Unverbindliche Preisempfehlung

Die Margensituation auf dem Markt ist angespannt, und noch nie war der Kampf um Marktanteile und Kundschaft so gross. Der Verdrängungswettbewerb wird gnadenlos über den Preis ausgetragen – zum Leidwesen vieler Händler.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/21

     

Der Begriff «unverbindliche Preisempfehlung», die Hersteller zu ihren Produkten kommunizieren, wird auf dem Markt wörtlich genommen. Denn unverbindlich bedeutet ohne Verpflichtung. Darauf berufen sich die Marktteilnehmer zurzeit besonders gern: denn auf dem IT-, CE- und UE-Markt, insbesondere aber im Komponenten- und Peripheriegeschäft tobt ein unerbittlicher Preiskampf. Mittels Verdrängungstaktik wird dann versucht, fehlende Marktanteile zu kompensieren. Das Überangebot von Produkten und kürzere Lebenszyklen im Technologiebereich lösen Fluten von Aktionen, Rabatten und Sonderpreisen aus und führen oftmals zu ruinösen Preisstürzen. Dubiose Online-Anbieter und der damit verbundene Preisdruck aus dem Internet, findige Händler, die ihre Fühler auf dem Direkt- und Graumarkt ausstrecken, oder auch ausländische Broker, die im In- und Ausland die Marktpreise unterbieten und so neben unterschiedlichen Rechtslagen auch unterschiedliche Marktpreise ausnutzen, um ein lukratives Geschäft abzuwickeln, machen vielen stationären Händlern das Leben schwer. Doch auch die Hersteller selber tragen ihren Teil zu den Dumpingpreisen bei, indem sie durch die Überproduktion von Produkten den Markt unter Druck setzen und die Lager ihrer Händler zu jedem Quartalsende bis unters Dach füllen. Eine sinnvolle Vermarktung der Produktschwemme ist gar nicht mehr möglich, und so ist es keine Seltenheit, Preisunterschiede je nach Produktkategorie von bis zu 40 Prozent vorzufinden.

Angespannte Lage

Eine von IT Reseller durchgeführte Umfrage hat gezeigt, dass dieses Thema nicht nur Fachhändler, sondern auch Distributoren und Hersteller gleichermassen bewegt. Aufgrund ihrer Marktstellung gehen indes ihre Meinungen darüber klar auseinander. Andreas Schneider, Sales Director bei COS Distribution, sieht sich des öfteren mit Anfragen zu diesem Thema konfrontiert. Auch er musste schon feststellen, dass der Einkaufspreis eines bestimmten Produktes für ihn als Distributor beim Hersteller höher war als der günstigste Marktpreis für Endkunden. «Es wäre uns natürlich auch möglich, diese Geräte über den Graumarkt einzukaufen, doch als direkter Vertragspartner mit dem Hersteller halten wir uns an die Schweizer Marktpreise», so Schneider. Jörg Frei, Director Sales und Marketing bei Tech Data, sieht die Problematik ähnlich: «Das Preisgefälle rückt seriöse Anbieter ins schlechte Licht und der Erklärungsbedarf gegenüber Händlern ist gross. Über kurz oder lang muss sich der Handel mit Dienstleistungen klar abgrenzen», so Frei. Auch Hersteller Sony ist sich der angespannten Lage bewusst. Wie Matthias Graf, Leiter Corporate Communications von Sony Schweiz, gegenüber IT Reseller verlauten liess, wird der Markt beobachtet und Unregelmässigkeiten nachgegangen. Sony arbeite zudem an entsprechenden Gegenmassnahmen, nähere Angaben wollte er dazu aber noch keine machen.

Preisvergleiche ja oder nein?

Während die einen Fachhändler auf Preisvergleiche gänzlich verzichten und ausschliesslich bei ihrem Disti bestellen, nutzen andere das breite Angebot an Tools, die einen Preisvergleich mit wenigen Mausklicks ermöglichen. So konnte Stefan Grünig, Verkaufsleiter von Koala-Computer, dank einem Vergleich satte 275 Franken für eine Kamera einsparen. Preisvergleiche wird er auch weiterhin durchführen, wie er gegenüber IT Reseller sagte. Es gilt aber auch neue Trends, «schwarze Schafe» oder auch Preisbrecher frühzeitig zu erkennen. Negativ wirken sich die Tools hingegen auf den Preisdruck im Handel aus, denn auch Endkunden sind diese zugänglich. Händler kaufen nach dem Motto: Günstig ja, aber nicht um jeden
Preis. Ein so genanntes Schnäppchen beim dubiosen Händler oder zwielichtigen Billiganbieter kann auch ins Auge gehen. Denn spätestens bei Garantieabwicklungen können Probleme auftreten, die kostenmässig zu Buche schlagen. Handelstreue, Service und Dienstleistung spielen beim Kaufentscheid eine ebenso wichtige Rolle.

Hersteller sind gefordert

Zu den Gewinnern der Preisschlacht gehören sicher die Hersteller. Es sollte aber auch in ihrer Verantwortung liegen, eine Entspannung auf dem Markt herbeizuführen. Einige haben mit Graumarkt-Agreements, Nachweispflichten bei Projektgeschäften und Rabattaktionen oder vermehrten Kontrollen der Warenflüsse einen ersten Schritt in diese Richtung getan. Eine Vereinheitlichung der internationalen Preisstrategien und nicht zuletzt eine Harmonisierung der Einkaufskonditionen von Partnern gegenüber den Discountern wären zusätzliche Massnahmen, die wünschenswert wären. Denn besonders solche Grosshandelsketten sind den lokalen Händlern ein Dorn im Auge. Auch die Einführung eines Labels für Online-Reseller, wie Acer es bereits eingeführt hat, könnte ein weiterer Schritt gegen den Wildwuchs von Dumpingpreisen sein.

Innovative Zukunft

Wohl oder übel werden sich aber in Zukunft einige der Händler vom Markt verabschieden müssen. Denn um wettbewerbsfähig zu sein und auch bleiben zu können, bedarf es mehr als nur eines fairen Wettbewerbspreises. Ihr Erfolg hängt nicht nur vom Preis und den Margen ab. Oft mangelt es am richtigen Standort, einer schwachen Eigenkapitalleistung, an ungenügenden Serviceleistungen, an einem falschen Vertriebskonzept oder an fehlender Professionalität. Viele Händler sind dabei, ihr Firmenkonzept zu überarbeiten, um so ihre Chance auf dem Markt auf eine erfolgreiche Zukunft zu verbessern. Einige haben dies bereits getan und heben sich mit Services, Dienstleistungen und Innovationen von der Konkurrenz ab. Margen können zwar noch über die Hardware erzielt werden, doch die Wertschöpfung liegt im Bereich Dienstleistungen, und hier gilt es, den Anschluss nicht zu verpassen. (pbr)


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