David gegen David gegen Goliath

Welche Chancen und Probleme sehen IT- und CE-Händler durch die Konvergenz von IT und CE auf sich zukommen? IT Reseller hat nachgefragt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/16

   

Die Märkte für IT, Consumer Electronik (CE) und Unterhaltungselektronik (UE) wachsen immer mehr zusammen. Wie gehen IT- und CE-Händler mit der neuen Herausforderung um? Eine IT Reseller Blitzumfrage ist der Frage auf den Grund gegangen.

Nahezu alle befragten CE-Händler sehen sich mittlerweile auch als IT-Händler. Auch die meisten IT-Händler sind inzwischen auf den Consumer-Electronic-Zug aufgesprungen und haben ihr Produktportfolio durch CE-Angebote erweitert. Im Durchschnitt liegt der Anteil an CE-Produkten bei den IT-Fachhändlern zwischen 15 und 20 Prozent.

Kunden ködern mit Dienstleistungen

«Wir bieten bereits seit drei Jahren IT-Produkte an und kennen uns gleichermassen mit CE und IT aus», sagt Daniel Weber, Inhaber der Erstfelder Delta Electronic, gegenüber IT Reseller. «Kundenwünsche stehen an oberster Stelle.»

Auch Markus Wolf, Geschäftsführer vom CE-Fachhändler W. Albrecht in Niederglatt, sieht durch die Erweiterung seines Angebots neue Geschäftschancen auf sich zukommen. W. Albrecht gehört zur Fachhandelsvereinigung Interfunk. Interfunk Schweiz konzentriert die Aktivitäten auf die Marke «Red Zac». Bei den Interfunk-Geschäften wächst der IT-Anteil zunehmend, z.B. an Schnittstellen zu den Bereichen Home Cinema und Digitale Fotografie. Auch Wolf bietet Produkte im Zusammenhang mit digitaler Foto- und Videofilmbearbeitung an und will LCD- und Plasma-TVs ins Sortiment aufnehmen. Dabei setzt Wolf nicht nur auf Geräte der bekannten UE-Lieferanten, sondern will auch Noname-Produkte von IT-Lieferanten berücksichtigen. Um seine Kunden über Home-Network-Systeme beraten und Hardware fachgerecht installieren zu können, wollen Wolf und seine Mitarbeitenden Netzwerkkurse besuchen. Mit Dienstleistungen will er an die Kundschaft der IT-Händler herankommen.
Die IT-Händler sehen in der Verschmelzung von IT und CE für sich ebenfalls zusätzliche Chancen in einem Markt, in dem man sich mit der Zeit etablieren könne. Traditionelle CE-Händler hätten eher Probleme mit der IT als umgekehrt, heisst es seitens der IT-Händler. Dem widersprechen die CE-Händler wehement: «Ein guter UE-Fachmann kann sich das IT-Know-kow relativ leicht aneignen, wenn es nicht schon vorhanden ist», sagt Daniel Weber von Delta Electronic. «Ich stelle heute keinen Mitarbeiter ein, der nicht fähig ist, einen PC zu assemblieren. Fehlersuchen bei einem PC unterliegen den gleichen logischen Denkschritten wie das Reparieren eines Fernsehers.» Die CE-Händler sehen für die IT-Fachhändler sogar eher schwarz. Viele IT-Händler würden nicht über ein eigentliches Verkaufslokal in guter Lage verfügen und schon deshalb die CE-Produkte nicht verkaufen.

Gute Marge, schlechte Marge

Wilhelm Fencl, Geschäftsführer vom Zürcher CE-Handel Furtronic will durch besseren Service die IT-Kunden für sich ködern. Er sieht für sich durchaus Mehrumsatz winken, befürchtet aber ein Absacken der Margen.
Der IT-Handel wird mit den CE-Produkten, wenn er Glück hat, in den Genuss höherer Margen kommen, als er bei IT-Produkten gewöhnt ist. Die CE-Branche hingegen wird sich von ihren fetten Margen verabschieden müssen. Die Margen im IT-Handel liegen oft nur noch bei drei bis fünf Prozent, die in der CE/UE-Branche noch bei etwa 30 Prozent und mehr.
«Bessere Margen wird es für uns bestimmt nicht geben, ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir uns mit gut ausgebauten Dienstleistungen ein Stück des IT-Kuchens abschneiden können», sagt Markus Wolf, von der W. Albrecht AG. UE-Kunden seien hinsichtlich Dienstleistungen und Service sehr verwöhnt worden und würden diesen Service auch in Zukunft erwarten. Im IT-Handel höre die Unterstützung oft mit dem Verkauf der Ware auf und allfälliger Support bzw. Reparaturen würden zum Lieferanten abgeschoben, so Wolfs Einschätzung.

Erzfeind Retail Erzfeind Retail

Während die IT-Händler der Konkurrenz durch den Retail eher gelassen entgegentreten, ist bei den CE-Händlern durchaus eine gewisse Angst zu spüren. Im Zusammenhang mit dem Preiszerfall der IT-Produkte hat die Konkurrenz deutlich abgenommen. Die absoluten Preisunterschiede sind heute sehr klein geworden und IT-Kunden profitieren mittlerweile gern vom Know-how des Fachhandels. «Ich habe schon einige ehemalige Media-Markt-Kunden», sagt Walter Bertschinger, Inhaber vom IT-Fachhandel Bewa in Münsingen.
Der CE-Handel ist da skeptischer: «Durch die aggressive Werbung mit Lockvogelangeboten verlieren wir vermutlich 40 Prozent an Umsatz», sagt Wilhelm Fencl, Furtronic.
«Die Grossen haben einen enormen Anteil, wenn es um den Verkauf von Neugeräten geht. Da sehe ich Handlungsbedarf bei der Preispolitik der Kleinen», warnt Daniel Weber, Delta Electronic. «Die Preise müssen runter, oder die Kundschaft geht fremd – die sind nicht blöd.» Wenn es um den Service gehe, und da lägen schliesslich auch Verdienstmöglichkeiten, hätten die Kleinen aber auf jeden Fall eine gute Chance.

Retail frohlockt

Der Retail selbst, sieht’s positiv: «Die Verwischung der Grenzen von IT und CE entspricht einem Kundenbedürfnis und eröffnet neue Marktchancen», sagt Urs Wilhelm, Leiter Kommunikation bei Interdiscount. Er geht davon aus, dass sich die Top-Marken sowohl im IT- als auch im CE-Bereich durchsetzen werden. Interdiscount werde sich denn auch auf diese konzentrieren und kein breiteres Sortiment anbieten, so Wilhelm. In bestimmten Bereichen würden neue Marken zu Lasten von anderen stärker gewichtet.
«Viele Kunden entscheiden sich aufgrund ihres Markenvertrauens für einen bestimmten Hersteller. Es gibt deshalb eine Tendenz, alle Geräte vom gleichem Hersteller zu kaufen, weil dann auch die Kompatibiltät gewährleistet ist», erklärt Wilhelm.
Auch bei Media Markt ist man zuversichtlich: «Wir betrachten die Konvergenz von IT und CE als Herausforderung und nehmen natürlich Produkte von IT-Herstellern, die jetzt CE/UE-Produkte anbieten, ins Sortiment auf, wie das zum Beispiel im Fall von HP geschehen ist», sagt Urs Spahr (Bild), Marketingleiter Media Markt.
«Wir werden unser Sortiment mit den Produkten erweitern, die gefragt sind und sich verkaufen lassen. Jedes neue Produkt bietet neue Chancen für neue Kunden.»
Vor logistischen Problemen und Grenzen der Lagerkapazität hat Spahr keine Angst. «Irgendwann sterben der Röhrenfernseher oder der Videorekorder aus und schaffen Platz für LCD-TVs und DVD-Player. Es ist eine ständige Evolution.» Nicht ganz so glücklich ist er über die zu erwartende Entwicklung der Margen. «Die Margen für CE-Produkte werden sich leider verschlechtern und ich befürchte, dass die Margen für den IT-Handel noch weiter unter Druck geraten.» (sk)


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