Mr. Montis Riesenschlag gegen Redmond

Die EU brummte Microsoft 497 Millionen Euro Strafe auf. Kritiker bezweifeln grosse Auswirkungen auf den Markt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/06

     

Dem Vorschlag von EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti folgend, hat die EU-Kommission in Brüssel letzten Mittwoch Microsoft wegen Ausnutzung der Monopolstellung zu einer Busse von 497 Mio. Euro verknurrt. Das ist die bisher höchste Kartellstrafe, die die Behörde je verhängt hat.
Die EU-Kommission sei zu dem Schluss gekommen, so die Begründung, Microsoft habe ihr Quasi-Monopol bei Betriebssystemen für PCs auch auf den Markt für Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver sowie den Markt für Medienabspielprogramme ausgedehnt, was einen klaren Verstoss gegen europäisches Wettbewerbsrecht darstelle.
Schwerwiegender als die Geldstrafe dürfte Microsoft die Auflagen der Behörde treffen: diese hat angeordnet, dass die Redmonder innert 120 Tagen die Schnittstellen offen legen und es ihren Konkurrenten ermöglichen müssen, ihre Serverprogramme mit dem Windows-Betriebssystem zu verbinden. Zudem müsse Microsoft innert 90 Tagen PC-Herstellern und Endusern die Möglichkeit geben, das Windows-Betriebssystem auch ohne den Windows Media Player zu erwerben.

Microsoft plant einstweilige Verfügung

Microsoft kündigte mittlerweile an, die Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof anzufechten. Allem voran will man mit einer einstweiligen Verfügung die Offenlegung der Schnittstellen verhindern. Die Optimisten unter den Microsoft-Gegnern hoffen, dass der Präzedenzfall endlich für klare Wegweiser sorgen und ein rechtsverbindliches Urteil schaffen werde.
Kritiker hingegen erwarten durch die Auslieferung von zwei Versionen des Betriebssystems, besonders wenn sie zum gleichen Preis angeboten werden, kaum grössere Auswirkungen auf den Markt. «Wenige Käufer werden sich für ein Produkt mit weniger Funktionen entscheiden, wenn sie mehr Funktionen für denselben Preis haben können», äussert sich beispielsweise David Smith, Analyst bei Gartner.

Auch Schweiz will absahnen

Nach dem Urteil gegen Microsoft, wittert nun auch der Schweizer Bund eine Chance, ein paar Löcher in der Staatskasse zu stopfen. Wie ein Weko-Sprecher verlauten liess, würden die Anschuldigungen durchaus auch in der Schweiz zutreffen und durch ein Bussgeld in der Höhe von 54 Mio. Franken abgesühnt werden können.
Firmen in der Schweiz müssen sich ab 1. April generell in Acht nehmen, denn dann tritt das verschärfte Kartellgesetz in Kraft. Die Wettbewerbskommission ist dann berechtigt, Verstösse gegen das Wettbewerbsrecht wie Preisabsprachen, Gebietsabschottungen oder Missbrauch von Marktbeherrschung direkt mit einer Busse zu ahnden. Allerdings wird den Schweizer Unternehmen bei Verfehlungen noch eine Gnadenfrist von einem Jahr gewährt, um ihr Verhalten anzupassen oder der Weko zu melden. (sk)


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