Die Finanzen der
Cablecom waren über die letzten Wochen einmal mehr im Zentrum des öffentlichen Interesses. Angefeuert durch die Sonntagspresse, insbesondere die «Sonntagszeitung», wurde spekuliert, wie lange es wohl noch gehen werde, bis die Cablecom von der Schuldenlast erdrückt werde und die Mattscheibe in so manchem Schweizer Haushalt schwarz bleibe.
Im Jahr 2000 wurde die Cablecom von der
Swisscom,
Siemens und Veba, die je zu einem Drittel am Kabelfernsehunternehmen beteiligt gewesen waren, verkauft. Die britische Firma NTL erhielt für die Summe von 5,8 Mrd. Franken den Zuschlag. Kurz darauf wurde bekannt, dass NTL Probleme bekundete, den Betrag bereitzustellen.
Cablecom-Aktien als Sicherheit verpfändet
Die Lösung bestand schliesslich in einer «Überkreuz-Verflechtung»: 3,1 Mrd. Franken blätterte NTL tatsächlich auf den Tisch. Die restlichen 2,7 Mrd. Franken steuerte ein Bankenkonsortium unter Federführung von Chase Manhatten bei. Als Sicherheit für diesen Kredit und weitere 1,4 Mrd. für Investitionen wurden die Cablecom-Aktien verpfändet.
Bereits nach etwas mehr als einem Jahr gab es erste Gerüchte, die
Cablecom sei wieder zu haben.
NTL brauchte dringend flüssige Mittel. Das Schicksal der Cablecom rief in der Folge zahlreiche Interessenten auf den Plan, die mit eine Übernahme dem an sich lukrativen Unternehmen aus der Patsche helfen wollten. Den Auftakt machte die
Swisscom.
Deren Chef, Jens Alder: Wenn festgestellt werde, dass die Swisscom ein Monopol habe, führe dies zu einer Regulierung, und damit habe man danach das Recht, die Cablecom zu kaufen.
Selbst einzelne Städte interessiert
Tiscali,
Microsoft, aber auch AOL und Liberty Media waren angeblich alle an der Übernahme der
Cablecom interessiert. Aber auch einzelne Städte (zuerst Zürich, später stiessen auch noch Bern und Basel dazu) signalisierten Interesse entweder ihre lokalen Kabelnetze aus der Cablecom herauszukaufen oder mit vereinten Kräften gleich das ganze Unternehmen zu übernehmen.
In der zweiten Maihälfte war bekannt geworden, dass der Financier George Soros zusammen mit Apollo Investors versucht, die unwilligen Banken Crédit Lyonnais, Bankgesellschaft Berlin sowie die Neue Aargauer Bank für die Refinanzierung der Cablecom zu gewinnen. Soros und Apollo hatten bereits einen Teil der Schuldenlast übernommen.
Die Einigung mit den Banken steht aber noch aus. Damit bleibt das Schicksal des Unternehmens weiter ungewiss. Letzte Woche hiess es, die Finanzierung sei durch die Banken um einen weiteren Monat verlängert worden, und man sei in Verhandlungen. Cablecom sei bereits heute operativ ein profitables Unternehmen... (map)
Unsinkbares Schiff
Die Titanic wurde einst als «unsinkbares Schiff» angepriesen – welch ein Irrtum. Den umgekehrten Irrtum begeht, wer glaubt, die Überschuldung könnte
Cablecom in den Untergang treiben. Denn eigentlich ist der grösste Schweizer Kabelnetzbetreiber eine Goldgrube. Immerhin 250 Millionen Franken verdiente Cablecom letztes Jahr vor Steuern, Abschreibungen und Zinsen.
Das Problem ist nicht das tägliche Geschäft, sondern der eigene, hochspekulative (weil fremdfinanzierte) Kaufpreis, den die ehemalige Rediffusion auch gleich noch selbst mitfinanzieren musste.
Wer nun aber befürchtet, Cablecom könnte in den Konkurs getrieben werden und zwei Millionen Haushalte plötzlich ohne Pantoffelkino und Internet dastehen, der irrt. Bei den jetzigen Verhandlungen geht es nicht um Sein oder Nichtsein, sondern nur um die Verteilung der nötigen Abschreiber zwischen den verschiedenen Gläubigern und den zukünftigen Besitzern. Anders als die Titanic ist die Cablecom tatsächlich ein unsinkbares Schiff – ob der zukünftige Besitzer nun Soros oder EWZ heisst.
Christoph Hugenschmidt