Hinter den Schweizer Herstellern von ERP-Software für den Mittelstand liegen schwierige Zeiten. Sie hatten mit einem harzigen Geschäftsgang zu kämpfen, und teilweise schlug die Konsolidierungswelle über ihren Köpfen zusammen. Einem Bereich dieses Marktes konnten all diese Erschütterungen nichts anhaben: Von jenen Software-Herstellern, die Anwendungen für Kleinstbetriebe, Einzelfirmen und Vereine anbieten, ist schon lange kein Gejammer mehr zu hören. Hier ist von Wachstum die Rede.
Dieses Geschäft, das teilweise auch den Retail als Verkaufskanal nutzt, tickt anders als der übrige Markt für Business-Software. Aber: Wo viel Potential schlummert, wird auch hart gekämpft. Dabei wird das Geschäft regelrecht in die Mangel genommen: Am unteren Ende wird es von Software-Herstellern mit Namen wie Banana, Clarina, Q3 oder Rema bestritten. Sie stehen Herstellern wie
Blue Office,
Buspro,
Sage Sesam und Konsorten gegenüber, die versuchen, bei den Kleinstfirmen und Vereinen mit einzelnen Modulen aus ihren integrierten Lösungen zu landen.
Starke saisonale Schwankungen
Eine Eigenheit des Geschäfts mit der Software für die Kleinen, das über den Retail abwickelt wird, sind die teils beträchtlichen saisonalen Umsatzschwankungen. Die grösste Nachfrage besteht von Herbst bis ein oder zwei Monate über den Jahreswechsel hinaus. Häufig lancieren diese Hersteller deshalb Anfang Herbst eine neue Version ihres Produkts.
Für 2004 sei es noch zu früh, um Prognosen zum Geschäftsgang abzugeben, erklärt Eric Krapf, Geschäftsführer von
Q3 Software. Er geht aber davon aus, dass dieses Jahr besser sein wird als das letzte: «Es herrscht eine optimistischere Grundhaltung im Markt», erklärt er, «und es gibt wieder mehr Leute, die sich selbständig machen wollen».
Q Software bedient das Segment der Kleinstfirmen und Vereine mit einem Einsteigerprodukt. Zum anderen bietet das Unternehmen mit der Lösung Q Business Software aber auch ein Produkt, das für den grösseren KMU gedacht ist.
Ein direkter Konkurrent von Q3 im Einsteigerbereich ist die Firma Banana.ch. Das Produkt – im wesentlichen eine doppelte Buchhaltung – wird mittlerweile in über 100 Länder geliefert. Erfolgreich ist die Firma zum Beispiel – der Name wird helfen – im südamerikanischen Raum. «In den letzten Jahren ist es bei uns eigentlich immer gut gelaufen», sagt Geschäftsführer Domenico Zuchetti, «wir wachsen im zweistelligen Bereich.»
Die Grossen für die Kleinen
Von einem «starken jährlichen Wachstum und Zunahme bei der Kundenzahl» spricht auch
Buspro. Historisch betrachtet kommt dieser Hersteller aus dem Bereich der kleinen Mittelständler, bedient nun aber auch grössere Kunden. Der durchschnittliche Buspro-Kunde verfügt mittlerweile über rund drei lizenzierte Arbeitsplätze. Die Kleinen dürfe man nicht ausser Acht lassen, diese Kunden bleiben wichtig, heisst es aus Winterthur.
Eine ähnliche Vergangenheit wie Buspro hat
Blue Office. Auch dieser Hersteller hat bei den Kleinstfirmen begonnen, seine Kundenbasis aber mittlerweile hin zu grösseren Firmen ausgeweitet. Geschäftsführer Adrian Frischknecht (Bild) schätzt, dass seine Firma rund 15 Prozent des Umsatzes im Bereich der Firmen mit einem bis fünf Mitarbeiter macht.
Die Zahlen, die Frischknecht preisgibt, untermauern das starke Wachstum in diesem Bereich: 1999 war der Zuwachs mit 2,4% noch bescheiden. In den folgenden Jahren nahm die Dynamik immer stärker zu – 2000 waren es 10,87%, 2001 bereits 15,69% und 2002 lag das Wachstum bei 17,24%. Im letzten Jahr fand mit einem Plus von 26,83% ein noch grösserer Sprung statt, und 2004 bahnt sich ein neuer Rekord an. Bis jetzt hat Frischknecht ein Umsatzwachstum von 39,87% ausgemacht. Und die umsatzträchtigen Monate folgen erst noch. Wie auch im Retail-Geschäft sind die Umsätze in den Herbstmonaten am höchsten. Wenngleich Blue Office keine Umsatzzahlen preis gibt – aufgrund des Wachstums bei allen verkauften Blue-Office-Lizenzen, das 2003 bei 29% lag, erhält man eine Ahnung, wie das Geschäft mit den Kleinen boomt.
Schreckgespenst Microsoft
Ob dieser Boom ungebrochen weiter geht und wie die Zukunft in diesem Markt generell aussieht, bleibt schwierig vorauszusagen. Zwei Dinge könnten hier für einige Bewegung sorgen: Das ASP-Modell (Application Service Providing) und
Microsoft.
Q3 und
Blue Office sind dabei, ASP-Lösungen auf die Beine zustellen. Q3 plant, gegen Ende Jahr damit zu starten. Die Software von Blue Office wäre grundsätzlich ASP-fähig, man ist aber zurückhaltend: Adrian Frischknecht geht davon aus, dass es noch drei Jahre dauern könnte, bis der Markt reif ist.
Wie lange es gehen wird, bis Microsoft Appetit auf den Markt mit Business-Software für Kleinstfirmen verspürt, bleibt ungewiss. Unrealistisch ist ein solches Szenario jedenfalls nicht. Das wissen auch die Software-Hersteller in diesem Bereich: «Wir gehen davon aus, dass Microsoft in diesem Bereich Fuss fassen wird», sagt Frischknecht. Eric Krapf von Q3 wiegt ab: «Unser Geschäft hat auch sehr viel mit Kultur zu tun, deshalb hat es Platz für lokale Anbieter. Wenn Microsoft mit einer solchen Lösung kommen würde, hätte das aber einschneidende Konsequenzen.» (map)