Kurt Frühs geschrumpfte Visionen zum Abschied

Der COS-Konzern hat den Turnaround fast geschafft, doch die Euphorie vergangener Zeiten ist definitiv vorbei.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/07

     

Per 1. Juli wird Kurt Früh den Posten als CEO der COS-Gruppe an Roland Apelt, bisher Distributionschef des Konzerns, abgeben. Früh wird sich auf den Posten des Verwaltungsratspräsidenten zurückziehen.
So präsentierte er an der vergangenen Bilanzpressekonferenz der COS-Gruppe zum letzten Mal die Resultate der Badener Holding. Diese können sich angesichts der Wirtschaftslage durchaus sehen lassen. Die COS-Gruppe erzielte konzernweit einen Umsatz von etwas über einer Milliarde Franken, 17,3% weniger als letztes Jahr. Unter dem Strich schaute ein Reingewinn von 100’000 Franken heraus.
Der Gewinn vor Steuern betrug immerhin drei Mio. Franken, der Turnaround ist damit halbwegs geschafft. Denn letztes Jahr verlor die Gruppe noch 13,8 Mio. Franken (vor Steuern). Die verbesserte Ertragslage wurde mit einem massiven Abbau der Arbeitsplätze von 755 auf 690 bezahlt.

Sorgenkind Distribution Schweiz

Noch hat die COS in der Schweiz die völlig missglückte Alltron-Übernahme vom Frühjahr 2001 nicht verdaut. Von den kombinierten Umsätzen der Alltron und COS, nach unserer Schätzung etwas über 400 Mio. Franken im Jahr 2000, blieb weniger als die Hälfte zurück. Der Schweizer Distributionsarm schrieb auch letztes Jahr rote Zahlen und sogar für das laufende Jahr erwartet Kurt Früh noch einen «kleinen Verlust».
Besser sieht es in Deutschland und Österreich aus. COS findet sich bei deutschen Reseller-Umfragen regelmässig auf den vorderen Plätzen und die Umsätze stiegen ganz gegen den Trend sowohl in Deutschland wie auch Österreich. Besonders erfolgreich ist COS Memory, wo trotz Preiszerfall der Umsatz gesteigert wurde und die Marge stabil blieb.

Remarketing ist ein schwieriges Business

Gemischt entwickelte sich der Systemintegrator COS Concat. In der Schweiz legte Concat stark zu (+ 24,3%), in Deutschland hingegen verlor Concat Umsätze und musste Stellen abbauen.
Auch der potentiell margenstarke Bereich Remarketing (Verkauf gebrauchter PCs, Server und Peripherie) will nicht so recht abheben.
Der Umsatz blieb mit 22,5 Mio. Franken gleich wie letztes Jahr. Hauptproblem beim Occasionsgeschäft ist nicht der Absatz sondern die Beschaffung. Immerhin konnte sich COS Remarketing grosse Partner wie Swisscom, ABB, KPMG oder die IBM-PC-Abteilung als Lieferanten sichern.

Blick in die Zukunft

Als einer der wenigen Top-Manager im Schweizer IT-Geschäft exponiert sich Kurt Früh jeweils mit recht detaillierten Prognosen und legt seine Strategien auf den Tisch. Dieses Vorgehen hat den Nachteil, dass man die Prognosen bisweilen auch revidieren muss. So sprach Früh im April 2001 noch davon, die COS-Gruppe zum paneuropäischen Konzern mit zwei Milliarden Franken Umsatz wachsen zu lassen.
Er glaubte (wie der Schreibende auch) an die enge Verzahnung von «E-Tailer» (Internet-Kataloghändler) und Disti und plante, einen paneuropäischen Kompontenten-Distributor aufzustellen. Heute sagt er, er sei froh, wenn COS im laufenden Jahr eine Milliarde Franken umsetzen könne. Der COS-Chef ist mit seinen Prognosen unterdessen ziemlich pessimistisch und plant, im laufenden Jahr Personalabgänge nicht zu ersetzen und so etwa einen Zehntel aller Stellen abzubauen.

Voller Visionen

Trotzdem sind Früh die Visionen nicht ausgegangen: Der COS-Konzern soll in Zukunft Grossfirmen ein Komplettangebot machen. COS-Concat soll Systemintegration betreiben (Unix und Storage), COS Remarketing gebrauchte Geräte zurücknehmen, während COS Distribution über den «E-Tailer» Avitos Komponenten und Supplies liefert. Voraussetzung dafür ist ein gruppenweites System, das mit mySAP dieses Jahr eingeführt werden soll.

Channel-Konflikt


Dem Argument eines möglichen Channel-Konflikts mit der angestammten Reseller-Kundschaft begegnet Früh mit dem Hinweis, dass die angepeilten Grossfirmen sowieso von den Herstellern direkt beliefert würden. (hc)


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