PORTRAIT: Nicht ohne mein Lama - Serge Adam

Der Schweizer Equant-Chef Serge Adam lädt seine Batterien in der Freizeit auf unorthodoxe Weise auf. Die Energie braucht er, um den Netzwerkdienstleister zusammen mit der Schwesterfirma Orange in eine neue Ära zu führen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/20

     

Man sieht es ihm nicht an. Serge Adam, der Schweizer Country Manager des Kommunikationsdienstleisters Equant, ist ganz der seriöse Managertyp – schwarzer Rollkragenpullover, grau gemustertes Sakko. Dass er eine abenteuerliche Seite hat, würde man auf den ersten Blick nicht vermuten.
Weshalb nur braucht dieser so kontrolliert wirkende Manager den ultimativen Kick in seiner Freizeit? Warum taucht er in vier Grad Celsius kaltem Wasser durch enge Höhlen und stellt am tiefsten Punkt einer Caving-Tour seine Stirnlampe aus, streift die Taucherbrille ab und nimmt sogar für ein paar Sekunden den Atemregler aus dem Mund? «Sicher nicht, um mich damit zu brüsten», sagt Adam. Seine Mitarbeitenden wissen nichts von diesen Freizeitbeschäftigungen am Limit. Und seine Frau will nicht alles so genau wissen.
Für seine Suche nach Grenzen hat Adam zwei Erklärungen parat. Die humorvolle: «Für Golf gehe ich nicht meilenweit», sagt er augenzwinkernd. Und die ernsthafte: «Ich lade damit meine Batterien wieder auf.»
Am Auftanken ist er auch, wenn er mit seinen beiden Lamas im Jura auf Trekking-Tour geht («Ein Lama ist ein guter Zuhörer»). Die Tiere waren ein Geschenk, dass sich das Ehepaar Adam mit dem Hochzeitsgeld 1998 kaufte.
Die Wochenenden sowie zwei Abende unter der Woche verbringt er mit seiner Familie. Die Work/Life-Balance von Serge Adam scheint im Lot zu sein. Im Gespräch wirkt er ausgeglichen – trotz 60-Stunden-Wochen, vieler Reisen und Pendeln zwischen Zürich und Genf, den beiden Schweizer Standorten von Equant.

Pläne in und mit Orange

In den Diensten von Equant steht Serge Adam seit Mai dieses Jahres. Er wird die Schweizer Niederlassung in eine neue Ära führen. Diese Ära hat mit dem orangefarbenen Pin am Revers seines Jacketts zu tun, den man erst bei genauem Hingucken entdeckt. Es ist das Logo von Orange, dem Schweizer Mobilfunkanbieter und France-Telecom-Tochterunternehmen. Equant ist seit vergangenem Frühjahr ebenfalls eine Tochterfirma von France Telecom. In den kommenden 18 Monaten soll Orange die internationale kommerzielle Marke der Gruppe für Mobile-, Breitband- und Multiplay-Angebote sowie für alle Unternehmensgeschäfte werden. Die beiden Unternehmen werden aber unabhängig weitergeführt. Andreas Wetter wird weiterhin als CEO von Orange tätig sein, Serge Adam bleibt Country Manager von Equant.
Wenn man die beiden Unternehmen zusammennehme, entstehe mit knapp 1,5 Milliarden Franken das umsatzmässig viertgrösste Schweizer IT-Unternehmen hinter der Swisscom, Sunrise und HP – und vor IBM mit rund 1,4 Milliarden Franken, rechnet Adam vor. Das Ziel ist es, einen Integrated Operator zu schaffen, und Equant soll dabei den eigenen Service-Background mit in die Zusammenarbeit bringen. Weshalb er gerade in dieser Phase der Firmengeschichte von Equant zum Country Manager berufen wurde, erklärt sich aus dem Lebenslauf von Serge Adam.

Cisco druckt in der Badewanne

Seine Karriere beginnt 1989 bei IBM, wo er nach seinem Ökonomiestudium an der Universität Genf während fünf Jahren in verschiedenen Positionen arbeitete. 1994 wechselt er zu Cisco – damals noch ein kleines unbekanntes Unternehmen. Die Schweizer Niederlassung befindet sich zu jener Zeit noch im Örtchen Wald, im Zürcher Oberland. Man nistet sich in einer 4-Zimmer-Wohnung ein, die Drucker stehen im Badezimmer auf einem Holzrost in der Wanne. Die Schweizer Niederlassung selbst begnügt sich mit zwei Zimmern der Wohnung, die zwei übrigen werden an eine andere Firma untervermietet.
Adam bleibt zehn Jahre bei Cisco und erlebt den rasanten Aufstieg der Firma zum unangefochtenen Netzwerk-Marktführer. Seine Aufgaben sind geradezu exotisch. Von 1995 bis 1997 leitet er die Cisco-Aktivitäten im südlichen Afrika und lebt in Johannesburg und Nairobi.
Zurück auf europäischem Boden beginnt er das Geschäft mit Breitband-Technologien für Cisco aufzubauen und eine Marktstrategie zu entwickeln, später wird er als Special Advisor beratend tätig. Im Jahr 2004 verlässt er Cisco und arbeitet vor seinem Wechsel zu Equant noch kurz bei der Firma Netsize, einem Mobile-Messaging-Unternehmen, wo er als Territory Director die Verantwortung für den Aufbau der Firma in acht europäischen Länder übernimmt.

Kein Baby-Sitting

Alles in allem übt Serge Adam in den 16 Jahren seiner IT-Laufbahn ganz unterschiedliche Funktionen aus: Von Vertriebsmanagement über Verkaufsleitung bis hin zu Strategieentwicklung. Diesen Erfahrungsrucksack kann er jetzt bei Equant auspacken. Eines blieb für Adam in all den Jahren immer klar: «Ich bin ein Corporate- Guy, ich liebe komplexe Strukturen.»
In diesen Strukturen ist Adam Chef mit Autorität und Herz. Er pflege einen kooperativen Führungsstil, aber kein Baby-Sitting. Er sei geprägt von Menschenliebe und Respekt. «In den Sitzungen bin ich zwar der Chef, aber die anderen machen die Show. Die beste Lösung entsteht aus dem Team heraus. Wenn ich entscheiden muss, ist das leider häufig ein Zeichen dafür, dass die gefundene Lösung nicht richtig funktionieren wird.» So ist Serge Adam nicht zuletzt auch ein Coach, der versucht, sein Team zu Höchstleistungen zu motivieren und in Stresssituationen auf seine Grenzerfahrungen in der Luft, unter Boden und Wasser zurückgreifen kann.
Sicher kein schlechtes Rüstzeug, denn im Netzwerkgeschäft sind grosse Umwälzungen im Gang. Diesem Bereich der IT-Industrie blüht nämlich dasselbe Schicksal wie dem PC-Geschäft: Der Wandel von einer produktzentrierten in eine servicezentrierte Industrie. Und dieser Wandel bedeutet ein hartes Stück Arbeit. (map)

Serge Adam

Serge Adam, Jahrgang 1965, ist seit Mai dieses Jahres Country Manager von Equant. Das international tätige Unternehmen erbringt Netzwerkdienstleistungen für Grossunternehmen und beschäftigt in der Schweiz 250 Mitarbeitende an den Standorten Zürich und Genf.
Adam ist verheiratet, Vater von drei Kindern und lebt in der Genferseeregion. Seine knapp bemessene Freizeit ist vollgepackt mit Gleitschirmfliegen, Höhlenforschen und -tauchen und den rund 60 Tieren, darunter zwei Lamas, die sich bei der Adam-Familie tummeln.

Das Buch für die Insel: «Die Kunst des Krieges» von Sun Tsu


Die Musik dazu: «Ein Deutsches Requiem» von Johannes Brahms

Und sonst noch: Ein ganz normaler Stein von einem Höhlenabenteuer, der eine ganz spezielle Bedeutung hat.


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