Lange wurde darüber gemunkelt, viele haben es insgeheim gehofft oder befürchtet und nun wird es Realität: Die beiden IT-Fachmessen Orbit und Internet Expo (iEX) werden zusammengelegt und finden als gemeinsame Messe unter dem Namen «Orbit-iEX» vom 24. bis 27. Mai 2005 in Basel statt.
Sowohl die Orbit 2004, die vom 21. bis 24. September geplant war, als auch die iEX 2005, die vom 8. bis 10. Februar 2005 hätte stattfinden sollen, werden abgeblasen.
Die beiden Veranstalter treten als Joint Organizer auf, wobei die «Orbit-iEX» von der Reed-Tochter Exhibit, die bisher die Internet Expo veranstaltete, durchgeführt wird. Wie Giancarlo Palmisani (recht im Bild), der Messeleiter der neuen ICT-Plattform, zu IT Reseller sagte, wurde ein Steering Committee bestehend aus je drei Vertretern der beiden Unternehmen gebildet, das nun die Feinarbeit am neuen Konzept in Angriff nehmen wird.
Das Committee besteht neben Palmisani aus Urs Ingold (Geschäftsleiter Reed Messen Deutschland/ Schweiz), Andrew Shanks (Reed England) und den drei Vertretern der Messe Basel Kurt Frischknecht, Peter Denger und Alain Pittet (links im Bild). Das Orbit-Team wird aufgelöst, einzig Walter Gammeter, der bisherige Key Account Manager der Orbit, wird zur Exhibit stossen und seine Funktion bei der neuen Messe behalten.
«Es wird eine herkömmliche Trade Show geben, ganz klar fokussiert auf Business-to-Business», so Palmisani. Der bisher parallel zur iEX durchgeführte Fachkongress, die iEX Conference, wird weiterhin durchgeführt.
Orbit kapituliert
Alles deutet darauf hin, dass die Orbit-Messeleitung angesichts drastisch gesunkener Aussteller- und Besucherzahlen vor der kleineren iEX kapituliert hat.
Auf unsere Frage, wie viele Anmeldungen die Orbit zum jetzigen Zeitpunkt hatte, schweigt man sich seitens der alten Orbit-Leitung aus: «Die Anmeldungen haben sich im gleichen Rahmen bewegt wie letztes Jahr zur gleichen Zeit. Details dazu sind Bestandteil des Kooperations-vertrages zwischen der Messe Schweiz und Reed Exhibitions, über den Stillschweigen vereinbart wurde», sagt uns Mirella Derungs von der Pressestelle der Messe Basel.
Wir rekapitulieren: per 27. Mai 2003 hatte die Orbit gerade einmal 169 definitive Anmeldungen. Die Messe zählte letztes Jahr schliesslich 402 Aussteller auf 11’000 m2 und verzeichnete 21’000 Besucher. Die iEX belegte dieses Jahr mit ihren 350 Ausstellern auf 8000 m2 Fläche nicht mal die Hälfte der Zürcher Messehallen, zog aber mit 19’000 Besuchern beinahe gleich viel Publikum an wie die Orbit.
Dass die Messe in Basel und nicht in Zürich durchgeführt wird, zeigt, dass die Veranstalter mit einer Grösse der Messe rechnen, die die Messe Zürich nicht tragen könnte. Die sieben Zürcher Messehallen bieten Platz für rund 17’400 m2 Ausstellungsfläche.
Zusammenschluss ja!
In einer Blitzumfrage haben wir die Aussteller der letzten Orbit und iEX zum Zusammenschluss befragt und 79 Antworten erhalten. Zwar sprechen böse Zungen, die hier namentlich nicht genannt werden wollen, von einer Beerdigung der Orbit und einem unfriendly Takeover der iEX und der Gefahr, einen IT-Bazaar zu veranstalten.
Auch fehle frisches Blut in der Messeleitung, heisst es mancherorten. Die überwiegende Mehrheit allerdings hat sich positiv zur Zusammenlegung der beiden Messen ausgesprochen. Ganze 87,7 Prozent der Befragten erachten den Zusammenschluss als sinnvoll und einen der Situation der beiden Messen angemessenen vernünftigen Schritt in die richtige Richtung.
Nur 12,3 Prozent, vorwiegende kleinere Aussteller, hätten gern weiterhin zwei Messen. «Grundsätzlich geht dieser Zusammenschluss in die richtige Richtung. Ob die neue Messe Erfolg haben wird, hängt im wesentlichen vom Konzept sowie von den Erwartungen der Besucher ab», sagt Rolf Widmer, Leiter Enterprise Marketing, von
Hewlett-Packard.
Und Christian Bühlmann, Marketingleiter von Info Nova meint: «Ganz nach dem Motto ‹Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende› haben nun offenbar die Verantwortlichen der beiden Schweizer IT-Messen eingesehen, dass es für alle Beteiligten sinnvoller ist, Synergien zu nutzen, statt als Einzelkämpfer den Heldentod zu sterben.»
Auch Microsoft äussert sich positiv: «Wir begrüssen diese Fusion durchaus, da die Branche ihre Kräfte zusehends weniger auf zwei Events verteilen will», sagt Daniel Moschins, Business und Marketing Officer bei
Microsoft Schweiz.
Da die beiden Messen in den letzten Jahren stark an Zulauf verloren haben, hatte Microsoft – mit Erfolg – in der Zwischenzeit mit den Xdays einen eigenen Event ins Leben gerufen. Auch 2005 sollen die Xdays wieder durchgeführt werden. «Wir sind generell offen, das neue Konzept mit der Messeleitung anzuschauen und zu entscheiden, ob wir zusätzlich zu den Xdays für 2005 oder 2006 eine Beteiligung in Betracht ziehen», so Moschins weiter.
Auch die
Swisscom begrüsst den Zusammenschluss von Orbit und iEX zu einer IT-Fachmesse. Sepp Huber: «IT-Datenprodukte rücken immer näher zusammen und es macht Sinn, die Kräfte auf einer grossen nationalen Messeplattform zu bündeln.»
Frühjahr ok
Beim Termin im Frühjahr scheiden sich die Geister: 49,2 Prozent der Umfrageteilnehmer finden ihn gut, 16,9 Prozent der Befragten ist es egal, ob die Messe im Frühjahr oder Herbst stattfindet. Immerhin noch 33,9 Prozent – vornehmlich aus dem Software-Bereich – sprechen sich gegen einen Termin im Mai aus.
Die Gründe gegen einen Frühjahrtermin reichen von Budgetplanungen im Herbst über das Einläuten des Weihnachtsgeschäfts an der September-Messe bis hin zu Terminüberschneidungen mit anderen Messen. Schliesslich finden im Frühjahr unter anderem die Topsoft (April), die Cebit (Mai), die Computerexpo Lausanne (Mai), die Personal Swiss (Mai) oder die Telenetfair (Juni) statt. Einige Softwarefirmen liessen bereits verlauten, die Topsoft einer Orbit-iEX vorzuziehen.
Basel? Lieber nicht!
Noch weniger einverstanden sind die Aussteller mit dem Standort Basel. 32,3 Prozent sind dafür, 49,2 Prozent sind, teilweise rigoros, dagegen. Der Wirtschaftsstandort für die IT-Branche liege in Zürich, heisst es. Hier sei auch die Stimmung besser, zudem könne Basel was Verkehrsanschluss und Infrastruktur betrifft nicht mithalten.
Die Tatsache, dass die Ausstellungsfläche in Zürich möglicherweise schlicht zu klein sein könnte für die neue Messe, wollen zumindest momentan erst wenige glauben. Rund 20 Prozent der Befragten schlagen vor, die Orbit-iEX alternierend in Basel und Zürich zu veranstalten.
«Basel als IT-Hauptstadt gehört der Vergangenheit an. Bei einer Neuorientierung sollte man auch den Veranstaltungsort neu definieren. Zürich als Weltstadt müsste hier die Chance nutzen, um ihrem Ruf einer grossen Firmen-Metropole gerecht zu werden», sagt Herbert Boy, Utimaco, stellvertretend für 32 «Basel-Gegner».
«Mit Basel wird die Ausstellung für uns sehr viel teurer und es ist fraglich, ob unsere Kundschaft (Werber) ans Rheinknie pilgern wird. Eine Teilnahme von search.ch ist deshalb fraglich», sagt Reto Hartinger, Marketingleiter search.ch.
Neuer Security-Event
Besonders den Security-Unternehmen scheint Basel ein Dorn im Auge zu sein. So wird die Sicherheitssparte denn auch im September einen eigenen Event in Zürich durchführen: Als Alternative zum abgesagten Information Security Park an der Orbit 04 veranstaltet die PR- und Marketingagentur für Informationssicherheit consul&ad die Security-Messe «security-zone.info». Die Veranstaltung findet in der Giessereihalle in Zürich (P5) statt und richtet sich an Fachkräfte aus dem Bereich der Informationssicherheit.
Bis jetzt haben sich 19 Unternehmen für die Messe angemeldet, die auf einer Ausstellungsfläche von 1800 m2 stattfindet. Die Veranstalter rechnen mit rund 30 Ausstellern. Umrahmt wird der Event mit fachspezifischen Konferenzen.
Grundsätzlich ist aber festzustellen, dass die Schweizer IT-Branche Optimusmus ausstrahlt und die Zusammenführung der beiden Messen wohlwollend begrüsst und trotz diverser Kritikpunkte gewillt ist, den neuen Veranstaltern eine Chance zu geben. (sk)
Meinungen zum Orbit-iEX-Konglomerat
«Wir sind generell offen, das neue Konzept mit der Messeleitung anzuschauen und
zu entscheiden, ob wir zusätzlich zu den Xdays für 2005 oder 2006 eine Beteiligung in Betracht ziehen.» Daniel Moschins, Business und Marketing Officer,
Microsoft.
«Die Zusammenlegung der beiden Messen ist die richtige Entscheidung. Für zwei sehr ähnliche IT-Messen ist der Schweizer Markt zu klein. Der Termin ist sekundär, der Standort Basel vorteilhaft,da zentral in der Schweiz gelegen und von überall gut erreichbar.» Patrick Buck, Marketing Manager,
Cisco Systems.
«Ich begrüsse eine einzige Messe mit einem klaren Fokus. Ob das für die Aussteller wirklich einen Vorteil bringen wird, sei dahingestellt, da es keine ernstzunehmende Konkurrenz unter den Veranstal-tern mehr gibt.» Roland
Brack, CEO Brack Electronics.
«Eine starke Messeplattform mit einer klaren Fokussierung auf Business-Solutions ist sicher zu befürworten. Ein früherer Zeitpunkt für die Durchführung der Messe wäre ideal. Auch der Standort Zürich würde den Bedürfnissen des Schweizer IT-Marktes eher entsprechen.»
Tom Hager, CEO,
Infotrust.