SCO verklagt IBM wegen «Wertminderung von Unix»

Die Klage der SCO Group gegen IBM könnte die ganze Linux-Gemeinde schädigen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/05

     

Die SCO Group (das Fusionsprodukt von Caldera und Santa Cruz Operations) hat IBM verklagt und verlangt mindestens eine Milliarde Dollar Schadensersatz.
Die Klage begründet sich prinzipiell auf dem Vorwurf, IBM habe im Zuge seiner Linux-Initiative Technologie von Unix zu Linux transferiert, was den Wert von Unix gemindert habe. SCO hat auch einen Knüppel in der Hinterhand: Die Kalifornier glauben, dass sie die rechtliche Handhabe besitzen, um Big Blue die Lizenz für AIX, IBMs Version von Unix, entziehen zu können.
Falls IBM sein «antikompetitives» Verhalten nicht einstelle, will man genau dies in 100 Tagen tun. SCO hatte kürzlich angekündigt, man wolle mehr Lizenzeinnahmen aus seinen Unix-Rechten generieren.

Odyssee der Unix-Rechte

IBM hat seine Lizenz für Unix, aufgrund derer dann AIX entwickelt wurde, ursprünglich im Februar 1985 von AT&T erhalten. SCO hat 1995 Rechte an Unix und «Unixware» gekauft, die nach eigenen Angaben den Source Code, Dokumentationen zum Source Code, Software-Enwicklungsverträge, Lizenzen sowie anderes mit Unix zusammenhängendes geistiges Eigentum umfassen.
Diese Rechte sind über einige Stationen zur jetzigen SCO Group gekommen: Novell hatte sie den Unix System Laboratories, einem Spin-off von AT&T, abgekauft und später an Santa Cruz Operation (SCO) weitergegeben. Diese wieder wurde dann mit Caldera zur heutigen SCO Group fusioniert. Letztlich dürfte sich der Rechtsstreit also darum drehen, was von den Rechten, die SCO besitzt, genau abgedeckt wird.

Sollte sich SCO selbst verklagen?

Die Ironie der Geschichte: Caldera war einst selbst als reines Linux-Unternehmen gegründet worden, und SCO führt auch weiterhin Linux-Produkte im Angebot. Know-how und Technologie von Unix zu Linux und umgekehrt zu transferieren war damals als eine der Grundideen dieses Mergers propagiert worden. Müsste sich die SCO Group also nicht auch selbst verklagen? Wer weiss, wer da gewinnen würde.

Hard- (Self-)Selling?

Inzwischen ist noch ein weiterer Aspekt der Geschichte aufgetaucht. Möglicherweise würde SCO nämlich gerne von IBM aufgekauft werden. Chris Sontag, ein höherer Manager bei SCO, erzählte jedenfalls gegenüber «Computer Business Reviews», man würde ausser einem Prozess bis zum bitteren Ende auch «eine andere Vereinbarung» akzeptieren.
«Falls [IBM] eine andere Lösung auf den Tisch bringt, die gut für das Unternehmen, die Lizenzinhaber und unsere Shareholder ist, würden wir sie sicher in Betracht ziehen.» Gefragt, ob damit unter anderem auch ein Kauf von SCO durch IBM gemeint sein könnte, antwortete er: «Das könnte man so sagen.»
Wenn IBM die SCO Group einfach aufkaufen würde, wäre die Klage natürlich vom Tisch. Falls Big Blue sich dann nicht selbst anzeigt.

Keine Bagatelle


Wenn die Klage aber doch durchgezogen wird und SCO damit durchkommt, befürchten viele Beobachter auf jeden Fall grossen Schaden für das Linux-OS. Im Laufe der Zeit ist sicher viel Unix-Technologie von verschiedenen Firmen und Entwicklern in Linux eingebracht worden. Die SCO Group könnte im Falle eines Prozesserfolgs gegen IBM viele weitere Linux-Firmen ins Visier nehmen. (hjm)


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