Ende Januar hat eine Ankündigung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes (EVD) die Schweizer IT-Szene überrascht: Seit diesem Februar betreut mit
IBM zum erstenmal ein externer Dienstleister Arbeitsplätze, Mailsystem und Helpdesk eines ganzen Departements der Bundesverwaltung.
Das EVD will damit den Betrieb seiner Bürokommunikation «zu einem marktgerechten Preis sicherstellen». Die Fachanwendungen werden weiterhin intern betrieben. Einige der früher über 40 Angestellten der EVD-Informatiktruppe sind im Zuge des Sourcing-Deals von IBM übernommen worden.
Die Bundesverwaltung hat die Dimensionen eines Grossunternehmens: Im Januar 2004 beschäftigten die sieben Departemente und die Bundeskanzlei 37’916 Mitarbeitende, die jährlichen Informatikausgaben belaufen sich auf über 250 Millionen Franken.
Im Rahmen des in diesem Jahr zum Abschluss kommenden Reorganisationsprojekts Nove-IT wurde die Anzahl der Leistungserbringer von 75 auf 7 reduziert und das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) geschaffen, das neben seiner Hauptfunktion als IT-Dienstleister für das Finanzdepartement, das Departement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation und die Bundeskanzlei auch Querschnittsaufgaben für alle Departemente wahrnimmt.
Nur noch ein einziger Leistungserbringer pro Departement ist seither für den Betrieb der amtsspezifischen Fachanwendungen zuständig.
Wettbewerb hält Einzug im Bundeshaus
Am 1. Oktober des vergangenen Jahres wurde schliesslich die Verordnung über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung (BinfV) in Kraft gesetzt. Diese enthält einige brisante Punkte, die vor allem im BIT gar nicht goutiert werden.
So wurde darin die Möglichkeit für die Leistungsbezüger geschaffen, Leistungen bei externen Anbietern zu beziehen. In der alten Verordnung hiess es nämlich, dass «die benötigten Leistungen grundsätzlich beim Leistungserbringer des Departementes» oder im Falle von Querschnittsaufgaben beim BIT bezogen werden müssen.
Der Entscheid zu einer externen Vergabe – falls diese für das Projekt notwendig war – wurde dann allenfalls vom internen IT-Anbieter gefällt. Nach Artikel 7 der neuen Verordnung liegt dieser Entscheid jetzt aber beim Departement selber – in letzter Konsequenz sogar beim jeweiligen Bundesrat: «Die Konkurrenz zwischen internen und externen Anbietern wird neu ermöglicht.
Der Entscheid, ob ein Projekt oder eine Betriebsleistung intern oder extern vergeben wird, soll aber normalerweise vor einer Ausschreibung fallen, um nicht unnötigen Aufwand für Offerten auszulösen», sagt Jürg Römer, Delegierter für die Informatikstrategie des Bundes und Projektleiter von Nove-IT.
Ein weiterer Knackpunkt: In Artikel 24 der BinfV heisst es, dass die internen Leistungserbringer «im Rahmen des Beschaffungsverfahrens eingeladen werden können, ebenfalls eine Offerte einzureichen».
Die Offerten der internen Anbieter müssen also nicht mehr zwingenderweise im Auswahlverfahren berücksichtigt werden. Natürlich sorgt diese Entwicklung für rote Köpfe im BIT, das gegenwärtig an mehreren Standorten rund 550 interne und 200 externe Mitarbeitende beschäftigt.
BIT meldet Bedenken am Outsourcing-Trend an
Claudio Frigerio, Pressesprecher des BIT, gibt im Gespräch mit IT Reseller zu bedenken, dass es im Fall von EVD und
IBM mit der blossen Einrichtung der Arbeitsplätze noch nicht getan sei: «Die Einbindung des externen Anbieters in die Netz-Infrastruktur und die Netzdienste des Bundes ist komplex und aufwändig und von der Sicherheit her sehr anspruchsvoll. Dieser Teil wurde auch nicht ausgelagert, sondern liegt beim BIT.
Der Mehraufwand im Bereich Datenkommunikation und Sicherheit wird von uns getragen werden müssen», erklärt Frigerio. Auch macht er keinen Hehl daraus, dass das BIT im Falle der Einladung zu einer öffentlichen Ausschreibung mit ungleich langen Spiessen in den Wettbewerb zieht: «Das BIT darf seine Produkte nicht quersubventionieren und muss transparente Offerten einreichen.
Dagegen ist die Privatwirtschaft nicht zu kostendeckenden Preisen verpflichtet und wird die Möglichkeit haben, mit Dumpingpreisen Marktanteile zu erobern», so Frigerio. Ausserdem befürchtet er, dass in nach aussen kostenwirksamen Sourcing-Projekten lediglich eine Umschichtung der Kosten stattfinden könnte, die Gesamtkosten für den Bund aber steigen. Diese würden, so Frigerio, letztlich zu Lasten der Steuerzahler gehen.
Fest steht, dass die grossen Outsourcer
Unisys,
T-Systems,
Swisscom IT Services und IBM bereits in den Startlöchern stehen für die Jagd auf die Bundes-IT-Millionen. «Unsere Niederlassung in Bern mit über 100 Mitarbeitern kümmert sich fast ausschliesslich um den Bund und die Kantone Bern und Zürich», sagt Unisys-Mediensprecher Thomas Hügli. «Verwaltungen haben die gleichen Bedürfnisse wie andere Unternehmen auch», meint Daniel Hinz, Kommunikationsleiter von T-Systems Schweiz.
Auch IBM prescht in Bern weiter vor: Im vergangenen Jahr wurde in der Bundeshauptstadt ein Kompetenzzentrum für Verwaltungslösungen eröffnet.
Noch nicht alle Departemente sind so weit
Während das EVD in Sachen Outsourcing mutig vorgeprescht ist, hält sich die Begeisterung in den anderen Departementen noch in Grenzen. «Eine Auslagerung des Betriebs ist im Moment nicht geplant», sagt Pascal Strupler, Generalsekretär im Eidgenössischen Departement des Innern (EDI).
Auf die eigenen 150 IT-Angestellten setzt auch Hans Brunner, stellvertretender CIO im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD). Ein Outsourcing der Büroautomation könne man sich zwar überlegen, es stehe aber zu diesem Zeitpunkt nicht auf der prioritären Liste, meint er. Hier ist allerdings die Frage durchaus berechtigt, wie weit die unternehmerische Ader von Bundesrat Blocher auf die Informatik-Entscheide im EJPD wirken wird.
Rund 350 Mitarbeitende erbringen derzeit IT-Dienstleistungen für das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). «Im Grundsatz machen wir den Betrieb selber, während die Software-Entwicklung schon länger frei gehandhabt wird», sagt CIO Bernhard Horrisberger.
«Je näher» sich eine Anwendung bei der Armee befinde, desto unwahrscheinlicher sei ein Sourcing-Auftrag an einen externen Anbieter. Dennoch sieht Horrisberger ein gewisses Potential: «Es gibt keinen Grund, warum beispielsweise Unterstützungssoftware für das Bundesamt für Sport bei uns laufen muss. Das gehört nicht zwingend zu unseren IT-Aufgaben», sagt er.
«Das BIT muss sich neu orientieren»
Jörg Henseleit, Geschäftsleitungsmitglied von
Unisys Schweiz und Verantwortlicher für Outsourcing gibt sich erstaunt ob den kämpferischen Tönen aus dem BIT: «Das Bundesamt für Informatik befindet sich in der gleichen Situation wie eine Informatik-Abteilung in einem Grossunternehmen, wo Outsourcing zum Thema wird», sagt er.
Henseleit denkt, dass das politische Klima in der Schweiz gegenwärtig noch keine allzu grossen Sprünge zulasse, dass Outsourcing aber in den nächsten Jahren in allen Departementen zum Thema wird. «Das BIT wird im Interesse der Steuerzahler sein eigenes Pflichtenheft neu definieren und vermehrt strategische Aufgaben wahrnehmen müssen», meint Henseleit.
In Zukunft werde es wichtiger, den Departementen für die Optimierung deren Geschäftsprozesse beratend zur Seite zu stehen als den Betrieb der Infrastruktur zu gewährleisten. (bor)