Avaloq verfolgt Standard-Ambitionen

Die Schweizer Banken-Softwareschmiede konnte die Zürcher Kantonalbank und die Privatbank Sarasin für die eigene Plattform gewinnen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/11

     

«Wir wollen unsere Lösung als Banking-Standard in der Schweiz etablieren», sagt Roger Wechsler (Bild), zuständig für die Geschäftsentwicklung bei Avaloq Evolution AG, einer Zürcher Softwareschmiede für Bankensoftware. Das sind äusserst ambitionierte Pläne für ein junges Softwareunternehmen mit gerade mal 80 Mitarbeitenden und einem geschätzten Jahresumsatz von 20 Mio. Franken für 2002.
Genährt wird die Zuversicht durch eine Reihe viel versprechender Geschäftsabschlüsse, die Avaloq in jüngster Zeit verbuchen konnte – namentlich mit Postfinance, der Bank Sarasin und der Zürcher Kantonalbank. Avaloq – die Firma ist 2001 aus der BZ Informatik hervorgegangen – ist es damit gelungen, aus ihren engen Stammlanden auszubrechen und sich als ernstzunehmender Player im Wettkampf um den Einbau von Kernbankenpaketen in Retail- und grössere Privatbanken zu positionieren.
Zu ihren härtesten Konkurrenten zählen Misys, SAP, SDS, Sungard und Temenos.
Insbesondere der Deal mit der Zürcher Kantonalbank hat eine gewisse Brisanz. So gilt das Zürcher Finanzinstitut als Trendsetter in informationstechnischen Belangen im Kantonalbankenumfeld, und manche Lösungen werden auch gerne von anderen Kantonalbanken übernommen.
So wird beispielsweise die Internet-Banking-Applikation der ZKB auch von den acht zum AGI-Verbund zählen Kantonalbanken genutzt, welche diese wiederum anderen Kantonalbanken weiterreicht, etwa der Zuger Kantonalbank.
Eine ähnliche Signalwirkung könnte jetzt der Entscheid der Zürcher Banker haben, im Wertschriftenabwicklungsbereich mit Avaloq zusammenzuarbeiten. Der Entscheid dürfte vor allem Swisscom IT Services sauer aufstossen, die für die Informatik der AGI-Verbundsbanken zuständig ist. Diese will nämlich in den nächsten Monaten mit dem Roll-out der Österreicher Wertschriftenlösung Geos (SDS) bei ihren acht Kantonalbanken beginnen und hatte umgekehrt gehofft, mit ihrer Lösung einen Standard zu setzen. Diesem Ansinnen hat nun die Entscheidung der ZKB einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Doch der Plattform-Entscheid der Zürcher ist nicht nur kantonalbankpolitisch interessant. Er ist es auch in technischer Hinsicht: Insbesondere kann Avaloq mit den Wins bei der ZKB und auch bei der Bank Sarasin den Nachweis antreten, in Höhen skalieren zu können, wie es der Software bis vor kurzem nicht zugetraut wurde.
Dass die Lösung, die typischerweise auf Unix-Maschinen von Sun, IBM und HP (Sarasin setzt auf HP) läuft, durchaus performant und ein Mehrfaches der Zürcher Wertschriftentransaktionen zu leisten fähig sei, sagt auch ein Mitarbeiter der ZKB, der bei der Avaloq-Evaluation mitwirkte. Gleichzeitig weist er auch auf eine Schwäche des Produkts hin.
Dem Softwareingenieur missfällt die Tatsache, dass die Avaloq-Lösung im Prinzip eine einzige grosse Oracle-Datenbank sei. In dieser Abhängigkeit zu Oracle ortet er einen Makel. Man könne ja nie wissen, wann Larry Ellison wieder mal das Lizenzmodell ändere, sagt er.
Im Gegensatz zur ZKB, die nur das Wertschriftenmodul implementiert, will die Bank Sarasin das
gesamte Kernbankenpaket einführen. Die Einführung wird Modellcharakter haben. Denn im Unterschied zu einer normalen Implementierung wird bei Sarasin der Versuch unternommen, mit der Einführung eine Modellparametrisierung zu erarbeiten.
Die Banking-Lösung ist hochgradig parametrisierbar, was den Avaloq-Leuten immer wieder mal zum Vorwurf gemacht wurde. Eine Modellparametrisierung würde Avaloq und ihren Integrationspartnern nun erlauben, die Lösung quasi ab Stange bei Banken einzubauen. Dies würde die Einführungszeit drastisch senken. Entsprechend sind beim Sarasin-Projekt ungewöhnlicherweise mit Comit, IBM (PwC), Solution Providers und Monex gleich alle vier Avaloq-Implementierungspartner gemeinsam am Werk. (Beat Schmid)


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