Wer heute eine Digitalkamera kaufen möchte, hat sprichwörtlich die Qual der Wahl, denn das aktuelle Angebot an digitalen Knips-Kistchen ist immens. Vom günstigen Kompaktmodell für den Einsteiger über die anspruchsvollen Geräte mit Vollausstattung für ambitionierte Hobbyfotografen bis hin zu Spiegelreflexkameras mit Wechselobjektiven für Foto-Profis ist alles vertreten. Ein Modell möglichst günstig zu erwerben, klingt verlockend. Doch ein günstiger Preis alleine macht noch nicht glücklich, wenn das nötige Fachwissen fehlt und sich das vermeintliche Schnäppchen letztendlich zum ärgerlichen Fehlkauf entpuppt. Ausdrücke wie Megapixel, Makrobereich, ASA-Empfindlichkeit, Optischer- oder Digitaler-Zoom, Bildstabilisator oder Objektiv Randschärfe sind geläufige Begriffe. Oft wissen aber Laien nicht, dass es bei jeder der genannten Eigenschaften nochmals kleine, aber feine Unterschiede gibt, die eine Kamera auszeichnen. Hilfe ist erforderlich, und als Nicht-Profi kommt man um eine kompetente Fachberatung nicht herum. Doch wo bekommt man diese? Während die einen die Kompetenz der Discounter bemängeln und als unzureichend abstempeln, loben die anderen den spezialisierten Fachhändler um die Ecke in den höchsten Tönen. Bedeutet ein günstiger Preis auch automatisch eine schlechte Beratung?
Im Test
IT Reseller wollte es genauer wissen und testete die Qualität der Kaufberatung und das Fachwissen des Verkaufspersonals in fünf Filialen unterschiedlicher Grossmarktketten. Unter die Lupe genommen wurden
Interdiscount Tivoli Spreitenbach, Migros Electronics Tivoli Spreitenbach, Media Markt Dietikon, Fust AG Dietikon und Conforama in Schlieren. Die Wünsche an den zukünftigen Wegbegleiter im Taschenformat wurden zu Beginn jedes Verkaufsgesprächs gestellt: Keine Vorkenntnisse im Bereich Digitalkameras, nicht fokussiert auf einen bestimmten Hersteller, tauglich für Innen- und Aussenaufnahmen sowie Aufnahmen im Nahbereich (Briefmarkenformat) erwünscht, kein Preislimit. Bei vier getesteten Grossmärkten hielt sich das Angebot an Digicams in übersichtlichen Grenzen (10 bis 30 Kameras), das einem unentschlossenen Käufer durchaus das Gefühl von einer kleinen, aber feinen Auswahl vermittelt. Negativ wirkt sich indes das Sammelsurium von mehr als 80 Digitalkameras aus, das den Besucher im Media Markt beinahe erschlägt. Nicht nur die Testkäuferin, auch der Verkäufer stand hilflos vor dem Regal. Die Bilanz nach einem jeweils 15- bis 20-minütigen Verkaufsgespräch kann sich aber durchaus sehen lassen.
Gut beraten ist halb gewonnen
Beeindruckt hat in allen Fällen die umfangreiche, sachkundige und vor allem geduldige Beratung für einen Digicam-Neuling, der alles genauestens erklärt haben wollte. So wurde eingehend erläutert, weshalb eine hohe Pixelanzahl noch keine gute Kamera ausmacht, welche Unterschiede bei der Wahl des Zooms bestehen, weshalb die richtige Chipkarte ebenso wichtig ist für das Knipsvergnügen, was ASA und Lichtempfindlichkeit gemeinsam haben und weshalb Auslöseverzögerung und Startzeit nicht zu unterschätzen sind. Auf alle gestellten Fragen konnte das getestete Verkaufspersonal eine kompetente Erklärung abgeben. Unterschiede der einzelnen Digicams wurden erläutert, auf Bedienerfreundlichkeit, Preis-
Leistung und Lieferumfang sowie Garantieleistung hingewiesen. Es wurden Testfotos geschossen und jede Kamera konnte nach Wunsch genau unter die Lupe, sprich in die Hand genommen werden. Auffallend war, dass trotz offener Preisvorstellung immer auch Digitalkameras im mittleren Preissegment angeboten wurden, obwohl es doch einfach gewesen wäre, die teuerste als die beste anzupreisen. Einziger Minuspunkt kann beim Kaufabschluss verzeichnet werden. Nur zwei der fünf Berater (bei
Interdiscount und Conforama) konnten ein bestimmtes Modell zum Kauf empfehlen und die Wahl fundiert begründen. Der endgültige Entscheid wird bei Migros und Media Markt dem Kunden überlassen. Schade eigentlich, denn gerade hier wären Neulinge besonders gut beraten.
Die Konkurrenz schläft nicht
Wie Urs Willhelm, Leiter Kommunikation und PR bei
Interdiscount, gegenüber IT Reseller erklärte, setze der Discounter klar Prioritäten. Nicht nur eine umfassende Verkaufsschulung, sondern auch eine On-Going-Produkteschulung sei ein absolutes Muss. Erst kürzlich wurden 1200 Verkaufsmitarbeiter am Hauptsitz in Jegenstorf geschult. Auch die Zusammenarbeit mit Lieferanten wird intensiv gepflegt und mit einem FAQ-Programm wird das Verkaufspersonal laufend über neue Produktespezifikationen informiert. Bei Migros werden Verkaufsschulungen und Kurse zum jeweiligen Produktsegment und zusätzliche Ausbildungen vor Ort in den Filialen angeboten, die Verantwortung tragen die einzelnen Genossenschaften. Auch bei Fust sieht es ähnlich aus: Das Informationsangebot für Mitarbeiter reicht von täglichen E-Mails in die Filialen über Informationsbulletins, regelmässige Schulungen mit Herstellern und Lieferanten bis hin zu Abendschulungen in den Filialen zu bestimmten Themen.
Sich vorab informieren lohnt sich
Nicht jeder ist ein Technologie-Freak und letztendlich hängt der Entscheid, ob ein Produkt in einem Discounter, Grossmarkt oder eben doch beim Fachhändler gekauft wird, von den Bedürfnissen des Kunden ab. Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und entsprechende Dienstleistung sollte schlussendlich stimmen, und dies ist, wie der Test gezeigt hat, auch bei den Unternehmen mit den grossen, farbigen Werbeplakaten erhältlich. (pbr)