Sein erstes Geld hat er als Vierzehnjähriger bei McDonald’s verdient. In den Schulferien polsterte er Stühle für die erste Schweizer Filiale der US-Fastfood-Kette. Das war vor 25 Jahren. Heute ist er der Chef von rund 2000 Mitarbeitern. Die Rede ist von René Fischer, CEO von
Swisscom Solutions. Die Swisscom-Gesellschaft entstand Anfang Jahr aus den fusionierten Swisscom-Töchtern Enterprise Solutions und Systems. Die beiden Firmen wurden zusammengelegt, weil sich Sprach- und Datenkommunikation immer mehr überlappen. Die Folge: Die ehemalige Swisscom Enterprise Solutions müsste zusätzlich zu ihrem WAN-Angebot (Wide Area Network) das Angebot mit IP-basierten Teilnehmervermittlungsanlagen und -netzen ausbauen. In die entgegengesetzte Richtung läuft das Geschäft der ehemaligen Swisscom Systems, dem Anbieter von Dienstleistungen im traditionellen Telefoniebereich, dem Bau und Service rund um Teilnehmervermittlungsanlagen. Da lag eine Fusion der beiden Firmen nahe. Doch mit welcher Frage respektive Problemstellung beschäftigt sich Fischer in seiner neuen «Integrator»-Funktion heute am meisten: «Die Risiken des Technologiewandels in gute Chancen umzusetzten heisst, alle Möglichkeiten der IP-Plattform inhaltlich und mental zu nutzen», sagt er.
Partnerschaften statt Übernahmen
Ein wenig kryptisch die Antwort, doch sie fasst zusammen, was Sache ist. Swisscom Solutions muss sich nämlich neue Geschäftsfelder erschliessen oder bestehende ausbauen, denn in gewissen bestehenden Bereichen, etwa im Bau von Teilnehmervermittlungsanlagen, sind die Preise in den letzten Jahren stark gesunken. Ein wichtiges strategisches Wachstumsziel Fischers ist es zum Beispiel, mit LAN-Angeboten (Local Area Network) und Managed Services die rückläufigen Umsätze im TVA Geschäft zu kompensieren. Das will er einerseits durch den Ausbau der Produkt- und Dienstleistungsangebote erreichen. Andererseits sind für Fischer Partnerschaften das Mittel der Wahl, wenn es um Wachstum geht. Kann er sich nicht vorstellen, kleinere, spezialisierte Firmen zu übernehmen, um fehlendes Know-how beim Telco-Riesen einzubringen? Zum Beispiel auf Services spezialisierte «Perlen» aus dem Schweizer Markt, die sich technologisch auf ein bestimmtes Spezialgebiet ausrichten?
Die Antwort fällt negativ aus, und damit überrascht Fischer gar nicht. Denn die Swisscom hat sich bisher nicht durch eine aggressive Expansionsstrategie ausgezeichnet. Eine eigentliche Übernahmestrategie für die Swisscom-Tochter hat Fischer also nicht. Es sei nicht das Ziel der
Swisscom, alles zu beherrschen. Selbstverständlich prüfe man immer wieder Optionen, aber: «In den meisten Fällen rechnen sich Partnerschaften besser als Übernahmen», sagt der Vater von drei Kindern.
Ausgewogenheit statt Einseitigkeit
Fischer stiess 1998 als Chief Financial Officer zu
Swisscom Fixnet. Vier Jahre später war er bereits CEO von Swisscom Systems und seit Juli letzten Jahres leitet er die beiden heute zusammengelegten Töchter in Personalunion. Zu dem Job gehört auch die Aufgabe, Doppelspurigkeiten abzubauen, also Leute zu entlassen. Ungefähr 150 müssen bis Ende 2005 gehen. Wie geht Fischer diese Aufgabe an? «Wenn man ein Unternehmen dieser Grössenordnung führt, gehört Stellenabbau zum Job», sagt der gelernte Biochemiker und Wirtschaftswissenschafter. Wichtig sei es, im Auge zu behalten, dass keine Spannungen entstehen. Das erreiche man mit Ausgewogenheit. Konkret heisst das für Fischer: Die zu streichenden Stellen einer zusammengelegten Abteilung müssen sich auf beide Firmen verteilen. Es könne nicht sein, dass ein Abteilungsleiter nur die Leute behalte, die von seiner Seite kommen. Der Stellenabbau muss über beide Firmen verteilt in einem angemessenen Verhältnis stehen. Wer schlussendlich bleiben kann und wer nicht, das entscheidet Fischer nicht selbst, er überlässt den letzten Schritt seinen Managern. Fischer ist nicht zum ersten Mal in dieser Situation. Bei der SIG, der Schweizerischen Industrie-Gesellschaft, musste er als Finanzchef bereits grössere Restrukturierungen umsetzen. Fischer: «Einmal gelingt eben ein Experiment innerhalb einer Firma, ein andermal nicht.»
Miteinander statt gegeneinander
Der Frühaufsteher – Fischer springt zwischen halb fünf und fünf Uhr aus den Federn und trainiert erst mal eine Runde im eigenen Fitnessraum – ist ein Team- und Familienmensch. Ihn nervt nichts mehr als Respektlosigkeit: «Es regt mich schon auf, wenn mir jemand die Tür vor der Nase zuknallt. Am ärgsten ist es, wenn respektlose Menschen in Massen auftreten.»
Hingegen freut er sich, wenn Menschen kreativ sind. Es sei immer wieder toll zu sehen, wieviel eine Gruppe erreichen könne – sei dies nun im Vereinsleben oder in einer Firma: «Am Beispiel der Fusion von
Swisscom Enterprise Solutions und Swisscom Systems habe ich auf eindrückliche Weise erfahren dürfen, wozu eine Gruppe mit all den Einflüssen von Beteiligten fähig ist. Mehrere Menschen können ganz einfach auf viel mehr gute Ideen kommen als ein einzelner.» (mh)
René Fischer
René Fischer wurde 1965 geboren, ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er wohnt mit seiner Familie im aargauischen Remetschwil. Studium der Biochemie an der ETH Zürich und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Zürich. Parallele Berufstätigkeit bei der Bank Leu AG und der Telekurs AG.
Beruflicher Werdegang
1998–2002 CFO der Swisscom Fixnet AG, ab September 2002 CEO Swisscom Systems und Mitglied der Gruppenleitung
Swisscom, seit Juli 2004 CEO Swisscom Enterprise Solutions und Swisscom Systems in Personalunion. Ab 2005 CEO Swisscom Solutions.
Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Als Schüler mit Polsterarbeiten für die erste McDonald’s-Filiale in Zürich. Ich habe damals 200 Franken verdient.
Wofür haben Sie das Geld ausgegeben?
Ich habe es gar nicht ausgegeben, ich habe es gespart.
Dann haben Sie die 200 Franken heute noch?
(Schmunzelt) Wenn ich mein Bankkonto anschaue, kann ich Ihnen das bestätigen. Ich habe mir später eine Stereoanlage gekauft, dafür musste ich allerdings noch etwas zusparen.
Wie halten Sie sich fit?
Nach dem Aufstehen trainiere ich in unserem Fitnessraum. Ich musste mir eine Strategie ausdenken, damit ich mich frühmorgens nicht vor dem Sport drücken kann. Wenn man im eigenen Haus trainiert, gibt es keine Ausrede wie schlechtes Wetter oder Dunkelheit.
Was tun Sie in Ihrer Freizeit?
Ich arbeite zwischen 50 und 80 Stunden pro Woche. Dafür verbringe ich an den Wochenenden möglichst viel Zeit mit meiner Familie. Wenn die Kinder wach sind, will ich mit ihnen zusammen sein. Wenn Sie mich hingegen fragen, was gestern abend im Fernsehen lief, muss ich passen.