An der Canon Expo 05 in Paris zeigte sich der japanische Konzern von seiner besten Seite. Neuheiten, Innovationen und Visionen wurden vom 5. bis 7. Oktober an der hauseigenen Messe äusserst professionell in Szene gesetzt. Und es waren nicht nur die Scheinwerfer in den Hallen, die die Temperaturen bis fast zur Unerträglichkeit steigen liessen, sondern auch der Anblick der Hostessen, die für die aktiven Präsentationen, teils als Moderatorinnen, teils als Wegweisende einen tollen Job machten.
Nicht viel Neues brachten die Pressekonferenzen frühmorgens ans Licht. Die anschliessende, mit Spannung erwartete Keynote von Fujio Mitarai, Präsident und CEO von
Canon, wurde dann allerdings zu einer wahren Flut von News. Der Konzernchef verdeutlichte, dass seine Strategien erfolgreich griffen und dass die Segel des Konzerns wieder voll im Wind stehen. Nach zwei Phasen der Umstrukturierung innerhalb von zehn Jahren läuft nun die dritte an, in der sich der Elektronikriese vor allem auf Expansion konzentrieren will. Während einer Stunde verkündete der Canon-Boss erfreuliche Zahlen, ausgeklügelte Strategien und neue Partnerschaften.
Unternehmenspfeiler TV-Markt
Das Joint-venture zwischen
Canon und
Toshiba fiel dabei vor allem auf. Zwar gründeten die beiden Firmen schon im Oktober 2004 gemeinsam die SED Inc. mit dem Ziel, den raschen Aufbau der Massenproduktion von SED-TV-Geräten zu realisieren sowie die schnelle Markteinführung zu forcieren. Canons Einstieg in den TV-Markt, der sich damals abzeichnete, wird nun ab 2006 wahr. Dass es Mitarai mit dem TV-Geschäft ernst ist, unterstrich er in seiner Rede. So soll dieses neue Standbein in naher Zukunft einen weiteren lukrativen Unternehmenspfeiler von Canon bilden.
Schon im März nächsten Jahres sollen die ersten Geräte mit der neuen, von Canon und Toshiba entwickelten SED-Technologie (Surface Conductions Electron Emitter Display) auf den Markt kommen. Toshiba produziert die Panels in einer bereits vorhandenen Fabrikationsstrasse. Der Glaube an einen SED-Grosserfolg lässt die Expansionsgelüste immer grösser werden. Voraussichtlich soll bereits im Januar 2007 eine weitere Produktionsstätte dazukommen.
Bei einer anfänglichen monatlichen Produktionskapazität von 15’000 Stück soll die Toshiba-Fabrik bis Ende 2007 mit 70’000 Stück ihre volle monatliche Kapazität erreichen. Canon und Toshiba planen, bis 2008 jährlich 1,8 Millionen SED-Displays zu produzieren.
SED-TV beweist Qualitäten
Ob sich SED-TV-Geräte tatsächlich als Verkaufsschlager herausstellen und ob sie sich durchsetzen, bleibt abzuwarten, verfügt
Canon doch kaum über Erfahrung in diesem hartumkämpften Marktsegment. Trotzdem könnte die Rechnung aufgehen, denn die neue Technologie beweist echte Qualitäten. Der Direktvergleich mit Plasma- oder LCD-Panels brachte die Unterschiede ans Licht. Zurückzuführen ist das deutlich bessere Bild darauf, dass zwischen SED-Geräten und den alten Röhrenmonitoren eine gewisse Ähnlichkeit besteht. Bei den relativ flachen Bildschirmen werden durch einen Elektronenstrahl aktiv leuchtende Punkte auf einem Bildschirm mit fluoreszierender Schicht erzeugt. Während bei einem CRT-Gerät der ganze Bildschirm von einem Elektronenstrahl beschrieben wird, steht bei den SEDs für jeden Bildpunkt eine eigene Elektronenquelle zur Verfügung. Von schlierenfreien, kontrastreichen Bildern mit natürlich brillanten Farben konnte man sich in Paris überzeugen. Ein weiterer Vorteil gegenüber anderen TV-Technologien soll ausserdem der markant gesenkte Stromverbrauch sein, denn SEDs verschlingen nur einen Drittel der von Plasmabildschirmen benötigten Energie und zirka 30 Prozent weniger Strom als LCD-Displays.
Imaging innovativ
Auch im Imaging-Bereich tut sich einiges. So wurden in Paris auch in diesem Segment Neuheiten und Visionen vorgestellt. Beispielsweise dürften dank Smile-Shot-Technologie bald nur noch lachende Gesichter auf den Fotos zu sehen sein. Oder Face Tracking hilft dabei, dass wohl bald niemand mehr mit abgeschnittenem Kopf am Bildrand eines Fotos klebt. Face Tracking ist zwar nicht ganz neu, denn auch die Konkurrenz bot schon Ähnliches an.
Allerdings kann man mit ruhigem Gewissen behaupten, dass
Canon es in diesem Fall auf die Spitze treibt.
So schaffen es Software und Hardware zusammen mit einer Minikamera, das Gesicht aufzuspüren, egal, wie schnell und ruckartig man sich vor der kleinen Linse bewegt. Dabei können auch mehrere, sich bewegende, Objekte erfasst werden.
Mit dem Smile-Shot-System steht eine weitere Innovation am Start. Erst erfasst der Sensor das zu knipsende Bild und zeigt es mit einem gelben Rahmen an, sobald die Person im erfassten Bildausschnitt lacht, wechselt die Rahmenfarbe auf Grün und löst damit automatisch das Knipsen des Bildes aus.
Kamerazukunft
Ebenfalls beeindruckend wirkte eine Design-Studie im Imaging-Bereich. Zu sehen waren eine digitale Kamera, die kleinste Handycam und eine Spiegelreflexkamera, alle aus durchsichtigem, einem glasähnlichen Material, bei denen weder das Innenleben noch ein Display zu sehen war. Einzig Objektive erinnerten auf den ersten Blick noch an Foto- oder Filmequipment. Passend gab es weitere Geräte im ähnlichen Design, wie beispielsweise einen Projektor. Das Ganze ist eine Design-Studie unter dem Motto: «So könnte es einmal aussehen.» Bis das notwendige Niveau für die Verarbeitung in einer digitalen Kamera vorhanden ist, dürfte noch einige Zeit vergehen – schön war es allemal, die Modelle anzuschauen.
Was die Design-Studie ebenfalls bestens vermittelte, war die perfekte Kompatibilität aller Geräte untereinander (wenn auch nur in einem Video zur Studie). Ebenfalls ein Steckenpferd, auf das
Canon in Zukunft setzt und auch dafür an der hauseigenen Messe schon eindrucksvolle Beweise vorlegte. Um weitere Innovationen bieten zu können, engagiert sich Canon weiter stark in Forschung und Entwicklung. Acht Prozent vom erwartenden Jahresumsatz von 3,2 Mrd. Dollar werden dafür aufgewendet. Nebenbei: Seit 1995 meldete Canon in den USA mehr als 17’000 Patente an, nur
IBM kann noch mehr vorweisen. (sm)