«Kritik akzeptiert» – HPs Channelpolitik nach der Fusion

HP Schweiz nimmt zu den vor zwei Wochen veröffentlichten Resultaten unserer Umfrage unter Schweizer HP-Resellern Stellung. Fazit: Man hat die Probleme erkannt und arbeitet an Lösungen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/04

   

In der letzten Ausgabe von IT Reseller veröffentlichten wir die Resultate einer Umfrage unter Schweizer HP-Partnern. Fazit: Für die Mehrheit der HP-Reseller hat sich die Zusammenarbeit mit «New HP» seit der Compaq-Übernahme nicht grundsätzlich verschlechtert.
Einzelne Punkte allerdings wurden harsch kritisiert, so die schlechte(re) Verfügbarkeit von Produkten, unklare Verantwortlichkeiten und generell ein schlechterer Informationsfluss. Grössere Reseller urteilten weniger kritisch als kleinere Firmen. Grundsätzlich äusserte sich aber nur eine Minderheit der befragten Reseller negativ zur HP-Compaq-Fusion.
Wir haben HPs Channel-Verantwortlichen und Chef der PC-Abteilung (PSG), Andrej Golob (Bild), gefragt, welche konkreten Schlüsse er aus den Umfrageresultaten ziehe. Ein wichtiger Kritikpunkt des Schweizer HP-Channels war die schlechte Lieferbarkeit der HP-Produkte. Golob redet nicht lange um den heissen Brei: «Diese Kritik akzeptiere ich. Wir hatten im November und Dezember selbstverschuldete Probleme mit der Verfügbarkeit, weil wir die Nachfrage unterschätzt hatten. Dies führte europaweit zu einer Knappheit bei den Komponenten.
Wir haben zum Beispiel «Golden Offers» beworben, die wir dann nicht liefern konnten. Nun haben wir reagiert und die Lagerbestände in der Distribution wieder an das obere Limit hochgefahren. Die Verfügbarkeit sollte damit wieder wesentlich besser sein.»
Ab März will HP auch wieder Programme wie zum Beispiel HPs «Top Value» (automatisierte Lieferkette zu den Distributoren) fahren und ein Built-to-Order-System für den Channel anbieten. Ebenfalls sind Internet-Tools für die Konfiguration von PCs für März angekündigt. Später sollen solche Tools auch für Server und Notebooks folgen.

Supply Chain ist alles

Ein grosser Job im herkulischen Aufgabenkomplex der Megafusion steht noch aus: Die Zusammenlegung der europäischen Lieferketten von HP und Compaq im Mai. Die Vereinheitlichung der Standorte wird nicht nur die Verfügbarkeit von HP-Produkten wieder verbessern, sondern auch den Informationsfluss ins Lot bringen.
Erst die Zusammenlegung der Ex-HP- und Ex-Compaq-Produktion wird aus «New HP» eine einzige Firma machen. Ab Mai soll es ein einheitliches Bestellungswesen geben und die Preislisten und Internet-Interfaces für Reseller und Distributoren werden zusammengelegt.

Bessere Information

Nachdem sich der US-Computer-Riese in der ersten Phase auf die wichtigsten Kunden und Partner konzentrierte, soll nun der Informationsfluss auch zu den kleineren Resellern wieder verbessert werden. Konkret plant Golob vier Massnahmen, die Resellern das Leben wieder erleichtern sollen.
1. Jährlich drei Info-Veranstaltungen für Reseller (live@hp).
2. Sogenannte Tele-PAMs (Partner Account Manager), die Reseller telefonisch unterstützen vorerst zwei Personen.
3. Jeweils Montags soll ein übersichtlicher E-Mail-Newsletter mit Infos zu Promotionen, Produkten und Änderungen an die Partner verschickt werden.
4. «Invent-City»: Eine Reseller-Plattform mit allen Informationen zu Promotionen und Incentives
«Es braucht einfach Zeit», kommentiert Golob die Kritik an der mangelnden Betreuung des Channels durch HP. Fluktuationen hätten, so Golob, Unruhe in HP gebracht. Doch er verspricht Besserung: «Es tut mir weh, wenn Reseller uns als ‘arrogant’ empfinden.»
Deshalb will sich HP mit einem «Advisory Board», in dem sowohl kleinere, mittlere wie auch grosse Reseller gleichermassen vertreten sein sollen, Feedback vom Channel holen. Das Gremium soll sich alle zwei Monate treffen.

Plädoyer für «New HP»

Zum Schluss des Gesprächs, setzt Golob zu einem fulminanten Pläydoyer für die «neue HP» an: «Ich habe Verständnis für die Kritik seitens des Channels und nehme sie ernst. Aber der Reseller muss sich bewusst sein, das HP nun stark und finanziell gesund ist. Er muss sich nicht alle drei Monate fragen, ob wir im PC-Geschäft bleiben oder nicht. Wenn wir die Fusion hinter uns gebracht haben, sind wir ein grosser, stabiler Player, der dem Channel Kontinuität bieten kann. Das ist für jeden Partner ein grosser Vorteil.» (hc)

«Wollen Sie die kleinen Reseller nicht mehr?»

IT Reseller: Es fällt auf, dass kleinere Firmen die Auswirkungen der HP-Compaq-Fusion negativer beurteilen, als grosse Reseller. Wollen Sie die kleinen Partner loswerden?
Andrej Golob: Nein, auf keinen Fall. Sie müssen sich die Dimension der Arbeiten im Zusammenhang mit der Fusion vorstellen. Wir haben uns zuerst gefragt, welche Mitarbeiter, Kunden und Reseller wir auf keinen Fall verlieren wollten. Dann haben wir mit einem immensen Aufwand den Informationsfluss sichergestellt.
Für kleinere Partner gab es zwar einige Informationsveranstaltungen und den Newsletter, aber ich verstehe, dass sie sich nicht so gut informiert fühlten. Das wird nicht so bleiben. Kleinere Reseller sind für uns genauso wichtig wie die Grossen.
Der kombinierte Wiederverkaufskanal von HP und Compaq ist riesig. Haben Sie nun nicht generell zuviele Reseller, die sich «gegenseitig auf den Füssen stehen»? Ist HP «over-reselled»?
Die Situation wäre anders, wenn der Markt nicht geschrumpft, sondern wie in der Vergangenheit um 10 oder 20 Prozent gewachsen wäre. In einem schrumpfenden Markt reicht es halt nicht für jeden – das hat nichts mit HP zu tun. Bei grossen Projekten hat sich die Konkurrenzsituation zwischen HP-Dealern wohl nicht verändert. Im KMU-Umfeld ist nicht die Hardware entscheidend, sondern die Qualität der Services und der Kundenbeziehung.
Ein gutes Drittel der Reseller sagt, die Konkurrenz durch HP Services habe sich seit der Fusion verstärkt.
Im Grosskunden-Umfeld haben wir eine klare Konkurrenzsituation zwischen HP-Partnern und HP-Services. Wir fokussieren uns auf die grössten 100 Schweizer Firmen, grosse Reseller tun das ebenfalls. Wir wollen nun durch klare Kommunikation Leidensdruck wegnehmen. Wir haben eine Liste der Top-100 Kunden für November versprochen, die wir aber erst jetzt veröffentlichen werden. Dann sollten auch die Diskussionen verstummen.
Grundsätzlich bin ich aber überzeugt, dass die Hardware bei sehr grossen Projekten, vor allem auch bei multinationalen Firmen, direkt geliefert werden wird. Die Standardisierung der PC-Landschaften treibt heute den Markt. Das ist ein gefundenes Fressen für Dell, die weltweit dem Kunden exakt den gleichen PC liefern kann. Mit einem indirekten Modell ist dies nicht möglich. Eine Herausforderung für jeden Hersteller.
Bei KMU sieht es grundsätzlich anders aus. Ich glaube nicht, dass HP in Europa mit KMU kommunizieren kann, weshalb wir nicht den Anspruch haben, KMU zu bedienen. Wir müssen über Software-Hersteller und Reseller, die Lösungen anbieten, in den Markt gehen. (Interview: hc)

Die Umfrage

IT Reseller hatte dem HP-Channel im Februar 14 Fragen zu den Auswirkungen der HP-Compaq-Fusion gestellt. Folgende Themen wurden u.a. angesprochen: Qualität, Verfügbarkeit und Konkurrenzfähigkeit der HP-Produkte, Informationspolitik und Betreuung des Channels durch HP, Marketing und Image von HP, generelle Beurteilung der Fusion. An der Umfrage beteiligten sich 48 HP-Reseller.

Die wichtigsten Ergebnisse nochmals in Kürze:

Die grösste Kritik übten die HP-Reseller an «New-HPs» Informationspolitik und an der Betreuung des Channels, sowie an der Verfügbarkeit der HP-Produkte. 42 Prozent der Befragten beurteilten den Informationsfluss seitens HP als «schlechter» als vor der Fusion. Die Betreuung der Channel-Partner empfinden 39,4 Prozent als schlechter seit Compaq und HP ein Ganzes sind. 41,2 Prozent sind mit der Verfügbarkeit der Produkte nur mässig zufrieden.
Auch über die geschrumpften Margen für HP-Produkte ist eine grosse Mehrheit (69,7 Prozent) nicht gerade glücklich.
Bessere Noten gab es für das Endkunden-Marketing. Für 57,6 Prozent der Umfrageteilnehmer hat es sich zumindest nicht verschlechtert. 18,2 Prozent schätzen es gar als besser ein.
Trotz teilweise massiver Kritik und dem Eingeständnis des einen oder anderen Resellers, sich in Zukunft auch vermehrt «links und rechts» umzusehen, bleibt der Channel treu. Ganze 64 Prozent wollen nämlich weiterhin voll auf HP (oder Ex-Compaq) setzen.
Auch die Fusion an sich wird von 37,5 Prozent der Befragten als «richtig» eingeschätzt, für 50 Prozent wiegen sich zumindest Vor- und Nachteile auf und nur eine Minderheit von 12,5 Prozent findet den HP-Compaq-Merger prinzipiell falsch. (sk)


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