allerdings überschätzen sich in ihrer Rolle und ihren Fähigkeiten gewaltig. Die Chefetge muss in sich gehen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/22

     

Die Organisationen Softnet und ICT HRM haben eine Umfrage zur Motivation von IT-Mitarbeitern in der Schweiz durchgeführt. Dabei wurde zu jeder Frage jeweils die Sicht der Mitarbeiter und die Sicht der Kader getrennt abgefragt. Die Unterschiede und Übereinstimmungen in der Wahrnehmung sprechen dabei Bände.

Die Lohnfrage

Geld ist für die Motivation wichtig, aber das Gehalt allein motiviert noch lange nicht, hier decken sich die Ansichten von Teppichetage und den Etagen mit weniger flauschigen Bodenbelägen. Leistungslohn kann nur ein wenig stärker motivieren als Fixlohn, was die Chefs offenbar auch schon bemerkt haben.
Am Geld allein lässt sich der Spass an der Arbeit eben nicht festmachen. Allerdings steigert eine Spontanprämie als Anerkennung für die Arbeit die Motivation beträchtlich, und zwar um einiges mehr als den Chefs bewusst ist. Gibt es einen variablen Lohnanteil, sollte dieser aber an die individuellen Leistungen gebunden sein, als an den Unternehmenserfolg. Aktien und Optionen will dagegen heute kaum noch jemand. «Trifft voll zu» fanden gerade noch 3% der Arbeitnehmer, während alle anderen lieber einen kleinen oder grösseren Bogen darum machen.

Klare Informationspolitik

59% der Mitarbeiter vermissen eine klare Linie in ihrer Firma. Kader glauben dagegen, eine fehlende klare Linie würde nur 45% der Angestellten auffallen. Aber immerhin 96% der Kader sind sich bewusst, dass ein glaubwürdiges Management ausschlaggebend für eine gute Zusammenarbeit ist. 94% der Mitarbeiter wünschen sich, dass Informationen im Unternehmen frei fliessen, auch wenn nicht immer alles relevant für ihr Aufgabengebiet ist.
Immerhin ein Fünftel der Chefs allerdings findet, dass Mitarbeiter nur die Informationen haben müssen, die sich direkt auf ihr Arbeitsgebiet beziehen.

Konkrete Ziele

96% der Mitarbeiter brauchen klare und konkrete Ziele, um effizient arbeiten zu können. Aber nur 85% des Managements weiss das auch. Weiterhin wünschen sich Mitarbeiter eine konkrete Aufgabenbeschreibung, um ihre Arbeit gut ausführen zu können. Hektik und Orientierungslosigkeit in der Firma behindern Mitarbeiter bei der Arbeit, glauben 83% der Mitarbeiter und 71% der Chefs.
Zeitdruck als Motivationsfaktor wird allerdings vom Management überschätzt. Aufgaben, die täglich aufs neue herausfordern, wünschen sich zwar viele, aber nur ein Drittel der Arbeitnehmer muss einräumen, dass es eine Arbeit qualitativ schlechter erledigt, wenn sie keine Freude bereitet. Dennoch verspüren 70% Langeweile, wenn die Aufgaben nicht häufig genug wechseln.
Klar unterschätzt wird von der Führungsriege der Mitarbeiter-Wunsch, den Zusammenhang zu kennen, in dem das individuelle Aufgabenspektrum zum Produkt bzw. zur Dienstleistung des Unternehmens steht. Während 64% der Mitarbeiter «trifft voll zu» und 32% «trifft eher zu» ankreuzten, denken nur 49% der Chefs, dass ihre Mitarbeitenden die Zusammenhänge unbedingt kennen müssen.
Der Kontakt nach aussen wird von der Teppichetage ebenfalls nicht hoch genug geschätzt. 52% der Angestellten brauchen Kundenkontakt unbedingt zur Motivation, weitere 42% zumindest teilweise, das ist aber nur einem Drittel der Insassen der Chefetage klar. 58% der Bosse denken immerhin, Kundenkontakt sei schon auch wichtig, sei aber nicht absolut ausschlaggebend.

Chefs überschätzen sich

Eine wichtige Eigenschaft des Chefseins scheint ein hohes Selbstbewusstsein und eine nicht allzu kritische Sichtweise der eigenen Fähigkeiten zu sein. Auffallend ist in der Studie jedenfalls, dass sich die Chefs durchwegs besser finden, als dies ihre Mitarbeiter bestätigen können. So sind erschreckende 29% der Mitarbeiter sind nur manchmal oder einfach nie zufrieden mit ihrem Chef.
Alle Vorgesetzten halten sich für offen oder meistens offen für Ideen der Mitarbeiter. 19% der Mitarbeiter allerdings haben für ihre Ideen noch nie oder fast nie ein offenes, höhergestelltes Ohr gefunden.
Ihre fachliche Karriere sähen die Mitarbeiter gern besser gefördert. Während nur 5% der Chefs zugaben, sie würden diese nur manchmal fördern, empfanden 44% der Mitarbeiter die Förderung durch den Vorgesetzten als zu gering.
Krass wird die Selbstüberschätzung der Kader bei der Frage nach der fachlichen Vorbildfunktion. Während sich nur ein Fünftel der Vorgesetzten darüber klar waren, dass sie durchaus nicht immer und überall vorbildliches fachliches Wissen und Können zeigen, halten 59% der Angestellten ihre Chefs für nur bedingt oder gar nicht fachlich tauglich. Das wiederum erstaunt wenig, denn je länger ein Chef sich Managementaufgaben widmen muss, desto weniger Zeit bleibt ihm für fachliche Fortbildung oder einfach nur «auf dem Laufenden bleiben». Schade nur, dass das nur wenigen Kadern auch bewusst ist.
Und während sich 89% der Kader für ein menschliches Vorbild halten, finden 53% der Mitarbeitenden, dem sei nicht so. Bei einem Punkt allerdings sehen sich die Teppichetagenarbeiter negativer als es sein müsste. Neun von zehn sind nämlich der Meinung, dass ihre Untergebenen manchmal oder gar immer besser arbeiten, wenn der Chef nicht da ist. Bestätigt wird diese Einschätzung aber nur von knapp einem Drittel der Angestellten. (ava)


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