Intel arbeitet derzeit an mehreren Multi-Core Projekten (vgl. Artikel auf Seite 14). Noch in diesem Jahr sollen Pentium D und Extreme Edition auf den Markt kommen. Ersterer ist für das digitale Heim bestimmt, der zweite für die Hardcore-Gamer. Während der Sohn am Gamen ist und die Tocher Online-Musik hört, werden die Eltern, so Intels Vision, im Wohnzimmer einen Film aus dem Internet aufzeichnen – alles mit einem einzigen Rechner, dem Entertainment-PC (EPC), der dank Dual-Core-Technologie sämtliche Aufgaben gleichzeitig bearbeitet und als eine Art häuslicher Server das digitale Heim zusammenhält.
An der Cebit zeigte Intel schon mal einen EPC: Ein silbernes Kästchen, nicht grösser als ein Zigarrenkistchen, bestückt mit Dual-Core-Rechner, DVD-Brenner, Mini-Festplatte, WLAN und diversen Anschlüssen. Manche Besucher hielten es auf den ersten Blick für einen
Apple MiniMac. Henning Eid, Market Development Manager bei
Intel, betont, dass es sich um eine Konzeptstudie handle: «Wie das Gerät schliesslich aussehen wird, überlassen wir unseren OEMs. Wir wollen nur aufzeigen, was die neue Technologie leisten kann.»
Stichwort Konvergenz
«Digital Home» lässt sich laut Eid mit «Konvergenz» übersetzen: «Ein kleines Gerät und eine Fernbedienung, mit der man alles, was an digitaler Unterhaltung zu haben ist – Musik, Fotos, Videos, Spielfilme und Spiele – auf dem Fernsehschirm abrufen kann. Keine Maus, keine Tastatur, nichts, was an einen herkömmlichen PC erinnert.» Denn diesen möchte, wie
Intel in einer Studie herausfand, niemand im Wohnzimmer haben, weil er an Technik und Arbeitswelt erinnert. Im CE-Bereich gilt daher: Verkauft wird über das Design.
Für Eid ist der Markt reif. Eine Marktstudie habe ergeben, dass in Deutschland allein im August 2004 eine Million Musikstücke aus dem Internet herunter geladen worden seien. «Bei Videos ist die Akzeptanz zugegebenermassen geringer. Das hängt damit zusammen, dass die PCs fürs Wohnzimmer erst im Kommen sind. Von den Herstellern bekamen wir jedenfalls ein sehr positives Feedback auf unsere Visionen.»
Standards und Sicherheit
Für den Markterfolg müssen allerdings einige Gegebenheiten erfüllt sein: Akzeptierte Standards, überzeugende Geräte, drahtlose Breitband-Verbindungen im Haushalt und ein interessantes Angebot an Inhalten. Das sieht auch
Intel so und engagiert sich daher in der «Digital Living Network Alliance» (DLNA). Diese soll Richtlinien für das digitale Zuhause entwickeln, die gewährleisten, dass die Geräte unterschiedlicher Hersteller die Inhalte austauschen können. Vor allem aber sollen sie die Filmindustrie beruhigen, die befürchtet, dass die Weiterverwendung digitalisierter Inhalte, wenn sie erst einmal auf einer Festplatte gelandet sind, nicht mehr kontrolliert werden könne.
Ein erstes Ergebnis dieser Bemühungen ist DTCP/IP (Digital Transmission Content Protection over IP). Damit lassen sich Videoübertragungen zwischen Rechner und Streaming-Client so verschlüsseln, dass keine zusätzlichen Kopien abgespeichert werden können. Mehr noch: Sollte der Code durch eine Manipulation am Gerät gebrochen werden, so wird dieses für den Empfang gesperrt. Offiziell lizenzierte Inhalte können so unter Wahrung der Urheber-Interessen über das heimische Netz auf verschiedene DTCP/IP-Clients verteilt werden.
Ein neuer Hype?
Für Eid ist dies ein erster Schritt zur «idealen Welt», in der keine Kabel, kein Suchen auf der Festplatte, keine Tastatur und kein Starten irgendeiner Applikation mehr nötig sind, um auf Inhalte zuzugreifen.
Intel denkt jedoch bereits über das Wohnzimmer hinaus. Das silberne Kästchen kann nämlich anstelle eines Radios ins Auto eingebaut werden.
Über das UMTS-Handy werden dann die gewünschten Musikstücke geladen. GPS-Karten, die aus dem Internet geladen werden, erleichtern dem Fahrer die Orientierung. Die Mitfahrer vergnügen sich mit TV-Sendungen oder Spielfilmen aus dem Internet. Und damit der Fahrer die Strasse nicht ganz aus den Augen verliert, ist das System sprachgesteuert: «TV – zeig Basel-GC! Handy – ruf Intel an!»
Das klingt hübsch. Betrachtet man allerdings die bisherigen Verkaufszahlen, scheint die Frage berechtigt, ob die Anwender das alles wirklich wollen. Fast beschwörend beteuert Eid: «Das ist kein Hype, wie der Internetboom, das ist ein Trend, bei dem nichts überhitzen und nichts platzen wird. Die Produkte sind vorhanden, die Marktdurchdringung läuft. Die Leute denken wirklich über die neuen Lösungen nach.»
IT Reseller meint
Über das digitale Heim denken zumindest die Hersteller nach. Die Cebit erinnerte heuer stellenweise fast an eine Spielzeugmesse. Messen seien für die Anbieter eben ein Testfeld, meinte Eid gegenüber
IT Reseller, jeder suche sich eine Nische. Das erinnert an die Worte von Swisscom-Mobile-CEO Carsten Schloter anlässlich der Weissbuch-Präsentation: «Wir bewegen uns in einem Markt, in dem die Anbieter Angebote machen und dann schauen, was angenommen wird.» Ähnliches scheint zurzeit auch für das digitale Zuhause zu gelten. (fis)