Mit der Centrino-Technologie für Notebooks ist
Intel ein grosser Wurf gelungen. Gleichzeitig begann damit für den Chiphersteller eine neue Ära: das Zeitalter der Plattformen. Der Prozessor stand nicht mehr allein im Mittelpunkt, sondern mit ihm die Wireless-LAN-Funktionalität. Nach diesem Rezept will Intel nun weiterarbeiten. Plattformstrategien sollen bei Serverchips, aber auch im Bereich Digital Home umgesetzt werden. An vorderster Front dabei sein soll auch der Channel.
Am Intel Solutions Summit vorletzte Woche in Dublin versuchte Intel seine wichtigsten Channel-Kunden, die Premier Partner, für diese Pläne zu begeistern. Für Channel-Player sei es möglich, agiler am Markt aufzutreten als für die grossen multinationalen Hersteller, die breiter abgestützte Produkte lancieren müssen, sagt William Siu (Bild), der General Manager der Channel Platforms Group. Deshalb sieht der Channel-Boss von Intel hier die grössten Chancen für die kleinen lokal orientierten Assemblierer.
Die Abteilung von Siu ist das Produkt der letzten Reorganisation beim Chiphersteller, die Mitte Januar umgesetzt worden ist. Dabei wurden Geschäftsbereiche geschaffen, die diese Plattformstrategie begünstigen sollen. Bei Intel gibt es neu eine Mobility Group, eine Digital Enterprise Group, eine Digital Home Group, eine Digital Health Group sowie eben die Channel Platforms Group.
Mit der neuen Channel-Abteilung und der Plattform-Strategie will Intel auch die aufstrebenden Märkte im Osten aufs Korn nehmen. «Emerging Markets» war am Solutions Summit in Dublin einer der meistgehörten Begriffe. Russland, Indien, China – von diesen Ländern verspricht sich der Chiphersteller viel und versucht Marktinitiativen (z.B. einen einfach zu wartenden Billig-PC für Internet-Cafés in China) anzuschieben. Die Idee sei begeistert aufgenommen worden, sagt Siu, der mit seiner Channel-Gruppe ehrgeizige Ziele verfolgt: Er hofft, dass seine Abteilung schneller wächst als das gesamte Unternehmen.
IT Reseller: Was waren die treibenden Faktoren, das Channel-Geschäft bei Intel neu in einer Abteilung zu organisieren?
William Siu:
Intel ist schon lange im Channel-Geschäft tätig. Die Channel-Gruppe bringt nun alle Bestandteile zusammen, wie unter anderem Sales und Marketing, Produktentwicklung und Software. Alle diese Bestandteile existierten bereits zuvor, waren aber anders organisiert. Meine Aufgabe ist es nun, all diese Stücke in eine zusammenhängende Form zu bringen und den Channel-Playern bereitzustellen.
Sehen Sie denn mehr Wachstumsperspektiven im Channel als im Geschäft mit den grossen multinationalen Herstellern?
Der Channel ist über die letzten Jahre gleich stark gewachsen wie unser gesamtes Geschäft. Der Channel gibt uns aber die Möglichkeit, frühzeitig in neue Märkte einzusteigen. Dass ich es gerne hätte, wenn das Channel-Geschäft mehr wachsen würde, ist ja klar. Schliesslich ist es mein Job, dafür zu sorgen. Im Minimum will ich erreichen, dass der Channel weiterhin mit dem Gesamtgeschäft wächst. Ich glaube aber, dass der Channel das Potential hat, stärker zu wachsen.
Durch neue Märkte, aber auch neue Geschäftsbereiche wie Digital Home, wird der Channel ausgeweitet. Wie wirkt sich das auf Wettbewerbsdruck im Channel aus?
Wir werden den Channel weiterhin ausbauen und verfolgen dieses Ziel auch äusserst hartnäckig. Wir haben aber kein Interesse daran, mehr Anbieter in einzelnen Segmenten oder geographischen Gebieten zu engagieren und damit den Wettbewerb zu verschärfen. Die Dichte in den bereits erschlossenen Märkten wollen wir nicht erhöhen.
Durch die Konvergenz von IT und Unterhaltungselektronik tritt die
IT-Industrie in Konkurrenz zu den Herstellern von Unterhaltungselektronik und deren Vertriebsstrukturen. Wie sieht hier die Konkurrenzsituation aus und wer hat die besseren Karten?
Die UE-Industrie ist eine sehr vertikale Industrie. Ein Hersteller produziert die meisten Bestandteile eines Fernsehgeräts zum Beispiel selbst. Zudem gibt es nur wenig Standards. Das Resultat ist, dass es sehr viele unterschiedliche Bestandteile gibt und Komponenten nicht einfach so ausgetauscht werden können. Die heutige IT-Industrie wird hingegen sehr stark von Standards getrieben. Wenn diese beiden Industrien nun näher zusammenrücken, wird die Kollision – oder positiv ausgedrückt ihre eigene Neuerfindung – eine sehr interessante Dynamik hervorbringen.
Der UE-Channel hat den Kundenkontakt und die IT-Channel-Player das technische Know-how – wie können diese beiden Seiten voneinander profitieren?
Ich glaube, dass Firmen, die ein cleveres Business-Modell entwickeln und die Technologien entsprechend einsetzen, zu den Gewinnern gehören werden. Die meisten Leute verwenden ihren PC heutzutage für Unterhaltung und Kommunikation. Die Anwendungen sind abhängig vom Lifestyle. Der PC ist nicht mehr das Gerät, das es vor zehn Jahren einmal war. Die Systeme werden sich noch mehr hin zur Unterhaltungselektronik verändern. Entsprechend wird sich auch die IT-Industrie verändern müssen. Das Wissen um den Kunden befindet sich jedoch noch auf tiefem Niveau. Ich bin gespannt, wie die beiden Seiten ihre Stärken kombinieren werden, um das Wachstum zu realisieren. Und es würde mich nicht erstaunen, wenn hier ein paar neue prominente Namen entstehen.
(Interview: map)