Entscheidend für den Erfolg eines Outsourcing-Projektes ist die Bereitschaft der Vertragspartner, eine langfristige Kooperation abseits des klassischen Denkmusters «Besteller - Lieferant» einzugehen.
Der Prozess der Vertragsausarbeitung ist daher beinahe so wichtig wie der Inhalt des Vertrages selber, da diese Phase der Vertrauensbildung dient und auch die relevanten Geschäftsprozesse klar definiert werden.
Für Outsourcing gibt es keinen festen Vertragstypus. Jeder Outsourcing-Vertrag bildet ein aus verschiedenen Rechtsgeschäften zusammengesetztes Werk, das wegen der Fülle der zu regelnden Tatbestände zentral für das Gelingen des Projekts ist. Neben Rechten und Pflichten der Beteiligten ist etwa auch ein geregelter Ausstieg aus dem Projekt oder die eventuelle Übergabe an einen nachfolgenden Dienstleister festzulegen.
Übernahme einer IT-Infrastruktur
Regelt der Vertrag einen Akquisitions-Tatbestand, der einer Unternehmensübernahme gleichkommt, werden gewöhnlich Assets wie Hardware-Plattformen, Netzwerke und Softwarenutzungsrechte, daneben auch Personal und allenfalls bestehende Service-Level-Agreements oder im Falle des Business Process Outsourcing (BPO) gar umfassende Geschäftsprozesse mit ganzen Abteilungen oder Firmen vom Outsourcer übernommen.
Zuerst wird ein «Memorandum of Understanding» über den gemeinsamen Business Case, Prozesse, Geheimhaltung, Exklusivität und Rücktrittsmöglichkeiten erstellt. Dann erst folgt der eigentliche «Due Diligence» Prozess, für den neben der Inventarisierung besonderes Augenmerk auf die benutzten Software-Lizenzrechte zu richten ist.
Denn Software-Lizenzen unterliegen häufig Übertragungsrestriktionen oder sie stützen sich auf Corporate License Agreements des Abtreters, die der übernehmende Outsourcer nicht einfach so in Anspruch nehmen darf.
Den bestehenden Verpflichtungen des abtretenden Betreibers ist höchste Aufmerksamkeit zu widmen, denn häufig bestehen eine Unzahl von Wartungs-, Berater- oder Leasingverträgen, die für den Betrieb benötigt werden. Entscheidend über Erfolg oder Misserfolg ist die Analyse der für den Abtretenden zu erbringenden Leistungen. Wichtig ist auch, die betroffenen Mitarbeiter frühzeitig und umfassend zu orientieren und in die eigene Organisation des Outsourcers einzubinden.
Start auf der grünen Wiese
Ein weiteres Outsourcing-Szenario ist der Start «auf der grünen Wiese». Typisches Beispiel ist die Einführung einer neuen Plattform, etwa von mySAP.com, häufig im Zusammenhang mit einem Business Process Reengineering. Oft führt der Outsourcer diese Plattform ein und betreibt sie anschliessend.
Solche Projekte setzen sich eigentlich aus einem Systemintegrations- und einem anschliessenden Outsourcing-Projekt zusammen. Hier werden zuerst in einem Vorvertrag Aktivitäten, Kostentragung und Ausstiegsmöglichkeiten bis zur Unterzeichnung des Hauptvertrages geregelt.
Im Gegensatz zu völlig getrennten Projekten gilt meist die Produktionsreife als Abnahme-Ergebnis, während Garantiemängel wie auch die Pflege allfälliger im Verlaufe des Systemintegrationsprojektes erstellter kundenspezifischer Applikationen im Rahmen des Betriebsvertrages vorgenommen werden.
Tangierte Rechtsgebiete
Die erste Phase eines Outsourcings (Übernahme bzw. Neuimplementierung) stellt einen einmaligen Vorgang dar. Beim Kern des Outsourcing-Vertrages, der Betriebsphase, handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, das in der Regel über einen längeren Zeitraum (3-15 Jahre) abgeschlossen wird.
In der ersten Phase geht es um Übernahme von Hardware (Kaufrecht) und Software (Kauf- oder Lizenzverträge), Geschäftsübernahme (Übernahme von Aktiven und Passiven), Entwicklung kundenspezifischer Software oder Systemintegrations-Arbeit (in der Regel Werkvertrag).
In der zweiten Phase (Analyse bzw. Betrieb) steht dann die Dienstleistung im Vordergrund, so dass hauptsächlich Auftragsrecht zur Anwendung kommen wird. Daneben spielen für die Zurverfügungstellung der Infrastruktur auch Mietrecht oder Leasinggeschäfte mit.
Bestandteile des Vertrages
Der Outsourcing-Vertrag sollte möglichst flexibel gestaltet werden. Bewährt hat sich ein Rahmenvertrag mit Einzelverträgen für die jeweiligen Projekte, IT-Umgebungen oder Leistungskomplexe (Service Level Agreements). Jeder Einzelvertrag kann dabei auf seine eigene Leistungsbeschreibung, Preisfestsetzung sowie Auflösungsbestimmungen verweisen.
Bei der Übernahme eines EDV-Betriebes kommen noch diverse Inventare dazu: Systemplattform, Lizenzen, Work in Progress, Liste der zu übertragenden Informatikverträge wie z.B. Kundenverträge, Wartungsverträge etc., Liste der zu übertragenden Mietverträge für Lokalitäten und Aufstellung weiterer Assets.
Eine detaillierte Liste der zu übertragenden Arbeitsverhältnisse gehört ebenso dazu, wie die Vergütungen für die einzelnen Leistungen, Garantien für die übernommenen Unternehmensteile und Verträge sowie eine Regelung über Entschädigungen bei vorzeitiger Vertragsauflösung.
Vertragsbeendigung
Für den Fall, dass das Outsourcing-Verhältnis nach Ablauf der Vertragsdauer nicht weitergeführt wird, sind im Vertrag bereits Vorkehrungen zum Know-how-Transfer zu treffen. Neben dem ordentlichen Ablauf ist aber auch ein vorzeitiger Ausstieg zu regeln. Da mit der Übernahme oder einem Projektaufbau erhebliche Investitionen seitens des Outsourcers verbunden sind, wird der vorzeitige Ausstieg mit entsprechenden Investitionsabgeltungen verbunden sein.
Checkliste Outsourcing
Hilfreich für die Vertragsausarbeitung ist die «Checkliste Outsourcing-Vertrag», die vom Schweizerischen Wirtschaftsverband der Informations-, Kommunikations- und Organisationstechnik, SWICO unter www.swico.ch bezogen werden kann.
Der Autor
Dr. Peter K. Neuenschwander, Rechtsanwalt.
Während fast 13 Jahren war Peter K. Neuenschwander Rechtskonsulent bei der Schweizer Organisation eines globalen IT-Unternehmens. Ab 1995 war er dort als Legal Counsel Europe für die Rechtsberatung des gesamten europäischen Vertriebsgeschäft zuständig. 1998 wurde er Partner in einer Zürcher Anwaltskanzlei mit Beratungstätigkeit im Bereich IT-Recht, Telekommunikation und Vertriebsrecht. Seit diesem Jahr führt er seine eigene Anwaltskanzlei. Daneben ist er IT-Rechtskonsulent und Vorsitzender der Kommission IT-Recht des SWICO. Kontakt: www.snplegal.com