Um einen gemeinsamen DVD-Nachfolgestandard zu schaffen, zerbricht sich derzeit eine Industrie den Kopf. Denn mit Blu-ray und HD-DVD stehen zwei Formate in den Startlöchern, die im Vergleich zum derzeitigen DVD-Standard eine bessere Qualität versprechen, zueinander aber nicht kompatibel sind.
Interessenskonflikte
Die Interessengruppen beider Parteien, d.h. die «Blu-Ray Disc Association» und die «HD-DVD Promotion Group» (siehe Kasten) versuchten bisher, ihren jeweiligen Standard als DVD-Nachfolger zu positionieren. Dass ein Formatkrieg nicht nur zu Lasten der Verbraucher geht, sondern auch auf seiten der Industrie Verlierer finden könnte, scheinen beide Parteien mittlerweile eingesehen zu haben. Als Vertreter beider Lager haben sich jetzt
Sony und
Toshiba an einen Tisch gesetzt und über mögliche Vorschläge und Lösungsmöglichkeiten eines einheitlichen Formats diskutiert.
Ein Milliardengeschäft
Ob die Parteien sich einigen können und welches Format schliesslich das Rennen im 10 Milliarden Dollar schweren Markt für Abspielgeräte machen wird, ist noch offen. Dass aber keine der Parteien freiwillig nachgeben wird, liegt auf der Hand, denn bei der Definierung eines einheitlichen Nachfolgestandards geht es um viel Geld und langjährige Lizenzeinnahmen. Wahrscheinlich ist, dass jede Partei versucht, zumindest einen Teil ihrer Entwicklung in einem gemeinsamen Format unterzubringen oder zumindest eine Schnittstelle für eine mögliche Kompatibilität zu schaffen. Für jede produzierte Disk, jedes Abspielgerät und jeden Recorder muss an den Lizenzgeber bezahlt werden. Da bisher keine Angebote für eine Einigung auf dem Tisch liegen, ist anzunehmen, dass vorerst beide Standards verfügbar sein werden, denn bereits Ende Jahr sollen in Europa die ersten Geräte mit Blu-ray und HD-DVD auf den Markt geworfen werden. Sollte es bei den Gesprächen zu einer Einigung kommen, dürften erste Geräte mit dem neuen Format bereits Ende 2006 auf den Markt kommen.
Erotikindustrie als Gradmesser
Schon in Hinblick auf eine Spaltung der Filmindustrie sollte es im Interesse der Hersteller sein, einen einheitlichen Standard zu finden. Hollywood hat sich zwar für das eine oder andere Format bereits ausgesprochen, Exklusivverträge mit den Formatentwicklern wurden bisher aber noch nicht geschlossen. Die grossen Studios warten und haben dabei besonders die Erotikindustrie im Auge. Diese zählt mit der Veröffentlichung von jährlich über 11’000 Titeln zu einer der grössten DVD-Produzenten weltweit und zu einem wichtigen Indikator für die Akzeptanz neuer Technologien. Schon bei den Videokassettenstandards in den 80er Jahren nahm dieser Industriezweig einen grossen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Nachfolgetechnologie. (pbr)
DVD-Formatkrieg
Im Mai 2004 wurde die «Blu-Ray Disc Association» (BDA) gegründet. BDA zählt bisher über 100 Mitglieder, darunter
Sony,
Apple,
Dell, HP,
JVC,
Panasonic oder
Samsung. Von seiten der Filmindustrie stehen u.a. die Sony-Studios, Metro-Goldwyn-Mayer (MGM), 20th Century Fox und Disney auf der Blu-ray-Sympathisantenliste. Die «HD-DVD Promotion Group» wurde im September 2004 ins Leben gerufen und vom Branchenverband DVD-Forum als offizieller Nachfolger der DVD ernannt. Unter den rund 90 Mitgliedern finden sich
Toshiba,
NEC,
Intel,
IBM oder
Sanyo. Warner Bros., New Line Cinema, Universal und Paramount haben sich für dieses Format entschieden.