«Die Kunden wollen heute keine Services mehr.» Der diese, auf den ersten Blick doch überraschende Aussage macht, ist Max Siegrist, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Zürcher Netstuff, dem einstigen Schweizer Exklusivdistributor für Security-Produkte von Check Point und
Nokia.
Dass sich Security-Services bei weitem nicht so gut verkaufen lassen wie einst prophezeit wurde, hat die Netstuff allerdings recht spät gemerkt. Denn die Zürcher haben für den Support seit Bestehen der Firma nie einen einzigen Rappen verlangt. «1999 haben wir mit sechs Leuten 30 Mio. Franken Umsatz gemacht.
Damals waren die Produkt-Preise um einiges höher und die Marge entsprechend grösser. Wir konnten uns sehr gute Support-Techniker leisten, ohne den Kunden etwas weiterverrechnen zu müssen. Diese Zeiten sind heute leider vorbei», sagt Siegrist zu IT Reseller, «es herrscht Krieg!»
Lizenzen verhökern
Dass die Preise und Margen zusammengebrochen sind, sei zum einen die Folge des wirtschaftlichen Abschwungs, zum anderen eine Auswirkung der zunehmenden Sättigung des Marktes und der installierten Basis der Produkte.
Siegrist sieht Netstuff als Opfer der Hersteller. «Überall sind die Umsätze eingebrochen, auch bei uns.» Check Point hätte aus Netstuff einen
Broadliner machen wollen, sagt Siegrist verdrossen, man hätte auf Teufel komm raus Lizenzen verhökern sollen.
«Bei Check Point nahm man schliesslich unsere sinkenden Umsätze zum Anlass, den Exklusivvertrag nicht weiterzuverlängern. Auf einen Schlag mussten wir den Markt mit vier anderen Distis teilen.» Darüber hinaus sei es gar vorgekommen, dass die neuen Mitbewerber
«Eins-zu-Eins geschoben» hätte, also Lizenzen ohne Margen-Aufschlag weitergaben. Um einem Konkurrenten einen bedeutenden Cisco-Auftrag wegzuschnappen, seien schon Check-Point-Lizenzen für 50'000 Franken zum Einstandspreis weitergegeben worden.
Vor eineinhalb Jahren kam Siegrist nicht mehr um die Entscheidung herum, entweder Service nur noch gegen Geld zu erbringen oder sich auf den reinen Sofware-Verkauf zu beschränken. «Ich glaube nicht an die zurzeit herrschende Meinung, man könne Security-Produkte im Mediamarkt kaufen, es brauche sowieso keine Services mehr.»
Diese Ansicht könne fatale Folgen haben, sagt Siegrist. «Also bauten wir einen Schulungsbereich auf, der sogar profitabel war. Beim Support hat’s nicht funktioniert. Die Kunden waren nicht bereit, für unsere Dienstleistung zu bezahlen.»
Netstuff soll weiter leben
Heute bietet Netstuff seinen wichtigsten und treuesten Kunden den Support weiterhin gratis an. Da man selbst keine autorisierten Support-Leute hat, kauft Siegrist den Support extern ein. «Das kann man auch bezahlen, die Masse der Support-Anfragen ist nicht sehr hoch.»
Siegrist will also weiter machen und Netstuff durch die Krise bringen. «Wir müssen uns der Nachfrage anpassen und später in einer wirtschaftlich besseren Situation an frühere Zeiten anknüpfen.» Seine frühere Meinung, dass Support gratis sein soll, hat er mittlerweile – Gott sei Dank – geändert. Oder die Not zu einer Tugend gemacht? (mh)