Innovationsmarkt mit eigenen Zyklen

Bei Peripherieprodukten, die in der Regel einen tiefen Endverkaufspreis haben, kommen die Kernkompetenzen der Schweizer Distributoren erst richtig zum Tragen: Logistische Effizienz und schlanke Strukturen machen sich bezahlt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/15

     

Im Zentrum steht der Computer – doch darumherum hat sich über die Jahre ein Milliardenmarkt gebildet, der sich vom PC-Markt in vielerlei Hinsicht unterscheidet: Die Peripherieprodukte haben einen ungleich grösseren Preiszerfall durchgemacht und haben sich zu einem extremen Volumengeschäft entwickelt.
Der enorme Preiszerfall wird am Beispiel der Zahlen zum Verkauf von Multifunktionsgeräten (MFG) deutlich, die die Marktforscher von IDC für die Schweiz erhoben haben: Demnach wurden im Jahr 2003 rund 280’606 MFG für insgesamt 182,6 Millionen Dollar verkauft. Für das Jahr 2008 rechnet IDC mit dem Verkauf von 712’958 Einheiten – diese werden aber nur noch einen Gesamtumsatz von 277,1 Millionen Dollar generieren. Während die jährliche Wachstumsrate bei den Stückzahlen bis ins Jahr 2008 satte 20,5 Prozent beträgt, wird der Geldwert pro Jahr nur noch um 8,7 Prozent zunehmen.

Markt mit eigenen Regeln

Der Peripheriemarkt funktioniert nach eigenen Regeln: «Während man früher davon ausging, dass man bei einer Million verkaufter PCs auch eine Million Drucker und eine Million Bildschirme verkaufen könne, so hat sich gezeigt, dass das nicht so ist», sagt etwa der PC-Consultant und Weissbuch-Autor Robert Weiss. Im Peripheriebereich werde eher noch Ersatz gemacht, indem zum Beispiel ein Wechsel von einem Röhren- zu einem Flachbildschirm vollzogen werde: «Meistens gehen diese Anschaffungen nicht mit Bewegungen im PC-Markt einher», so Weiss.
Dass das Zubehör anders tickt, bestätigt auch Marc Schnyder (Bild), Geschäftsführer des Schweizer Broadline-Distributors Also ABC in Emmen: «Der Peripheriemarkt ist ein Innovationsmarkt mit ganz eigenen Zyklen und funktioniert nicht gleich wie der PC-Markt», erklärt Schnyder gegenüber IT Reseller. Am deutlichsten werde dieses Phänomen am Beispiel des Schweizer Herstellers von Eingabegeräten, Logitech, der jedes Jahr rund 100 neue Produkte auf den Markt bringe.
Diese Innovationsgetriebenheit des Marktes bringt es offenbar auch mit sich, dass es keine langfristigen Spitzenreiter in den einzelnen Teilmärkten gibt: «Die Erfolge der Hersteller in diesen Märkten sind zyklisch», sagt Ruedi Degiacomi, Business Unit Manager Supplies & Peripherie bei Tech Data Schweiz, «es ist wie ein dauerndes auf und ab.» Hinzu kommt, dass ein von den Distributoren nicht genau bezifferter Anteil des Volumens an Peripherieprodukten über den Retail läuft. Dieser Umstand verschafft dem Weihnachtsgeschäft eine grosse Bedeutung: «Normalerweise erwirtschaften wir rund 30 bis 40 Prozent unseres jährlichen Peripherie-Umsatzes im vierten Quartal», bestätigt Schnyder.

Herausforderungen für die Distis

Die Eigenarten des Peripheriemarktes, wie geringe Produktkosten und steigender Preiszerfall, fordern die Distributoren denn auch heraus: «Die logistische Effizienz des Distributors bekommt mit dem Preiszerfall eine immer höhere Bedeutung», sagt Schnyder. Je tiefer der Produktpreis falle, desto höher seien auch die Transaktionskosten in Prozenten des Preises. Und Degiacomi ergänzt: «Der Disti muss ein immer grösseres Volumen schieben, um auf den gleichen Umsatz zu kommen.» Das gesamte von Tech Data Schweiz distribuierte Volumen verteile sich zu 45 Prozent auf Drucker, zu 25 bis 30 Prozent auf PC-Hardware einschliesslich Notebooks, während der Rest auf die Displays entfalle. Die im Peripheriegeschäft für den Disti «einstellige Marge» verlange diesem alles ab: «Durch ständige Optimierung von Prozessen und Abläufen konnten wir die Margensituation im Peripheriegeschäft gegenüber dem letzten Jahr sogar leicht verbessern», sagt er.

Gesamtkuchen für Distis schrumpft weiter

Zwar ist die Verteilung der Peripherie noch zu einem Grossteil das ausschliessliche Geschäft der Distis, was wiederum mit der Preisstruktur zusammenhängt: «Je tiefer der Produktpreis und desto geringer der durchschnittliche Auftragswert, desto grösser ist der Nutzen für den Hersteller, über die Distribution zu gehen, egal, ob es sich dabei um PCs oder Peripherie handelt», sagt Schnyder. Allerdings treffe es zu, dass der Gesamtkuchen für Distribution und Reseller aufgrund der stetig zunehmenden Direktverkäufe der grossen Hersteller in den letzten Jahren um rund 30 Prozent geschrumpft sei.
Gerade diese Entwicklung zeichnet sich offenbar auch im Peripheriemarkt immer deutlicher ab: «Die Tendenz ist da, dass grosse Hersteller den Retail aus europäischen Zentrallagern heraus direkt mit Peripherieprodukten beliefern», sagt Degiacomi. In den USA etwa sei dieser Trend schon deutlich zu spüren. Eine weitere Gefahr für die Reseller und Distributoren sind im Druckerbereich auch die Total-Print- und Output-Management-Lösungen der grossen Drucker- und Kopiererhersteller. In deren Rahmen schliessen Hersteller wie Lexmark, Canon, Xerox und HP Deals mit Grosskunden nämlich zusehends direkt und unter Ausschluss ihrer Partner ab.
Der Distributor muss deshalb kreativ sein: «Mit der bestehenden Produktepalette lässt sich nicht mehr viel wachsen, wir sind deshalb darauf angewiesen, unser Portfolio ständig zu erweitern und neue Geschäftsmöglichkeiten zu suchen», sagt Schnyder. Degiacomi sieht eine Chance für die Distributoren bei Supply-Materialien wie Tintenpatronen und Toner: «Gerade diese arbeitsintensive Feinverteilung von Kleinstprodukten kann ein Hersteller kaum selber an die Hand nehmen.» (bor)


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